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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 6
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Stahl, Fritz: Der Sturm wider die "Internationalen"
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Ernst; Lenbach, Franz von [Gefeierte Pers.]: Franz von Lenbach als Erzieher: zum sechzigsten Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0101

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Nr. 6 -Die K u u st - p a l l e. -

83

Dor allem aber ist eins wichtig: Das Aufhören
der „Internationalen" würde die Lage der Dinge
durchaus nicht verbessern. Die Kuustsalons, die dann
das Importmonopol hätten, würden sich ganz aus
dies lohnende Geschäft werfen und einen unerhörten
Umfang annehmen. Dadurch würde deu Ausstellungen
nicht nur die Anziehungskraft, die nach der Er-
fahrung unbestreitbar die fremden Merke besitzen,
sondern auch der Antheil. die Tantieme verloren
gehen, die ihr Verkauf bringt. Uebrigens zeigt die
Berliner Statistik, deren Veröffentlichung wir ver-
gebens angeregt haben, daß auch die Einheimischen
trotz der Konkurrenz auf gemischten Ausstellungen
mehr verkaufen als auf geschlossenen. Und selbst
nach perrn Schuch's Zahlen verkaufen sie mindestens
nicht weniger. —
Daß unsere Künstler dem Ausland mehr Ent-
gegenkommen gewähren, als das Ausland ihnen, ist
nur eine vorübergehende Erscheinung. Sobald
Deutschland als guter Kunftmarkt bekannt sein wird,
werden sich die Fremden, die heute nur geladen
kommen, zu unseren Ausstellungen drängen. Dann
wird es Zeit sein, mit der auch hier nachdrucksvoll
vertretenen Forderung Ernst zu machen und nur dem
Besten Eingang zu gewähren. Uebrigens werden,
wie wir gegenüber dem amerikanischen Gewährsmann
des perru Professors behaupten können, auch sehr-
viel deutsche Merke erportirt, um das Geschäftliche
geschäftlich zu bezeichnen. Es müßte doch perru
Schuch bekannt sein, daß Amerikaner große nationale
Monumente von Berliner Künstlern haben fertigen
lassen: ich erinnere an Siemeriugs Mashiugton-
denkmal und an das Siegesdenkmal von Schmitz und
Geiger. —
Um mit positivem zu schließen! Der Krebsschaden
ist in Mirklichkeit der Mangel an ästhetischer Bildung
im deutschen Volke, der UIangel an Fühlung mit
dem Künstler. Bessere Erziehung nur kann Helsen:
die Jugend mag der Lehrer, die Erwachsenen kann nur
der Künstler erziehen. Die deutschen Künstler
sollten ernsthaft und energisch nach unserem
Vorschläge versuchen, das Publikum an den
Besuch der Ateliers zu gewöhnen.*)


ch Den Worten Fritz Stahl's möchte der per aus-
geb er auch seinerseits die Versicherung hinzufügen, daß es
zu den Ausgaben und Sorgen dieses Blattes nach wie vor
gehören wird: zur Lösung der schwerwiegenden ökonomischen
Fragen unserer Künstlerschaft mit unseren Mitteln beizu-
tragen. So lebhaft auch wir bedauern, daß die schönen
Vortheile des Berliner Kunstmarktes nicht in weit höherem
Maße als bisher der heimischen Arbeitskraft Zufällen,
halten wir es doch für bedenklich, anders als von innen
heraus Mandel zu schaffen. Ein erheblicher Theil der
Vorwürfe aber, die Schuch gegen die „Presse" (I) richtet,
fällt vielmehr aus die Künstler selbst, die leider zu sehr der
Gewohnheit huldigen, ihre Beschwerden in die Tiefe ihrer

Franz von Lenbach als Erzieher.
Suin sechzigsten Geburtstag.
Von Ernst von der Isar.
^N^us die Frage, wie mau malen lernen kann, hat
Leubach zwei Antworten. Die eine heißt la-
0 konisch: „Man kann's oder man lernt es nie."
Die andere heißt: „Man kann es nur durch das Ko-
piren der alten Meister lernen." Aus das Bischen
Miderspruch, das in beiden Antworten steckt, muß man
nicht zu scharf sehen, der Meister ist durch und durch
Stimmungsmensch, und so sicher es ist, daß er über-
alles, namentlich aber über Kunst sehr feste, vielleicht
eigensinnige Anschauungen hat, so sicher ist es, daß
die Form, die ihm die Laune eines Augenblicks er-
zeugt, ost eine Ansicht schärfer betont, als er es im
Ernst aufrecht erhalten würde. Man kann also beide
Aussprüche etwa zu dem neuen kombiniren: „Mer
überhaupt fähig ist, lernt es durch das Kopiren der
alten Meister."
Das würde zu der Anschauung, die Leubach und
mit ihm die Meisten von seiner eigenen künstlerischen
Entwicklung haben, vortrefflich passen. Aber ist diese
Anschauung richtig? Man wird es vielleicht für-
gewagt halten das anzuzweiseln. Aber wie Künstler
sich ost eine Kunstgeschichte konstruiren, die den
Missenden die päude über den Kops zusammen-
schlagen läßt, so konstruiren sie sich eine Geschichte
des eigenen Lebens vom späteren Standpunkt aus,
die nur als llocmmsnt bunmin, nicht aber als absolute
Mahrheit zu bewerthen ist. Mir wissen, das Len-
bach, bevor er die Kopirzeit in Italien und Spanien
verbrachte, zwei Jahre lang in seinem weltentlegenen
peimathsdörfcheu Schrobenhausen nur nach der Natur-
gearbeitet hat, und wir wissen, daß er wie fast alle
Meister seiner Generation dann Schüler pilotps ge-
wesen ist. Ihm, der dann sein Lebenswerk darin
gesunden hat, Bildnisse im Geist und in der Technik
großer Vorbilder zu malen, mögen jene Lehrjahre
heute als verhältnißnräßig oder völlig unfruchtbar
und unwichtig erscheinen. Das kann den Historiker,
der weiß, daß auch die Minima in einer Entwicklung
ihre Bolle spielen, nicht hindern anderer Meinung zu
sein. In der Schack-Galerie hängt ein Bild, das der
junge Lenbach gemalt hat: ein pirteubub, der rück-
lings in's Gras gestreckt träumerisch in den blauen
Pimmel starrt. Es ist ein schönes Bild, und wenn
die deutsche Malerei des Jahrhunderts einen tief-
blickenden Geschichtsschreiber finden wird, der über
den Schlagworten des Tages steht, dann wird es

Bierkrüge zu versenken, statt sich uns mit pinweisen auf
bestimmte Schäden, mit bestimmten berechtigten Forderungen
anzuvertrauen, in der Meise etwa, wie es in Dresden un-
längst die dortige Bildhauer-Vereinigung that, um endlich
gegen die „ D e nk mäler-F abr ik en " Front zu machen.
Die perren dürfen überzeugt sein, daß wir dann ihre Fahne
tragen und energisch vorgehen werden. 6l. V.
 
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