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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 17
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Stahl, Fritz: Internationale Kunstausstellung in Dresden
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Gensel, Otto Walther: Die beiden Pariser Salons, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0302

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262

D i e A u n ft - L) a l l e

Nr. s7

Freilich ist die Position Kuehl's offenbar sehr stark.
Die Betheiligung der Herren vom Museum und die An-
käufe für Gallerie und Albertinum zeigen, daß er in den
maßgebenden Kreisen einen starken Rückhalt hat. Man
sieht in ihm den Mann, der das Zeug hat, Dresden
wieder zu einer Kunststadt zn machen. Deshalb hat er
auch die sehr lokalpatriotische presse für sich, deren ganze
Berichterstattung deutlich unter der Suggestion der Reden
bei der Eröffnungsfeier steht. Auch das Publikum geht,
scheint es, tapfer mit oder versucht es doch, obwohl ihm
mit dein Sprung von Schilling zu van der Stappen sehr
viel zugemuthet wird. Aber aus solche Sentiments ist für
die Dauer kein Verlaß, und ein absolut modernes, extrem
modernes Regiment wird inan sich aus die Dauer nicht
gefallen, den jungmünchener Geschmack sich nicht auf-
drängen lassen.
Ich hatte schon am Anfang das Arrangement gelobt.
Damit zeigt sich Kuehl als Schüler der Sezession in dem
Besten, was sie geleistet hat. Menn die Ausstellung in
dieser Hinsicht ihre Muster sogar übertrifft, so liegt das
an dem besseren Gebäude. Es hat in der sogenannten
Großen Halle einen Raum für Skulpturen und für die
Repräsentation, der in München gänzlich fehlte. Mit
schöner Wirkung sind die Wände unten mit Tannenlaub
belegt, das den Skulpturen einen wirkungsvollen Hinter-
grund bietet. Ueberdieß sind die einzelnen Werke von
Blattpflanzen umgeben. Die großen Fenster sind mit grüner
Gaze verkleidet, wodurch der Raum ein angenehm ge-
dämpftes Licht erhält. Die übrigen Säle sind mit matt-
farbigen Stoffen tapeziert, das Dberlicht ist überall abge-
sangen. Wer von Berlin kommt, sieht voll Beides, was
für ein würdiges Heim das kleinere Dresden der Kunst
zu bieten hat. Es ist unglaublich, wie viel davon für die
Wirkung namentlich der Bilder abhängt. Werke, die in
Berlin keinen Eindruck machten, stellen sich hier als vor-
trefflich heraus.
In der Verwaltung der Museen ist ein frischer Zug
zu verspüren. Namentlich die Ankäufe für das in jeder
Hinsicht musterhafte Albertinum, das Skulpturenmuseum
beweisen das. Hauptwerke der Belgier bleiben in Dresden
und werden ihre Wirkung aus Künstler und Publikum
zu einer nachhalligen machen. Auch manche schöne kunst-
gewerbliche Arbeit ist erworben. Die Gemäldegallerie
ivird auch mit schönen Stücken bereichert, ebenso das
Kupserstichkabinet. Sogar die originellen Arbeiten der
Kopenhagener Manufaktur sind aus Staatsmitteln ange-
kaust. Man wird aber auch an diesen Stellen daran
denken müssen, die deutsche Kunst mehr zu berücksichtigen.
Ls sind da noch recht fühlbare Lücken vorhanden.
Jedenfalls steht trotz aller Bedenken fest, daß die
Ausstellung im Ganzen interessant und reizvoll ist. Sie
ist eine dringende Mahnung an die Berliner Künstler-
schaft, nicht den diesjährigen Fehler zu wiederholen, sie
ist eine gute Lehre, sich vor dem andern Extrem zu hüten.
Vor allem aber sollte man sich ausraffen zu einer ener-
gischen Aktion gegen den unmöglichen Ansstellungspalast.
Die Stadt Berlin wird sich doch nicht von Dresden beschämen
lassen, das ihr ein gefährlicher Rivale auf diesem Gebiet
werden kann.

