Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

DOI Heft:
Nummer 13
DOI Artikel:
D., A.: Danziger Kunstbrief
DOI Artikel:
Berliner Kunstschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0233

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. s3

Die Uunst - L) alle

20s

über den früheren Ausstellungen nicht zu verkennen.
Der Kunstverein darf sie immerhin als einen Erfolg be-
trachten. Und so ist zu hoffen und zu wünschen, daß Danzig
aufs neue die Bahn betrete, die zu dein dieser Stadt,
nach ihrer ganzen Art und Lage, vorgezeichneten Ziele
führt, wenn überhaupt in dem schwerlebigen, prosaischen,
nüchternen Bordosten, der zwar mit voller Kraft an dein
wirthschaftlichen Kampfe der Zeit theilnimmt, dein Kampfe
der Geister in: Reiche der Kunst aber kühl bis ans Herz
hinan gegenübersteht, auch auf diesen: Gebiete endlich
wieder ein neues Leben beginnt, dann wird man die
Augen auf Danzig richten müssen. Ob freilich die Stadt,
die sich so gern das nordische Venedig nennen läßt, in
absehbarer Zeit Gelegenheit finden wird, die Führerrolle,
zu der die Geschichte und die Natur sie bestimmt zu über-
nehmen, darüber vermag inan auch nach der diesjährigen
Kunstausstellung noch nichts zu sagen. Noch fehlt der
Prinz, Dornröschen zu wecken. A. D.
Verliner Ikunstscdau.
Die Leitung der Nationalgallerie hat kürzlich
ihre Umstellung der Kunstwerke znunchst in den untern
Sälen, die zum Theil gleichzeitig eine Erneuerung der
Wandbekleidung aus rothbraunen und grüngranen Stoffen
erhielten, vollendet und das Publikum damit überrascht.
Ein frischer Geist weht jetzt unleugbar durch die imposanten
Räume des Gebäudes, dessen Erbauer Strack wohl kann:
geahnt hat, für welchen künftigen Bilderschmuck eiust diese
hochstrebenden Mauern bestimmt sein werden. Es liegt
in der That eine Kluft zwischen den Forderung en der
selbst vor dein krassesten Lanausenthum nicht zurück-
schreckenden „Moderne", die zu erfüllen Prof. v. Tschudi
sich ehrlich bemüht, und der spröden, stolzen Architektur-
staffage, die hier nun einmal gegeben ist. Und diese
Kluft wird niemals überbrückt werden können. Sie ist
allein in den Korneliussälen nicht vorhanden und dort
noch etwa, wo Meister wie Makart, Böcklin u. a. nut
ihrer Farbenpracht die architektonische Strenge der Umgebung
bändigen. Nahezu alles Uebrige wirkt leider wie ein
Provisorium; und ich fürchte, man wird, wie inan auch
die Mbjekte sich verschoben denken könnte, hier immer nur
aus einem Provisorium in das andere gelangen. In der
dunkelgetönten Vorhalle stehen lediglich die Bronzen,
diedoch sehr unterderfarbigenMonotoniedesRaumes leiden;
daran schließen sich zur Linken die Säle mit den Stein-
skulpturen. Zur Rechten folgen, wie bisher, die Gemälde,
nnd hier bildet fast in jeden: Raun: ein hervorragender
Meister aus Berlin, München, Düsseldorf u. s. w. den
Mittelpunkt, um welchen sich die ihm nahestehenden
Künstlerangemeffen gruppiren, wobei naturgemäß mancherlei
äußerliche Rücksichten auf Umfang und Farbe der wand-
flächen zu Abweichungen vom plane gedrängt haben
Wiewohl ich nicht Alles billige und z. B. nicht verstehe,
warum einzelne Berliner Meister, die heute noch durch-
ausaufihrerHöhe stehen, schon gleichsam zum alten Eisen ge-
worfen werden, scheint mir dagegen doch einleuchtend
daß sämmtliche Malereien, die antiquirt wirken und früher
den Eindruck dieser Sammlung als einer antiquirten
bedingt haben, in die obern Räume verwiesen sind, wo
übrigens auch die Fülle der vorhandenen Kriegstableaux

