Nr. (5
-A-r-D Die R u n st - a l l e
23s
diesen geistigen Vorzügen gesellt sich eine starke und
kühne Technik. A. D. Goltz hat sich an eine große
Ausgabe gemacht, Sei:: Triptychon „Bauernrnadonna"
bringt den milden Zauber einfältiger Frömmigkeit
zu vollein Ausdruck. Ls liegt etwas specifisch
Gesterreichisches in den: Bilde. Der landschaftliche
^Hintergrund ist mit außerordentlicher Feinheit gemalt,
während die anbetenden Gestalte:: in: Vordergründe,
sowie die Rinder an den beiden Leitenflügeln des
Triptychons viele charakteristische Züge aufweisen.
Die Madonna, deren khaupt eine leichte duftige
Negenbogengloriole umschimmert, ist von mildem
Liebreiz. Ronopa hat in kleineren: Format gleichfalls
eine Art Bauernmadonna gemalt und nut viel Talent
und Lmpfindung seinen Vorwurf bewältigt.
Lin Prachtbild ist die „Verkündigung" von
G. Lsitchcock. Die überaus subtile und eigenartige
Stimmung der Farben, der Zug herber Schöne und
innere Geschlossenheit sind bewundernswürdig. Träu-
merisch, voll entsagungsschwerer Milde steht eine
Nonne inmitten eines weißen Lilienfeldes. Die prära-
phaelitische Linienführung giebt dem übrigens be-
kannten Bilde eine schmucklose Linfachheit.
Isidor Raufmann hat diesmal mit seinen:
Genre-Bild „Sabbath", eine Szene in einer jüdischen
Synagoge darstellend, wirklich überrascht. Die ein-
zelnen Figuren sind meisterhaft charakterisirt, voll
Ausdruck und Nace. Die Technik ist sauber uud
reinlich ohne geleckt zu sein. Auch zwei kleinere
Interieurstudien sind virtuos behandelt.
Lin Historienbild von tiefer Wirkung ist Lgger-
Lienz' „Ave Maria nach dem Rampf an: Berge
Isel". Wohl scheint es uns, als wären die Dimensionen
des Bildes etwas zu große, als hätte dasselbe auch
in weit kleinerem Maßftabe die gleiche Wirkung
erzielen können, aber die Durchführung ist eine
poetische und tiefempfundene. Die einzelnen Gestalten
sind mit kräftiger Lsand entworfen, der düstere Farb-
ton wirkungsvoll und eindringlich. Ls liegt eine ge-
meinsame Lmpfindung über diesen andächtig hinge-
sunkenen Bauern, der seinen stärksten Ausdruck in den:
im Vordergründe knieenden Vorbeter findet, weniger
hat uns Ottensfeld's „Ruhmesblatt in der Geschichte
der österr. Artillerie", trotz des demselben verliehenen
„Neichelpreises" begeistert. Das Bild ist ja an und
für sich trefflich gemacht, aber das im Titel ange-
kündigte Sujet ist denn doch ein wenig zu oberflächlich
betont. Blos einige zerbrochene Ranonen und todte
Soldaten deuten auf die vorhergegangene Tapferkeit
hin. . . . Und noch eins. In den Statuten des
Neichelpreises heißt es, der Preis sollte demjenigen
Rünstler zu Theil werden „welcher in der Abbildung
oder Ausführung eines Gegenstandes, dessen Wahl
dem Rünstler freisteht, nach einstimmiger Lrkenntniß
der Akademie die Leidenschaften und Em-
pfindungen der Seele am meisterhaftesten aus-
drückt." wie bherr von Ottenfeld in seiner Landschaft
und den darin zurückgebliebenen Schlachtentrümmern
„Leidenschaften und Empfindungen der Seele" aus-
gedrückt, ist uns unerfindlich. Aber die Jury der
Neichelpreises wird wohl wissen, warum sie keinen
anderen Maler durch die Verleihung dieses Preises
beglückte.
