Nr. 2H
377
Die A u n st - H a l l e K-ch
Architekt Dr. Luyxers vertrat in der folgenden Diskussion
den freieren bankünstlerischen Gesichtspunkt: Der Restaurator
habe in der That, und zwar gerade im Interesse der Er-
haltung des Alten, das Recht des Lebenden, d. h. zu ver-
bessern im bedingten Sinne, wenn in der Konstruktion
oder in den Materialien offenbare Mängel festzustellen
sind. In dieser bedingten weise sei Verbesserung durchaus
kein Modernisiren: Ehrerbietung vor dem Alten muffe
freilich ebenso verlangt werden wie eine genaue bau-
geschichtliche Kenntniß des fraglichen Monumentes. Diese
beiden Grundanschauungen wurden von den übrigen
Sprechern des Tages, Lucas-Paris, Advokat Marmand,
Bürgermeister Buls, Aitchison, Saintenoy, getheilt und
dabei wurde auch auf die Wiederherstellung der Einrichtung
des Mobiliars der alten Gebäude hingewiesen. Den
Standpunkt der Mehrzahl vertrat wohl Bürgermeister
Buls, indem er die Art der Wiederherstellung als ab-
hängig von den jeweiligen Verhältnissen bezeichnete.
Am Montag d. zo. August eröffnete Herr Prof.
Lloquet von der Genter Universität die Reihe der Erörte-
rungen mit einem Vortrag über den Unterricht in der
Baukunst. Zum Schluß der Diskussion über dieses sehr
ausgiebige Thema wurden die von Herrn Benoit bereit
gehaltenen Punkte von der Versammlung gebilligt. Es
sollten nationale Bauschulen für alle Fächer eingerichtet,
Stipendien für Studierenöe gestiftet, Architekten-Diplome
verliehen werden u. s. w. Den Schluß der Verhandlungen
bildete eine Vorlesung des Herrn vierendeel, Gber-
ingenieurs der Provinz Flandern, über die Anwendung
des Eisens bei Bauwerken . . . Noch an demselben
Tage wurden die Kongreßtheilnehmer in vierzig wagen
zum Besuch des Rathhauses und anderer Sehenswürdig-
keiten Brüssels geleitet. Abends vereinigte ein herrlich
gelungenes Banket, auf dem viel getoastet wurde, die Fest-
gäste zu fröhlichem Zusammensein.
Am dritten Tage wurde die bereits vorher angeregte
Frage des Archi tekten- Diploms zunächst zum Gegenstand
längerer Ausführungen von Seiten der Herren Bonnier
und de Becker gemacht; aber da sich verschiedene gewichtige
Stimmen gegen die obligatorische Einführung eines
solchen Diploms erklärten, indem sie die besonderen Ver-
hältnisse in ihrer Heimath als erschwerend für eine der-
artige Bestimmung anführten, einigte sich die große
Majorität endlich für den Satz, daß die Einsetzung eines
Diploms für Bankünstler zwar sehr wünschenswerth sei,
aber nicht bindend sein dürfe. Am Nachmittag unternahm
man einen Ausflug nach der alten Abtei von Villers
einem Bauwerk, an dem feit dem tz- Jahrhundert, bis
ins s?. Jahrhundert hinein, die belgische Architektur sich
charakteristisch entwickelt hat. In der Person des gegen-
wärtigen Baumeisters der Abteigebäude, des Herrn Lirot,
Provinzial-Architekten von Brabant, fand die Gesellschaft
einen ausgezeichneten, hervorragend unterrichteten Führer,
der gleichzeitig in zusammenhängender Rede die merk-
würdige Geschichte dieser alten Klosteranlage zum Besten
gab. Damit war der offizielle berufliche Theil der Ver-
handlungen dieses Brüsseler Kongresses zum Abschluß ge-
bracht, und es hielten nun noch einzelne festliche Unter-
haltungen die Mehrzahl der fremden und heimischen Herren
theils in Antwerpen theils in Brüssel bis zum s. Eextbr.
beisammen. p. Scheiden.
Ikunstckromk.
* Berlin. Die von Prof. Karl Begas zu
schaffende Gruppe für die Siegesallee, deren Skizzen
neulich der Kaiser besichtigte, wird die sechste iu der Reihe
sein. Ihren Mittelpunkt bildet das Standbild Ottos IV.
mit dem Pfeile(j267—;Z08), jenes askanischen Markgrafen,
der seinen Beinamen von einer Wunde aus dem harten
Kampfe mit dem Erzbischof von Magdeburg erhielt.