eine definitiv abgeschlossene Gruppe bilden soll.
Der Werth und die Berechtigung des ganzen Tschadischen
planes der Neu-Grdnung der Kunstwerke werden aber
erst nach der vollständigen Fertigstellung der Säle zu er-
kennen sein. G. G.
In: Salon Schulte drängt sich eine bunte Menge.
Die Künstler, die da vertreten sind, sind so verschieden
in: wollen und Können, daß sie ganz gut einen Klub
bilden könnten.
Liner ist da, der sich aufdrängt. Ich schweige fehr
gern von solchen, aber dazu ist A. von Brandts doch
wieder zu sehr Talent. Sein Kolossalbild „die Hochzeit
von Tana" ist wahrhaftig nicht gut, bunt mitunter bis
zur Brutalität, mehr zusammengesucht als empfunden, und
dadurch äußerlich und innerlich uneinheitlich. Und
doch - ich kann auch nicht entschließen, mit dem
solchen unreifen Werken gegenüber sehr bequemen Spott
darüber hinwegzugehen. Brandts ist ein Schüler der
Berliner Akademie, speziell Anton von werner's. Er
hat eine ganze Masse gelernt, aber halb mechanisch. Und
nun kokettjrt er nut Anklängen an moderne Künstler, die
sich damit nicht vereinen. Ihn: thut Noth, sich einmal
in große, ruhige Werke der alten Meister zu versenken,
und sein nervöses Sichaufrecken wird, wenn er versteht,
einen: stillen Aufwärtsstreben weichen. Er hat Temperament
und Phantasie, Dinge, die bei uns nicht so häufig sind,
daß man sie unterschätzen dürfte. Ihn: fehlt Takt in:
Lenbachsinne. Ich fürchte, daß Berlin für ihn kein guter
Boden ist. Man 'kommt hier leicht dazu, sich auf die
Zehen zu stellen, damit man größer erscheine als der
Nachbar. Zum künstlerischen Schaffen ist das eine un-
geeignete Stellung. Mit Freuden begrüßte ich die ein-
fachen Arbeiten seines engen Genossen L. Fahrenkrog.
In dei: Federstudien erweist er sich als ein Zeichner
hohen Ranges. Sein Bild mit den drei musizirenden.
Damen wirkt in seinen: gedämpften harmonischen Kolorit
sehr fein. Gedenkt man seines so ganz verschiedenen
„Ehristus in der Vorhölle" von der Großen Ausstellung
so wird inan überdies seine Vielseitigkeit bewundern.
Man darf von diesen: begabten und ehrlich strebenden
Künstler Schönes erwarten.
Der Düsseldorfer Landschafter E. Kampf hat sich
nachträglich in dei: Strudel moderner Experimente gestürzt.
Das ist vorsichtig, noch vorsichtiger aber, daß er nur
solche wählt, die schon gemacht sind, z. B. das Pointilliren.
Die Sache liegt ihn: aber garnicht, seine früheren Bilder,
schlicht heruntergemalt, waren viel besser. Hübsch ist nur
der „Blick auf die alte Stadt", wer so poetisch empfindet,
soll doch um Gotteswillen nicht geziert sprechen wollen.
Sein Landsmann Müller-Kempf sucht sich in Ahrenshoop
ein eigenes Worpswede, wenn es auf die Motive an-
käme, wäre das gar keine üble Wahl. Aber die Bedeutung
feiner Originale liegt in etwas ganz anderem. Schmidt-
Mich elfen hat noch immer nicht den Ehrgeiz auf eigene
Faust Einer zu sein, wenn auch nur ein Kleiner. Er
übersetzt die Dinge, die er sieht, immer erst ins Skarbinasche.
Interessant tritt Ieanne Bauck auf. Sie hat nur
den Fehler, mit Ausrufungszeichen ihre Originalität zu
betonen. Auch noch in ihrem besten Bilde, dem Porträt
einer älteren Dame mit dem etwas harten Typus der
preußischen Aristokratin, stört das ein wenig. Aber wie
 
Annotationen