Die Landschaften bieten diemal wenig Ueber-
raschendes. Darnaut ist fein und reich in Farbe
und Stimmung, bsirschl hat einen entschiedenen
Schritt nach vorwärts gethan. Lr sieht gesünder.
Sein „Seefriedhof" ist sehr wahr in: Luftton und
ungeziert im Rolorit. In sein „Nixenbild", eine
neue Variante seines schon etwas stark abgehetzten
Lieblingsmotivs bringen einige Helle Strahlen von
Sonnengold Abwechslung. Frau Wisinger - Floriau
ist mit einem „Rohlfeld" und einer „Dämmerung"
betitelten Abendstimmung ausgezeichnet vertreten.
Bei dem Rohlfeld überrascht die virtuose Perspektive,
bei der Dämmerung die feine Farbenstimmung in:
Abendgrau stehender weißer Nosenbäume.
Temp le hat Heuer in seiner schon öfter belobten
Art das Atelier des Bildhauers Zumbusch gemalt,
während veith ein koloristisch überaus feiues
Stimmungsbild „vorüber" ausstellte.
Line starke und echte Talentprobe ist das
poetisch empfundene Triptychon des jungen Münchners
David Mose. In: ersten Stock verdienen besondere
Beachtung zwei meisterhafte, genial entworfene
Rohlenskizzen von bsorovitz (Johann Strauß und
Graf Rinsky), ferner ein phantastisch komponirtes
virtuos gernaltes Aquarell von ch. Lefler und Josef
Urban, sowie eine meisterhafte Gouache vou
Lenewain. Noch manches Gute mögen wir über-
sehen haben. Für Vieles hätten wir herben Tadel.
Das erstere wollen wir stillschweigend anerkennen,
über das letztere den Mantel christlicher Nächsten-
liebe breiten.
Paul Wilhelm.
I. WayskausskelluyA iy
HieAyikr.
Haber: den: Plan der Liegnitzer Runst-
ausstellung vor: vornherein besondere Be-
achtung geschenkt, weil sie der: erfreulicher: Beweis
liefert, daß die Idee der öffentlicher: Schaustellung
vor: Runstwerken nun auch in unfern mittlerer: Pro-
vinzialstädten, die ohne nennenswerthe künstlerische
Traditionen sind, Boden zu gewinnen anfängt. Die
Gründe, die man in der Negel gegen die großer: Runst-
rnärkte der Lsauptorte in's Gefecht führt, erscheinen ge-
genüber der: ir: sehr bescheidenen Grenzen gehaltenen
provinzialer: Schaustellungen absolut nicht stichhaltig.
Lfier kann vor: einer maßlosen Aufhäufung des ver-
sckfiedenartigsten künstlerischen Materials, vor: einer
Ueberfülle heterogener Eindrücke, vor: einer Ueber-
reizung der Sehnerven und des ästhetischer: Geschmacks
des Publikums um so weuiger die Nede sein, als
solche provinziale Vorführung einem Orte wie Lieg-
nitz, der unter seinen ca. 52ÖOO Einwohnern größere
Rreise intelligenter und feinfühliger Gebildeter be-
sitzt, die einzige Möglichkeit bietet, mit den: modernen
künstlerischen Schaffer: alljährlich zu gewisser Zeit in:
engerer: Ronnex zu sein. Und die vielfältigen Früchte
der neuen Veranstaltung werden bald nicht aus-
bleiben.