Dieser Figur werden die Büsten des Johann von Buch
und Dietrich von Kröcher beigegeben. Die Entwürfe
waren zunächst in ein viertel der Größe gehalten und
kommen nun erst in den großen Modellen zur Ausführung.
Auch Prof. Reinhold Begas hat eine Anlage mit dein
Slaudbilde Waldemars, des letzten Lallenftädters, darzu-
stellen. — Die städtischen Arbeiten, die der Hauptverkehrs-
ader des Berliner Westens, der Potsdamerstraße, jetzt
eine veränderte Physiognomie geben, werden zweifellos
auch den Anfang einer architektonischen und künstlerischen
Umgestaltung dieses Straßenzuges im Eharakter der vor-
nehmen Gegend bilden. Im Mittelpunkt der Umge-
staltung steht zunächst die Doppel brücke, die den süd-
lichen Spreearm im Zuge der Potsdamer- und der Viktoria-
Straße überschneidet; auf ihr werden die vielgenannten
vier Monumente sich erheben, in denen jetzt nicht mehr
Statuen der vier großen Naturwissenschaftler Helmholtz,
Siemens, Gauß und Röntgen, sondern nur allegorische
Gestalten, die eine gewisse portraitähnlichkeit mit jenen
erhalten sollen, beabsichtigt sind. Die Bildhauer Prof.
Moser, Ianensch, Max Klein und Felderhoff sind zur Lösung
dieser Aufgabe, über deren Dankbarkeit in künstlerischer
Hinsicht sich streiten läßt, bestimmt worden. Wie die „K.-H."
kürzlich eine öffentliche Konkurrenz zur künstlerischen ver-
fchönerung der Straßenecken dieses eleganten Ver-
kehrsweges vorschlug, so hat nun Baurath L. Heim in
der D. B. Ztg. „eine öffentliche Konkurrenz zur Samm-
lung großer Ideen" für die gegenwärtigen Thorgebäude
am Potsdamer Platze vorgeschlagen. Uns scheint aber,
daß eine Verschmelzung des streng oktogonalen Leipziger
Platzes mit dein ganz unregelmäßigen Potsdamer Platze
nicht wünschenswerth, jedenfalls nicht fo leicht möglich sei.
Ohne zwingenden Grund sollten daher die freilich schnell
beseitigten klassischen Thorgebäude nicht fallen.
* Magdeburg. Ueber die Denkmalpflege
in der p r 0 v i n z Sachsen liegt der neueste Jahres-
bericht vor, wonach zu urtheilen, daß dieFortentwickelung der
Denkmalpflege zur Zeit keine besonderen Aussichten hat.
Die Provinz Sachsen ist bekanntlich besonders reich an ge-
schichtlichen Denkmälern wie alten Werken der Baukunst,
so daß dort gerade für die Konservatoren sehr dankbare
Aufgaben vorliegen. Man hat darum den Gedanken auf-
genommen, das Amt des Provinzialkonservators zu einein
Hauptamte umzugestalten, während es bis jetzt in allen
Provinzen nur als Nebenamt verwaltet wird. Da aber
die Regierung einen Theil der Besoldung leistet, kann
eine solche Umwandlung nicht ohne ihre Zustimmung er-
folget!. Der dahin gehende Wunsch der Provinzialver-
tretung von Sachsen ist aber im preußischen Kultus-
ministerium ablehnend behandelt worden, ebenso die An-
frage, ob in absehbarer Zeit eine wirksame Förderung
aller Denkmäler durch ein besonderes Schutzgesetz zu er-
warten sei.
