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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 6
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Berger, Rud.: Vom Münchener Schauplatz
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Berliner Kunstschau
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- H Die Kunst-Palle. k>-<-

Nr. 6

Kunstentwickelung wollen wir an dieser Stelle vorerst noch
absehen in der Hoffnung, daß trotz der prinzipiellen Wichtig-
keit dieser Wahlfrage in der Zwischenzeit sich eine gütliche
Lösung des Konfliktes herbeiführen läßt-
Interessant ist es zu beobachten, daß auch bei dieser
neuen Spaltung wieder eine Veränderung in der geschäfts-
führenden Stelle gleichzeitig auftritt. Jedoch stehen die beiden
neuen Ereignisse diesmal nicht in so kausalem Zusammen-
hänge wie z. Zt. der entstehenden Sezession. Einem Rund-
schreiben zufolge soll vielmehr die Entlassung des bisherigen
Geschäftsleiters der Münchener Künstlergenossenschaft, des
Perrn Otto Iobelmann, infolge hervorgetretener „Unregel-
mäßigkeiten in der Geschäftsführung" erfolgt fein. Auch
bei den letzten Verkäufen im diesjährigen Glaspalaste ist
von Künstlerseite darüber geklagt worden, daß perr Iobel-
mann gegenüber dem versuche von Käufern, die Preise
der Kunstwerke ungebührlich herabzudrückcn, nicht immer
energisch genug Front gemacht habe. Dem Weggange des
perrn Iobelmann kann um so weniger eine weittragende
Bedeutung beigelegt werden, als dadurch der bewährten
Finanzkraft des Rathes Paulus ein freierer Spielraum ge-
währt wird, der durch den außerdem entstehenden Dualis-
mus ohne Nutzen eingeengt worden wäre.
So wenig erfreulich die äußeren Formen der Münchener
Künstlerschaft gerade jetzt, in dein letzten halben Jahre vor
der großen internationalen Ausstellung sind, in das Schaffen
der Einzelnen werfen sie glücklicherweise vorerst noch keine
Schatten. Rastlos wird in den hiesigen Ateliers gearbeitet,
und die Früchte dieses regen Schaffens zeigen sich bereits
jetzt an den beinahe überreichlichen wochenausstellunqen
des Kunstvereins. Freilich haben die letzten Wochen auch
manches Mittelmäßige gebracht; allein das Gute ist doch
in: Uebergewicht. Der interessanten Kollektion Busse's (welcher
in diesen Tagen eine neue Malschule iu der bayerischen
Pauptstadt eröffnet hat), ist diejenige L. Boller's gefolgt,
welche das intime Schaffen des so jäh seiner künstlerischen
Thätigkeit entrissenen Landschafters verrathen. Zwei weitere
gediegene Kollektionen von Th. Meyer - Basel und F. A.
G. Krüger gehören gleichfalls dein Landschaftsfache an.
Auf dem Gebiete der Porträtmalerei find außer einem in
unkünstlerischen Dimensionen gehaltenen Damenporträt von
A. de Bouchö (jun.) unter anderen pikant gehaltene Bild-
nisse von Tini Rupprecht und Studien von Mar Kuschel zu
neunen. Das zahlreich vertretene Genrebild hat in der
letzten Kunftvereinswochc seinen Höhepunkt in einem neuen
T. E. Rosenthal gefunden. Mit zwingender Komik schildert
dieser Künstler einen eingenickten Kardinal, dessen in Be-
geisterung zum Pimmel emporblickeudes Porträt eben ein
kunstbestissener Frater vollenden soll. Diesem ungezierten
künstlerischen Vorwurfe wird man, wie auch M. wunsch's
zeichnerisch einwandfreiem Kinderbilde „Ain Ziclder wünsche",
trotz der nicht unberechtigten Abneigung der Gegenwart gegen
novellistische Malerei, die Existenzberechtigung gewiß zugeben.
Die freudigste Ueberrasckung aber ist den Besuchern des
Kunstvereins durch die Wiedereröffnung des so lange ge-
schlossenen Skulpturenfaales bereitet worden. Er ist diesmal
mit Werken des jungen Münchener Bildhauers Beyrer jun.
gefüllt. Mit derselben Energie, nut der sich fein Vater
(Jos. Beyrer) aus den engen heimathlichen Verhältnissen
zum Künstler emxorgerungen, hat jener sich aus der Kon-
vention der modernen Skulptur loszusagen gewußt. Werke,
wie die zarte Damenbüste aus Marmor, sein Entwurf zu

