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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 4
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Meissner, Franz Hermann: Radirung und Heliographie
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Imhof, Franz: Die Entwürfe zum Helmholz-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0067

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Nr.

53

-Die Kunst-Halle. K—0-

zun: ersten Mal mit scharfen: Gedankengang das
innere Mesen van Stich und Nadirung als „Griffel-
kunst" sestgelegt ist. — wenn heute der schneckenartig
aller Entwicklung nachkriechende Staat seine Monu-
inentalwerke stechen, ein Verleger ein berühmtes Merk
um einen hohen Preis von: besten Mann des Fachs,
— dem man selbstverständlich unabhängig von der
Theorie das hohe Honorar wohl gönnen darf, —
radiren läßt oder ein absterbender Kunstverein eine
Konkurrenz um eine Stichkopie ausschreibt, so lächelt
der Einsichtige, der nicht an veralteten: hängt, dar-
über, — diese Faktoren haben selten oder nie für
eine kräftige Kunstentwicklung beigetragen. — von
der Zimmerwand des Kunstgebildeten sind Stiche nach
der sixtinischen Madonna und den: Abendmahl des
Leonardo längst verschwunden,*.) nm durch die besseren
Heliographien ersetzt zu werden, und ebenso geht
auch die Vorliebe der großen urtheilsnaiven Massen
für diese alte Art der Dekoration von Jahr zu Jahr
stetig zurück, während das Interesse für photographische
Dekorationen, sowie für Mappen mit Stichen und
Nadirungen zum Genuß für Stunden intimer Stim-
mung sich mehr und mehr entwickelt hat. Es voll-
zieht sich hier längst ein vollständiger Umschwung.
Menn man von: Geist der neueren Kunst spricht, so
hat man fast ein halbes Dutzend bedeutender Ori-
ginalstecher als charakteristische Symptome heranzu-
ziehen und bei vielen hervorragenden Malern zu er-
wähnen, daß sie nebenbei die Originalradirung pflegen,
von der Kopieradirung spricht man in diesen: Zu-
sammenhang kann:. Und das ist natürlich. Mer se
im Skioptikon mehrere Stiche nach einen: Gemälde
mit einer Photographie nach den: Original ver-
glichen hat, der traut seinen Augen kaum, denn jene
erscheinen nicht nur in der Vergrößerung so unend-
lich verändert und weit von: Original, ja in heraus-
genommenen Figuren oft gar so sehr als Karrikatur
zur originalen Malerauffassung, daß kann: noch ein
gemeinsamer Faden zu finden ist. Geht doch auch
gerade für ein malerisch empfindliches Auge das
Feinste an einen: Bild: Licht und Schatten — bei
Stich und Nadirung in seiner eigenthümlichen Art
fast ganz verloren, weil der Stecher zu deren Mieder-
erzeugung ganz fremdartige technische Mittel an-
*) Anm. der Redaktion. Bezüglich des „Abend-
mahls" läuft unserm geschätzten Mitarbeiter ein Versehen
unter. Meder giebt es eine Heliographie nach dem Origi-
nal Leonardos, noch würde eine mechanische Reproduktion
des verdorbenen Wandbildes die besten Stiche, zumal die
wunderbare Stang'sche „Nachdichtung" des Originals, irgend-
wie ersetzen. Pier liegt überhaupt ein charakteristisches
Beispiel vor, welches zeigt, daß die Grenze zwischen Radi-
rung und Heliographie nicht so scharf gezogen werden darf,
als sie Meißner zieht, dessen Ausführungen sonst durchweg
die trefflichsten sind. Die Heliographie setzt doch
immer ein w o h Ie r h aIten es Original voraus. And
das ist bei vielen alten Schöpfungen, zumal Wandgemälden,
gar nicht vorhanden. Also giebt es doch noch eine lohnende
Domäne für die gelegentlich rekonstruirende oder künstlerisch
nachdichtende „alte" Griffelkunst I

wenden muß, während die Photographie hier nut
Aehnlichem unvergleichlich sicher arbeitet. Und was
so die freie graphische Kunst verlor, das gewann die
mechanische. Mer die besten Blätter aus neuerer
Zeit betrachtet, die Professor Noese in der Neichs-
druckerei hergestellt, — oder die Petersburger Publi-
kation der hiesigen Photographischen Gesellschaft, —
wer dazu die zum Theil schon bekannten Helio-
gravüren nach den Hauptwerken der Renaissance in
allen westeuropäischen Museen heranzieht, welche
Franz Hanfstängl in München seit einigen Jahren
herauszugeben begonnen hat, der erstaunt über die
verblüffende Vollendung. Namentlich diese Hanf-
stängl'schen Blätter, welche ich vor einigen Mochen
in München in einer kleinen Ausstellung bei einander
vereinigt sah und die das vollkommenste sein dürften,
was in Deutschland und England in der Gegenwart
auf diesen: Gebiet hervorgebracht wird, haben auf
mich gewirkt wie eine Grabschrift auf die alte Kopie-
Nadirung. Denn diese absolute Miedergabe des Ori-
ginals, diese Feinheit und Reinheit des Lokaltons wie
der verschwimmenden Uebergänge, diese Zartheit in
so unendlich schwierigen Schattenführungen, wie die nach-
gedunkelten Originale von Tizian, Rembrandt, Mu-
rillo, van Dyck, Rubens, Hals als ein in anderer
Technik schier unlösliches Problem bieten, ist von er-
staunlicher Vollendung wie Treffsicherheit. Trotz
dieser Höhe aber darf die Photographie in ihrer Ent-
wicklung noch nicht einmal als über den Blüthe-
punkt hinausgeschritten betrachtet werden. Die kost-
spieligen Experimente, welche diese Kunstanstalten
Jahr um Jahr machen, und nicht zu vergessen, das
Heer von Amateur-Photographen, welche ihre Lieb-
haberei zum Theil wissenschaftlich betreiben, bringe,:
in jeden: Augenblick Verbesserungen und Vervoll-
kommnungen zu Tage, und nut der noch im Säug-
lingsalter befindlichen farbigen Aufnahme ist der
weiteste Ausblick gegeben. So stehen an: Ende eines
heißen Kampfs die verschwisterten Techniken der
freien und der mechanischen graphischen Kunst: beide
als Sieger und in blühender Stärke da, die eine im
Dienst des Gedankens und malerischer Weltfreude,
lediglich als Andeuterin der Wirklichkeit durch Schwarz
und Meiß, — die andere als vollkommenes Spiegel-
bild einer fremden Schöpfung mit den gleichen äuße-
ren Mitteln.

Die Entwürfe Mm Helmholh-Denkmaü
Von Franz Imhof.
aß man das Denkmal für Helmholtz nicht auf
einem Paradeplatz, sondern in der Nähe der
Universität errichten will, ist für uns Berliner
sehr tröstlich. Da wäre natürlich so ein Garten-
 
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