* D r e s d e n. Neues bei Ernst A rn.o ld. In
den ersten Tagen des September eröffneten zwei Aus-
stellungen die Winterkampagne. Im Salon Wils-
drufferstraße gelangte eine ganz ausgewählte Samm-
lung von Japanischen Holzschnitten zur Schau,
insofern von besonderen! Interesse, als gegenwärtig im
hiesigen Kgl. Kupferstich-Kabinet eine gleiche Ausstellung
veranstaltet ist. Bei dieser Gelegenheit sieht man auch
japanische poterien, die für die Entwickelung der
modernen europäischen Keramik bedeutungsvoll waren,
ferner altjapanische Lackarbeiten, Elfenbeinschnitzereien,
Metallarbeiten u. dergl. — Im Salon Schloß st raße
sind gleichzeitig ca. ^ooo Original-Photographien nach den
377
Die A u n st - H a l l e K-ch
Architekt Dr. Luyxers vertrat in der folgenden Diskussion
den freieren bankünstlerischen Gesichtspunkt: Der Restaurator
habe in der That, und zwar gerade im Interesse der Er-
haltung des Alten, das Recht des Lebenden, d. h. zu ver-
bessern im bedingten Sinne, wenn in der Konstruktion
oder in den Materialien offenbare Mängel festzustellen
sind. In dieser bedingten weise sei Verbesserung durchaus
kein Modernisiren: Ehrerbietung vor dem Alten muffe
freilich ebenso verlangt werden wie eine genaue bau-
geschichtliche Kenntniß des fraglichen Monumentes. Diese
beiden Grundanschauungen wurden von den übrigen
Sprechern des Tages, Lucas-Paris, Advokat Marmand,
Bürgermeister Buls, Aitchison, Saintenoy, getheilt und
dabei wurde auch auf die Wiederherstellung der Einrichtung
des Mobiliars der alten Gebäude hingewiesen. Den
Standpunkt der Mehrzahl vertrat wohl Bürgermeister
Buls, indem er die Art der Wiederherstellung als ab-
hängig von den jeweiligen Verhältnissen bezeichnete.
Am Montag d. zo. August eröffnete Herr Prof.
Lloquet von der Genter Universität die Reihe der Erörte-
rungen mit einem Vortrag über den Unterricht in der
Baukunst. Zum Schluß der Diskussion über dieses sehr
ausgiebige Thema wurden die von Herrn Benoit bereit
gehaltenen Punkte von der Versammlung gebilligt. Es
sollten nationale Bauschulen für alle Fächer eingerichtet,
Stipendien für Studierenöe gestiftet, Architekten-Diplome
verliehen werden u. s. w. Den Schluß der Verhandlungen
bildete eine Vorlesung des Herrn vierendeel, Gber-
ingenieurs der Provinz Flandern, über die Anwendung
des Eisens bei Bauwerken . . . Noch an demselben
Tage wurden die Kongreßtheilnehmer in vierzig wagen
zum Besuch des Rathhauses und anderer Sehenswürdig-
keiten Brüssels geleitet. Abends vereinigte ein herrlich
gelungenes Banket, auf dem viel getoastet wurde, die Fest-
gäste zu fröhlichem Zusammensein.
Am dritten Tage wurde die bereits vorher angeregte
Frage des Archi tekten- Diploms zunächst zum Gegenstand
längerer Ausführungen von Seiten der Herren Bonnier
und de Becker gemacht; aber da sich verschiedene gewichtige
Stimmen gegen die obligatorische Einführung eines
solchen Diploms erklärten, indem sie die besonderen Ver-
hältnisse in ihrer Heimath als erschwerend für eine der-
artige Bestimmung anführten, einigte sich die große
Majorität endlich für den Satz, daß die Einsetzung eines
Diploms für Bankünstler zwar sehr wünschenswerth sei,
aber nicht bindend sein dürfe. Am Nachmittag unternahm
man einen Ausflug nach der alten Abtei von Villers
einem Bauwerk, an dem feit dem tz- Jahrhundert, bis
ins s?. Jahrhundert hinein, die belgische Architektur sich
charakteristisch entwickelt hat. In der Person des gegen-
wärtigen Baumeisters der Abteigebäude, des Herrn Lirot,
Provinzial-Architekten von Brabant, fand die Gesellschaft
einen ausgezeichneten, hervorragend unterrichteten Führer,
der gleichzeitig in zusammenhängender Rede die merk-
würdige Geschichte dieser alten Klosteranlage zum Besten
gab. Damit war der offizielle berufliche Theil der Ver-
handlungen dieses Brüsseler Kongresses zum Abschluß ge-
bracht, und es hielten nun noch einzelne festliche Unter-
haltungen die Mehrzahl der fremden und heimischen Herren
theils in Antwerpen theils in Brüssel bis zum s. Eextbr.
beisammen. p. Scheiden.
Ikunstckromk.
* Berlin. Die von Prof. Karl Begas zu
schaffende Gruppe für die Siegesallee, deren Skizzen
neulich der Kaiser besichtigte, wird die sechste iu der Reihe
sein. Ihren Mittelpunkt bildet das Standbild Ottos IV.
mit dem Pfeile(j267—;Z08), jenes askanischen Markgrafen,
der seinen Beinamen von einer Wunde aus dem harten
Kampfe mit dem Erzbischof von Magdeburg erhielt.