einem Grabdenkmal oder seine Madonna, lasser: ein starkes
Talent erkennen, das bei seiner sorgfältigen Ausbildung in
München und Rom zu deu besten Hoffnungen berechtigt.
Inzwischen wurde an der Reform des bayerischen Kunst-
gewerbes rüstig weiter gearbeitet. Der bayerische Kunst-
gewerbeverein hat in perrn Permann Dbrist eine kräftige
Stütze gefunden, wie dieser talentvolle Bildhauer bisher
mit der That neues Leben in das bayerische Kunstgewerbe
gebracht hat, so ist er nun auch mit dem Worte für die
Reform desselben eingetreten. Sein schwungvoller Vortrag
über das Thema „was sollen Publikum und Künstler
zur pebung des Kunstgewerbes thun?" hat bei dem zahl-
reichen Publikum lebhaftes Echo gefunden, ein Zeichen,
daß seine Ideen (möglichste Beschränkung von historischen
Vorbildern, Beseitigung der nonchalanten Bestellungen von
ganzen Ausstattungen und an deren Stelle persönlicher Ver-
kehr zwischen Käufer und Künstler) auf fruchtbaren Boden
gefallen sind. Rud. Berger.


Berliner Runstschau.

(>^m Salon Schulte debütirt der Ausstell er-ver-
(A band Münchener Künstler. Ich war ein wenig
neugierig auf dies Debüt, dein: ich war zu der Zeit in
München gewesen, als der verband gegründet wurde, und
der geistige Urheber, ein perr von Sternenfels, hatte nur
als Ziel seiner Gründung nichts Geringeres angegeben,
als: Der Münchener Kunst zuerst etwa den deutschen, dann
aber den Weltmarkt zu erobern. In dankenswertster Be-
scheidenheit verzichtete er auf Mond und Sterne, falls ihre
Bewohner einst Kunstbedürfniffe verrathen sollen. Ich habe
an diese stolzen Dinge nie geglaubt, aber auf eine solche
Enttäuschung war ich nicht vorbereitet. Es ist nicht ein-
mal der versuch gemacht morden, eine anständige Ver-
tretung der Münchener Kunst zu erreichen. Ls ist fast nichts
da als die landläufige pandelswaare, die ungefähr überall
auf gleicher Stufe steht. Mit dieser Sammlung könnte man
noch nicht einmal die alten Düsseldorfer aus den: Felde
schlagen. Im Programm steht, man will sie durch die
größeren Städte des Reichs und des Auslands schleppen.
Jin Reich mag's angehen, trotzdem ich eher zu kleineren
Städten mit naivem Geschmack rathen möchte. Aber bitte:
nicht in's Auslandl Der gute Ruf der Münchener Kunst
könnte unheilbaren Schaden nehmen. Selbst die Optimisten,
die mit perrn Schuch glauben, die deutsche Kunst könne
nut jeder fremden den Wettstreit wagen, werden zugeben,
daß sie diese Kunst nicht meinen. Ileberdies werden die in-
ländischen Frachten den Einschuß auch schnell genug ver-
zehren. Ich scheide hiermit von dem Aussteller-Verband mit
der stillen wehmuth, die uns beschleicht, wenn wir ahnen,
daß wir Jemand nie mehr wiedersehen werden. — Nur
das brillante Porträt des Malers Stäbli von Ernst
Zimmermann möchte ich doch herausheben. Ohne äußer-
lich nachgemacht zu sein, erinnert es an Lenbach's Künstler-
bildnisse: das Gesicht ist fein belebt, aus den Augen spricht
uns die tiefe Seele des poetischer: Künstlers an, die Arbeit
ist fest und einfach. — Ein ganzer Saal ist mit Bildern
und Studien des Marinemalers Pans Bohrdt gefüllt, die
er als Begleiter des Kaisers auf Nord- und Südreisen ge-
malt hat. Der Süden liegt ihm nicht oder ist ihn: wenig-
stens fremd geblieben. Anter den anderen Skizzen ist aber
so manche, die durch Tiefe frappirt. wo läßt dieser Maler
diese unsagbar künstlerische Anschauung, wenn er seine
Bilder macht?!
Bei Gurlitt finden wir wieder ein paar Bilder, sogar
größere, von Ludwig Dettmann, der den Sommer vor-
 
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