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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 9
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Auch ein Kunstkrieg
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Grünewald: Die Brücke zwischen hoher Kunst und Industrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0155

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Nr. 9

Die A u n st - L) a l l e K-r-A

s3s

merklich, welche in bedenklicher weise auf Einflüsse
hinweist, welchen sich die Herren Studierenden in
ihrem eigensten Interesse und im Hinblick auf ihre
Zukunft nicht hingeben sollten. Ihre Aufgabe ist
es nicht, während Ihrer Studienzeit hier
Richtungen zu kultivieren, welche vorübergehend
im Kunstleben entstehen und wieder verschwinden,
bald von der einen Seite angepriesen und von der
andern verworfen, und verhöhnt werden' Sie haben
hier die Natur im vollsten Respekt vor der-
selben zu studieren und eine Sprache und
Darstellungsweise sich anzueignen, welche ge-
eignet ist, in vornehmer und anständiger weise Ihren
künstlerischen Gedanken und Empfindungen den ge-
eigneten Ausdruck zu geben und nicht durch genial
sein sollende Schmiererei geistreich oder mo
dern erscheinen zu wollen; das können Sie sich
ruhig für die Zeit Ihrer späteren, selbstständigen
Thätigkeit aufsparen." Es läßt sich hieraus ent-
nehmen, daß ich nicht etwa diejenigen Richtungen im
Auge hatte, welche sich in den Klassikern der bildenden
Kunst: Rcichel Angelo, Raphael, Tizian, Rubens,
Rembrandt, Velazguez u. a. m. verkörpern, sondern
diejenigen, für welche Herr Bode und eine Reihe
seiner engeren Kollegen als eifrigste Vorkämpfer be-
kannt sind. Ob Herr Du Bode wohl die erstge-
genannten als Wüster und Beispiele für den jungen
Künstler als überlebt bezeichnen und sie durch
Liebermann, v. Rhde und v. Hofmann ersetzt sehen
möchte? Und das als Direktor einer Galerie alter
Bilder?"-
Ich glaube, diese obigen Sätze aus Kritik und
Antikritik dürften schon genügen, unsern Lesern zu
zeigen, wie es hier eigentlich mit der Sache der beiden
Herrn Gegner bestellt ist. Das Werkwürdigste aber
ist, daß Geheimrath Bode seine „Gedanken" und
„wünsche" auf einer Kab inetsordr e Friedrichs lb
vom 2s. Januar s786 aufbaute, die angeblich eine
Reorganisation der Akademie in seinem Sinne ent-
halten haben soll, die aber in Wahrheit garnicht
eristirt hat. Niemand kennt wenigstens eine der-
artige Kabinetsordre. Es scheint also, daß hier ein-
fach einwißbrauch mit dem volksthümlichen Namen
des großen Königs getrieben ist, um eine gewisse
„moderne" Absicht mit einem altehrwürdigen stolzen
Wantel zu umhüllen, ein heutiges Parteiprogramm
vor Aller Augen mit dem königlichen Signum zu
stempeln. Der Kolporteur dieser famosen Kabinets-
ordre gestand übrigens seinem Gegner schon zu: er-
hübe deu Aufsatz im „j?an" auf einer italienischen
Reise schreiben müssen. Also, der Herr j)artei-Lhef
wird von seinen eigenen Leuten gezwungen einen
Artikel zu schreiben, der sich zwar sachlich mit der
Organisation der Hochschule und „den Aussichten für
die. Zukunft" beschäftigt, der aber seine Spitze offen-
bar zumeist gegen die Person des Akademie-Direktors
richtet.

Nachdem jene kecke Partei, die den Ehrgeiz hatte,
Nationalgallerie und akademische Hochschule
für sich zu gewinnen, mit ersterer nur halben Erfolg
gehabt, nachdem sie nach Iordan's Fortgang ihre
eigentlichen Kandidaten (Lichtwark und Wucher) hatte
aufgeben und sich nut einer Persönlichkeit als
Galleriedirektor hatte zufrieden geben müssen, die ihr
wohl nicht ganz freiwillig Gefolgschaft leistet — ver-
suchte sie neuerdings mit Vollkraft gegen den andern
Kosten, der im Berliner Kunstleben kein minder
wichtiger ist, oorzugehen. Es scheint aber, daß man
auch dieses Wal wieder die Rechnung ohne den Wirth
gemacht hat. Es war dem heimlich Angegriffenen
nicht allzuschwer, den unternehmenden Herren vorn
„j)an" ein neues Fiasko zu bereiten.
Der Herausgeber.
X
Die Vrücke zwischen dodec Ikunst
und Industrie.
Vom Geheimen Iustizrath Grünewald, Metz.
Brücke zwischen der hohen Kunst und der
" Industrie schlägt K s4 des Kunstgesetzes vom
9. Januar s876," sagt der Kommissionsbericht zu diesen:
Gesetze. Nach dieser Vorschrift genießt der Urheber
eines Werkes der bildenden Künste, der gestattet,
daß dasselbe an einem Werke der Industrie, der
Fabriken, Handwerke oder Wanufakturwaaren nach-
gebildet wird, den Schutz gegen weitere Nach-
bildungen an Werken der Industrie u. s. w. nicht
nach waßgabe dieses Gesetzes, sondern nur nach dem
Gesetze über das Urheberrecht an Wustern und Wo-
dellen vom ff. Januar s876. wie aber, ist die
Frage, verhält sich diese Bestimmung zu K 5 Ziff. 3
des Kunstgesetzes, der die Nachbildung eines Werkes
der bildenden Künste an einem solchen der Baukunst,
Industrie u. s. w. verbietet?
Bei der Beurtheilung dieser Frage handelt es
sich uni Feststellung der Unterschiede und Grenzen
zwischen den Werken der hohen Kunst und Industrie,
zwischen freier Benutzung und Nachbildung und in
letzterer Hinsicht hinwiederum zwischen erster und
weiterer Nachbildung an einem gewerblichen Er-
zeugniß.
Ein Werk der bildenden Künste haben wir vor
uns, wenn der Künstler den von seinem Geiste in-
dividuell erfaßten und durchdrungenen Gegenstand
durch Darstellungsmittel der Kunst in einer harmonisch
wirkenden Form gestaltet hat, welche durch ihre
Schönheit das ästhetische Gefühl des Urhebers jelbff,
sowie den Beschauers nut idealer Freude erfüllt.
Diese Form kann in der Reinheit der Linien als
Zeichnung, im Schein der Farben als Gemälde, im
 
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