Zunächst wurde gleich am Tage der Lröffnuug
der erster: Ausstellung (so/April) vor: dem Festredner
bserrn Stadtverordneten Raufmann Rappelt der
Gedanke der Gründung eines Liegnitzer Runst-
v er ei ns ausgesprochen. Das erste Unternehmer:
ist noch aus dem Schoße des dortiger: kaufmännischen
Vereins hervorgegangen und Dank der kundigen ge-
schäftlichen Führung des bserrn Tarl Selle, der
künstlerischen Leitung des in Münchei: ansässigen
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diesen geistigen Vorzügen gesellt sich eine starke und
kühne Technik. A. D. Goltz hat sich an eine große
Ausgabe gemacht, Sei:: Triptychon „Bauernrnadonna"
bringt den milden Zauber einfältiger Frömmigkeit
zu vollein Ausdruck. Ls liegt etwas specifisch
Gesterreichisches in den: Bilde. Der landschaftliche
^Hintergrund ist mit außerordentlicher Feinheit gemalt,
während die anbetenden Gestalte:: in: Vordergründe,
sowie die Rinder an den beiden Leitenflügeln des
Triptychons viele charakteristische Züge aufweisen.
Die Madonna, deren khaupt eine leichte duftige
Negenbogengloriole umschimmert, ist von mildem
Liebreiz. Ronopa hat in kleineren: Format gleichfalls
eine Art Bauernmadonna gemalt und nut viel Talent
und Lmpfindung seinen Vorwurf bewältigt.
Lin Prachtbild ist die „Verkündigung" von
G. Lsitchcock. Die überaus subtile und eigenartige
Stimmung der Farben, der Zug herber Schöne und
innere Geschlossenheit sind bewundernswürdig. Träu-
merisch, voll entsagungsschwerer Milde steht eine
Nonne inmitten eines weißen Lilienfeldes. Die prära-
phaelitische Linienführung giebt dem übrigens be-
kannten Bilde eine schmucklose Linfachheit.
Isidor Raufmann hat diesmal mit seinen:
Genre-Bild „Sabbath", eine Szene in einer jüdischen
Synagoge darstellend, wirklich überrascht. Die ein-
zelnen Figuren sind meisterhaft charakterisirt, voll
Ausdruck und Nace. Die Technik ist sauber uud
reinlich ohne geleckt zu sein. Auch zwei kleinere
Interieurstudien sind virtuos behandelt.
Lin Historienbild von tiefer Wirkung ist Lgger-
Lienz' „Ave Maria nach dem Rampf an: Berge
Isel". Wohl scheint es uns, als wären die Dimensionen
des Bildes etwas zu große, als hätte dasselbe auch
in weit kleinerem Maßftabe die gleiche Wirkung
erzielen können, aber die Durchführung ist eine
poetische und tiefempfundene. Die einzelnen Gestalten
sind mit kräftiger Lsand entworfen, der düstere Farb-
ton wirkungsvoll und eindringlich. Ls liegt eine ge-
meinsame Lmpfindung über diesen andächtig hinge-
sunkenen Bauern, der seinen stärksten Ausdruck in den:
im Vordergründe knieenden Vorbeter findet, weniger
hat uns Ottensfeld's „Ruhmesblatt in der Geschichte
der österr. Artillerie", trotz des demselben verliehenen
„Neichelpreises" begeistert. Das Bild ist ja an und
für sich trefflich gemacht, aber das im Titel ange-
kündigte Sujet ist denn doch ein wenig zu oberflächlich
betont. Blos einige zerbrochene Ranonen und todte
Soldaten deuten auf die vorhergegangene Tapferkeit
hin. . . . Und noch eins. In den Statuten des
Neichelpreises heißt es, der Preis sollte demjenigen
Rünstler zu Theil werden „welcher in der Abbildung
oder Ausführung eines Gegenstandes, dessen Wahl
dem Rünstler freisteht, nach einstimmiger Lrkenntniß
der Akademie die Leidenschaften und Em-
pfindungen der Seele am meisterhaftesten aus-
drückt." wie bherr von Ottenfeld in seiner Landschaft
und den darin zurückgebliebenen Schlachtentrümmern
„Leidenschaften und Empfindungen der Seele" aus-
gedrückt, ist uns unerfindlich. Aber die Jury der
Neichelpreises wird wohl wissen, warum sie keinen
anderen Maler durch die Verleihung dieses Preises
beglückte.
