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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 6
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Flamand, F.: Brüsseler Brief
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Aus Weimar
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Berger, Rud.: Vom Münchener Schauplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0107

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Die Kunst-Palle.

Nr. 6

89

Deutschland hierfür als mustergiltiges Beispiel aus, wo der
junge Künstler vor allem auch literarisch erzogen wird.
In Belgien gilt aber noch der Ausspruch eines Ministers
der schönen Künste der jüngsten Zeit, der da sagte: „Die
besten Künstler befanden sich sehr wohl in ihrer Unwissenheit
und sie wurden vielleicht gute Künstler, gerade weil sie sehr
unwissend waren!"
Brüssel, Ende November.
F. Flamand.
Aus Weimar.

(p)imser Mitarbeiter peinz pelwig schreibt uns:
Ns Am z. Adventsonntag pflegte seit einer Reihe von
Jahren die Ständige Ausstellung für Kunst und
Kunstgewerbe das Publikum Weimars durch Vorführung
neuer Kunstwerke zu überraschen. Die reißend steigende
Produktion in der Malerei veranlaßte dieses Mal eine frühere
Eröffnung der Ausstellungs-Saison. So wurde uns be-
reits in der Schlußwoche des alten Ausstellungsjahres ab-
wechslungs- nnd stimmungsreicher Genuß verschafft. Zu-
nächst durch eine Anzahl Bilder von Paul Schultze-
Naumburg. An sieben seiner engeren peimath ent-
nommenen landschaftlichen Motiven hat der Maler Däinnre-
rungs- und Nachtstimmungen zu illustriren unternommen,
und zwar ist ihm dies in hohem Grade gelungen. Ein
großes dreitheiliges Bild der Szenerie am Bogen der Saale
bei Saaleck und der Rudelsburg wirkt in seiner einfachen
Größe des düsteren nächtlichen Gefammttons, in dem doch
die Lokalfarben der einzelnen parthieen deutlich hervor-
treten, wie ein groß angelegtes, Sage und Geschichte ver-
schmelzendes Epos. In der nämlichen Manier und Technik
giebt der Künstler die Bilder „der Fluß", „das Thal",
„Dämmerung", „die Dornburgschlösser", „Mondaufgang"
und eine mondbeschienene „Brücke". Namentlich das letztere,
kleinste Bild des Lyklus zeugt von einem steigend feinen
Farbengefühl in den gedämpften Perlmuttertönen der mond-
beglänzten Brücke selbst und den Farben ihrer nächtlichen
Umgebung. Malerisch und zeichnerisch fast noch vollkommener
wirken die Arbeiten der Frau Elisabeth Schultze-Naum-
burg. Sie hat sieben Stillleben und Blumenstücke und
zwei Köpfe ausgestellt. Feiu wirken mehrere kleinere Ar-
beiten, verschiedenfarbige Rosenzwcige auf grauem und
schwarzem Grunde darstellend und ein wunderbar gezeichneter
hellfarbiger Ehrysantemumstrauß. Diskrete, zarte, vornehme
Farben sind diesen Sachen eigen, während die breite Be-
handlung und die schmelzende parmonie glühender stark
ausgesprochener Farben in dem großen Eßzimmer-Stilllcbcn
überrascht und einnimmt. Sehr flott gemalt ist ein kleineres
Thee-Stillleben und ein Studienkopf braun in braun; gut
uud ähnlich gezeichnet das Porträt von P. peyse.
Auch eine Malerin aus Weimar weiß uns in hervor-
ragender weise zu fesseln, Emma Görg, deren ausge-
stellte Stillleben in ihrer breiten, saftigen und doch zeichnerisch
richtigen Behandlung wie durch ihre vornehmen Töne die
jetzt abgerundete Kunst der Dame zeigen. — Ungenrein
exakt gezeichnet sind auch die zwei Stillleben von Frl. Ilse
Müller-Gotha: „Weintrauben" und „Afrikanisches Still-

leben", doch ist koloristisch der Gesammteindruck kein er-
freulicher. In ihrer Art virtuose Leistungen sind besonders
zwei Thierstücke des in Weimar lebenden preuß. Pof-
malers Arnold, das eine „Irr Noth" betitelt, eine am
brennenden Pause angekettete pündin mit ihren Jungen
darstellend. In ihrer Nachbarschaft befinden sich von seinem
bayerischen Namensvetter, dem jüngst hier verstorbenen
Professor Arnold, zwei Genrebilder, feine Kabinetsstücke
ebenfalls älterer Malweise.
Im obersten Stock der Ausstellung erfreuen zwei Porträt-
studien von Lilly Pesse-Karlsruhe, ein großer Damen-
kopf in Pastell und ein in Kohle gezeichneter Studienkopf
eines alten Mannes. Als sehr bemerkenswerth sind schließ-
lich zu erwähnen vier Landschaften kleinen Formats von
Lüders, einem jetzt hier lebenden Maler; in ihrer Farbig-
keit und kräftigen, einfachen und pastosen Malweise an
Frhr. v. Gleichen sowohl als Rohlfs gemahnend (der eine
lichte, weniger räthselhafte Landschaft, als seine zwei im
Sommer in Berlin vorgeführten Tafeln zeigten, jetzt hier
ausstellt) vereinigen sie Vorzüge dieser beiden Künstler, ohne
die Einseitigkeiten oder Uebertreibungen derselben nachzu-
ahmen. . . . Ganz neuerdings wurden noch ausgestellt
Landschaften von Weichberger und Bunke, ein Genrebild
von Erich pammer, landschaftliche Gelstudien von L. von
Jordan und figürliche Aquarelle von Bertha Frorrep —
sämmtlich Arbeiten Weimarer Künstler — sowie von
außerhalb ein größeres kräftig gemaltes Gelbild von Pans
am Ende norddeutsche Bauernhäuser im Schnee darstellend,
und ein polländisches Mädchen von p. puisken. — Sehr
dankenswerth ist die in der Ständigen Ausstellung öfters
wiederholte Vorführung ausländischer in den letzten Jahren
erworbener Bilder, einiger Niederländer und Franzosen und
der eigenartigen Schotten.
Auch sonst bietet Weimar zur Zeit dem Kunstfreund
manche werthvolle Anregung, z. B. im Großherzoglichen
Museum, das bekanntlich unter Ruland's kundiger Leitung
steht, und selbst auf kunstgewerblichem Gebiete, wenn die
klassische Stätte der Litteratnr nur auch als Kunstmarkt
etwas ergiebiger wäre und das ist doch heutzutage wahr-
lich nicht Nebensache!


Vom Münchener Schauplatz.
ine wenig erfreuliche weihnachtsbeschecruug ist der
Münchener Kunst bereitet worden. Kaum schien es
gelungen, die beiden Künstlervereinigungen für die „Große
Internationale nothdürftig zusammenzuleimen, so dringt
schon wieder die Kunde von einer neuerlichen Spaltung in
die Geffentlichkeit. Schon feit der Absonderung der Sezession
von der Künstlergenossenschaft haben sich auch in letzterer
theilweise recht scharfe Gegensätze — wie wir wiederholt
an dieser Stelle anzudeuten Gelegenheit hatten — heraus-
gebildet. Diese haben nun ihre Lösung in der letzten
stürmischen Generalversammlung dadurch gefunden, daß ein
größerer Kreis von Mitgliedern die Nichtbeschickung der
nächsten Ausstellung beschloß. Veranlassung hierzu gab die
Majorisirung ihres Antrages auf Einführung eines neuen
Wahlmodus für die Jury der bevorstehenden Ausstellungen,
von einer Kritik dieser neuesten Phase der Münchener
 
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