Wie bsiäey Pariser Saloys.
Von Walther Gensel.

I.
giebt zwei Arten Salonberichte zn schreiben,
man sieht von dem historischen Zu-
sammenhangs ab und versucht sieb auf den Stand-
punkt eines Provinzlers zu stellen, der wohl die alten
Meister kennt aber zum erstell Male eine moderne
Kunstausstellung sieht; oder man zieht dell Vergleich
mit den früheren Jahren und forscht nach dem
Neuen, was sich offenbart, nach dem Auftauchen
neuer Talente und Richtungen, nach den Wandlungen
der alten. Vom letztereil Standpunkte aus ist der
Eindruck des diesjährigen Salons der Ormnp8 bllp8oe8
besonders ungünstig, der des Salons auf dem Mars-
felde verhältnißmäßig günstig. Verhältnißmäßig;
denn auch hier finden wir kein neues Genie, das
unwiderstehlich sich Bahn bräche, auch hier hat uns
keiner der ältereil Meister ein Merk bescheert, das
wir als voil unvergänglichem Wcrthe bezeichnen
möchten. Aber es weht doch ein frischer Luftzug in
den Sälen, man bemerkt doch ein Werden und
Wachseil. Der Salon der Tbainp8 blly8eo8 bietet
immer dasselbe Bild. Vielleicht trägt das Medaillen-
wesen einen großen Theil der Schuld. In der Jury
sitzen Leute, die aus einer vergangenen Periode in
unsere Zeit herüberragend zähe — und wer wollte
ihnen das verdenken? — an den Idealen festhalteil,
deren Erreichung ihnen Ehre und Ansehen ein-
gebracht hat. Diejenigen unter den Jungen, welche
ihre eigenen Wege gehen, und das sind die bestell
unter ihnen, wollen sich dem Spruche dieser Richter
nicht unterwerfen und überlasseil das Feld den
Strebern oder den Nachahmern.
Das Schwergewicht der beiden Ausstellungen
liegt natürlich bei den Gelgemälden, voil denen die
Kataloge zusammen über dreitausend Nummern aus-
weisen. Voil der dekorativeil Malerei ist nichts
Erfreuliches zu berichten. Eigentlich sollte man sie
überhaupt voil der Betrachtung ausscheiden; Ge-
mälde, die in einem bestimmten Räume eine ganz
bestimmte Wirkung hervorbringen sollen, dürften nur
ail Ort und Stelle gewürdigt werden. Besonders
schlimm ist es, wenn Plafonds, wie der voil Dubufe
für die Bibliothek der Sarbonne gemalte (M.)p
senkrecht aufgehängt werden. Die wüsteste Allegorie
treibt hier noch immer ihr Wesen. Ein Beispiel
iilag für viele genügen. In einem farbig übrigens
recht guten Bilde (M.) stellt La Touche das „fried-
liebende Frankreich dar, wie es der Keberfluß und
das vertrauen festhält, die sollst auf seinen Knien
unter seinem Schutze eiuschlummern." Und das
findet man in einer Ausstellung, deren Präsident
Puvis de Lhavannes ist! Aber dem großen puvis,
der leider in Folge von Krankheit sein neues Werk
nicht vollenden konnte, sieht mail höchstens seine
Schwächen ab, sein Geist bleibt den Nachahmern ein
ewig verschlossenes Buch. Am erträglichsteil ist
Prouvo s farbig reizvoller und ohne Kommentar ver-
ständlicher Fries: Das Leben (M.) Die Aussicht
auf Besserung auf diesem Gebiete ist geriug, solange
noch für den Rompreis Aufgaben gestellt werden

* Jin Folgenden ist Lllmmps Klysöos mit L-, Lllainp
äs Illars mit M. abgekürzt.
 
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