Dieser Figur werden die Büsten des Johann von Buch
und Dietrich von Kröcher beigegeben. Die Entwürfe
waren zunächst in ein viertel der Größe gehalten und
kommen nun erst in den großen Modellen zur Ausführung.
Auch Prof. Reinhold Begas hat eine Anlage mit dein
Slaudbilde Waldemars, des letzten Lallenftädters, darzu-
stellen. — Die städtischen Arbeiten, die der Hauptverkehrs-
ader des Berliner Westens, der Potsdamerstraße, jetzt
eine veränderte Physiognomie geben, werden zweifellos
auch den Anfang einer architektonischen und künstlerischen
Umgestaltung dieses Straßenzuges im Eharakter der vor-
nehmen Gegend bilden. Im Mittelpunkt der Umge-
staltung steht zunächst die Doppel brücke, die den süd-
lichen Spreearm im Zuge der Potsdamer- und der Viktoria-
Straße überschneidet; auf ihr werden die vielgenannten
vier Monumente sich erheben, in denen jetzt nicht mehr
Statuen der vier großen Naturwissenschaftler Helmholtz,
Siemens, Gauß und Röntgen, sondern nur allegorische
Gestalten, die eine gewisse portraitähnlichkeit mit jenen
erhalten sollen, beabsichtigt sind. Die Bildhauer Prof.
Moser, Ianensch, Max Klein und Felderhoff sind zur Lösung
dieser Aufgabe, über deren Dankbarkeit in künstlerischer
Hinsicht sich streiten läßt, bestimmt worden. Wie die „K.-H."
kürzlich eine öffentliche Konkurrenz zur künstlerischen ver-
fchönerung der Straßenecken dieses eleganten Ver-
kehrsweges vorschlug, so hat nun Baurath L. Heim in
der D. B. Ztg. „eine öffentliche Konkurrenz zur Samm-
lung großer Ideen" für die gegenwärtigen Thorgebäude
am Potsdamer Platze vorgeschlagen. Uns scheint aber,
daß eine Verschmelzung des streng oktogonalen Leipziger
Platzes mit dein ganz unregelmäßigen Potsdamer Platze
nicht wünschenswerth, jedenfalls nicht fo leicht möglich sei.
Ohne zwingenden Grund sollten daher die freilich schnell
beseitigten klassischen Thorgebäude nicht fallen.
* Magdeburg. Ueber die Denkmalpflege
in der p r 0 v i n z Sachsen liegt der neueste Jahres-
bericht vor, wonach zu urtheilen, daß dieFortentwickelung der
Denkmalpflege zur Zeit keine besonderen Aussichten hat.
Die Provinz Sachsen ist bekanntlich besonders reich an ge-
schichtlichen Denkmälern wie alten Werken der Baukunst,
so daß dort gerade für die Konservatoren sehr dankbare
Aufgaben vorliegen. Man hat darum den Gedanken auf-
genommen, das Amt des Provinzialkonservators zu einein
Hauptamte umzugestalten, während es bis jetzt in allen
Provinzen nur als Nebenamt verwaltet wird. Da aber
die Regierung einen Theil der Besoldung leistet, kann
eine solche Umwandlung nicht ohne ihre Zustimmung er-
folget!. Der dahin gehende Wunsch der Provinzialver-
tretung von Sachsen ist aber im preußischen Kultus-
ministerium ablehnend behandelt worden, ebenso die An-
frage, ob in absehbarer Zeit eine wirksame Förderung
aller Denkmäler durch ein besonderes Schutzgesetz zu er-
warten sei.
* D r e s d e n. Neues bei Ernst A rn.o ld. In
den ersten Tagen des September eröffneten zwei Aus-
stellungen die Winterkampagne. Im Salon Wils-
drufferstraße gelangte eine ganz ausgewählte Samm-
lung von Japanischen Holzschnitten zur Schau,
insofern von besonderen! Interesse, als gegenwärtig im
hiesigen Kgl. Kupferstich-Kabinet eine gleiche Ausstellung
veranstaltet ist. Bei dieser Gelegenheit sieht man auch
japanische poterien, die für die Entwickelung der
modernen europäischen Keramik bedeutungsvoll waren,
ferner altjapanische Lackarbeiten, Elfenbeinschnitzereien,
Metallarbeiten u. dergl. — Im Salon Schloß st raße
sind gleichzeitig ca. ^ooo Original-Photographien nach den