Die Landschaften bieten diemal wenig Ueber-
raschendes. Darnaut ist fein und reich in Farbe
und Stimmung, bsirschl hat einen entschiedenen
Schritt nach vorwärts gethan. Lr sieht gesünder.
Sein „Seefriedhof" ist sehr wahr in: Luftton und
ungeziert im Rolorit. In sein „Nixenbild", eine
neue Variante seines schon etwas stark abgehetzten
Lieblingsmotivs bringen einige Helle Strahlen von
Sonnengold Abwechslung. Frau Wisinger - Floriau
ist mit einem „Rohlfeld" und einer „Dämmerung"
betitelten Abendstimmung ausgezeichnet vertreten.
Bei dem Rohlfeld überrascht die virtuose Perspektive,
bei der Dämmerung die feine Farbenstimmung in:
Abendgrau stehender weißer Nosenbäume.
Temp le hat Heuer in seiner schon öfter belobten
Art das Atelier des Bildhauers Zumbusch gemalt,
während veith ein koloristisch überaus feiues
Stimmungsbild „vorüber" ausstellte.
Line starke und echte Talentprobe ist das
poetisch empfundene Triptychon des jungen Münchners
David Mose. In: ersten Stock verdienen besondere
Beachtung zwei meisterhafte, genial entworfene
Rohlenskizzen von bsorovitz (Johann Strauß und
Graf Rinsky), ferner ein phantastisch komponirtes
virtuos gernaltes Aquarell von ch. Lefler und Josef
Urban, sowie eine meisterhafte Gouache vou
Lenewain. Noch manches Gute mögen wir über-
sehen haben. Für Vieles hätten wir herben Tadel.
Das erstere wollen wir stillschweigend anerkennen,
über das letztere den Mantel christlicher Nächsten-
liebe breiten.
Paul Wilhelm.
I. WayskausskelluyA iy
HieAyikr.
Haber: den: Plan der Liegnitzer Runst-
ausstellung vor: vornherein besondere Be-
achtung geschenkt, weil sie der: erfreulicher: Beweis
liefert, daß die Idee der öffentlicher: Schaustellung
vor: Runstwerken nun auch in unfern mittlerer: Pro-
vinzialstädten, die ohne nennenswerthe künstlerische
Traditionen sind, Boden zu gewinnen anfängt. Die
Gründe, die man in der Negel gegen die großer: Runst-
rnärkte der Lsauptorte in's Gefecht führt, erscheinen ge-
genüber der: ir: sehr bescheidenen Grenzen gehaltenen
provinzialer: Schaustellungen absolut nicht stichhaltig.
Lfier kann vor: einer maßlosen Aufhäufung des ver-
sckfiedenartigsten künstlerischen Materials, vor: einer
Ueberfülle heterogener Eindrücke, vor: einer Ueber-
reizung der Sehnerven und des ästhetischer: Geschmacks
des Publikums um so weuiger die Nede sein, als
solche provinziale Vorführung einem Orte wie Lieg-
nitz, der unter seinen ca. 52ÖOO Einwohnern größere
Rreise intelligenter und feinfühliger Gebildeter be-
sitzt, die einzige Möglichkeit bietet, mit den: modernen
künstlerischen Schaffer: alljährlich zu gewisser Zeit in:
engerer: Ronnex zu sein. Und die vielfältigen Früchte
der neuen Veranstaltung werden bald nicht aus-
bleiben.
Zunächst wurde gleich am Tage der Lröffnuug
der erster: Ausstellung (so/April) vor: dem Festredner
bserrn Stadtverordneten Raufmann Rappelt der
Gedanke der Gründung eines Liegnitzer Runst-
v er ei ns ausgesprochen. Das erste Unternehmer:
ist noch aus dem Schoße des dortiger: kaufmännischen
Vereins hervorgegangen und Dank der kundigen ge-
schäftlichen Führung des bserrn Tarl Selle, der
künstlerischen Leitung des in Münchei: ansässigen