Nr.
»r-Z DieAunst-^alle
227
rische, welche brillanten Formen für den Plastiker
weisen Blatttriebe oder Blüthenknospen aus, und
welche Schwierigkeiten hat er bei der Darstellung
voll entfalteter Blüthen oder reich ausgebildeter
Blätter zu überwinden! Daß gerade die moderne
Runfttechnik, besonders die Runstschmiederei, diese mit
äußerster Bravour zu überwinden weiß, macht diese
Formen nicht geeigneter. Uebrigens hat hier der
gewählte Maaßstab ein gewichtiges Wort mit-
zusprechen: Ls ist ja klar, je stärker wir eine Form
vergrößern, desto einfacher und plastisch brauchbarer
erscheint sie. Das mag wohl mit der Grund sein,
weshalb sich das Schmiedeeisen so schnell der Natur-
formen bemächtigte; während das Schmuckgewerbe
doch heute schwer damit zu ringen hat. —
(Schluß folgt.)
Das verbot der Auskubr von Ikunst-
vvcrken in Ztalien.
vom Geheimen Justizrath Grünewald, Metz.
Italien, das klassische Land unvergleichlicher Kunst-
werke und Kunstsammlungen, war stets bestrebt, sich die
Schätze edelster historischer Kunst zu erhalten Namentlich
waren es die Päpste, welche seit der Blüthe der von
Florenz ausgegangenen Renaissance durch Erlaß von mehr
oder minder strengen Gesetzen der Zersplitterung und
Ausfuhr der Kunstwerke und Antiken thunlichst Einhalt
zu thun suchten.
Unter den Privatkunstsammlungen Roms nimmt Sie
Galleria Lolonna eine hervorragende Stelle ein. Im
Jahre ;628 hatte die Familie Eolonna di Sciarra das
Gesammtvermögen des Papstes Urbans VIII. geerbt; dazn
kamen im Jahre ;678 Schenkungen des Kardinals Franz
Barberini, ;685 des Fürsten Don Masses Barberini und
1728 seiner Gattin Mlympia Giustiniani, ferner ;70H
des Kardinals Barberini. Nach dem aus Veranlassung
des Papstes Pius VII. im Jahre ;8;8 aufgenommenen
Verzeichnisse wurde diese Kunstsammlung aus p/2 Million
Franken geschätzt. Unter anderen namhaften Meistern sind
in ihr vertreten: Tizian, Girolamo Trevisani, Spagna,
Guido Reni, Gasp. poussin, Llaude Lorrain, Rubens,
Sustermans, van Dyck, Palma veccchio, Pietro Novelli
u. s. w.
Mißliche Umstände hatten den gegenwärtigen Be-
sitzer der Sammlung im Jahre ;89l zum verkaufe von
2; Meistergemälden und einer hervorragenden Statue an
den französischen Marquis de Ribiers in Paris ver-
anlaßt. Die italienische Regierung leitete deshalb gegen
den Verkäufer eine strafrechtliche Untersuchung ein,
welche für alle Künstler und Kunstfreunde Interesse
zu bieten geeignet ist. Nach dem römischen Edikt
Doria Pamphyli vom 2. Mktober ;802 ist nämlich der
verkauf von Kunstwerken des Alterthums und der Re-
naissance außerhalb Roms bei hoher Strafe unbedingt
und unbeschränkt verboten. Diese Bestimmung wurde
durch das spätere Edikt pacca vom 7. April ;820 insofern
gemildert, als hierdurch dem Kardinal-Kämmerer die Be-
fugniß gewährt wurde, mit Rücksicht auf obwaltende Ver-
hältnisse die Ermächtigung zum verkaufe zu ertheilen.
Endlich bestimmte das Gesetz vom 28. Juni ;87;, daß
die Gallerten, Bibliotheken oder sonstigen Sammlungen
von Kunstwerken oder Antiken und Antiquitäten weder
durch ihre gegenwärtigen Besitzer noch ihre Rechtsnach-
folger getheilt oder veräußert werden dürfen.
Auf Grund dieser Bestimmungen wurde der Verkäufer
Oolonna cli seiurrn durch Urtheil des römischen Gerichts
Instanz vom 2z. März ;8s>Z zu drei Monaten Gefängniß
und 5000 Fr. Geldstrafe, sowie zur Zahlung eines Schaden-
ersatzes von ; 266 000 Fr. verurtheilt. Auf Berufung hat
das Appellationsgericht zu Rom lediglich die letzterwähnte
Summe auf 500 000 Fr. ermäßigt, im übrigen das frühere
Urtheil bestätigt. Indessen hat auf dis eingelegte Nichtig-
keitsbeschwerde hin der Kassationshof zu Rom durch Ur-
theil vom Mai ;89-s die Sache vor das Appellations-
gericht zu Ankona verwiesen. Dieses nahm an, das Edikt
pocca gelte nur noch für die Provinzen des früheren Kirchen-
staates, da es seinerseits nur für diese gegeben werden konnte,
und nach urt 5. des Gesetzes vom 28. Juni ;87; sei es
unanwendbar für die Provinzen von Neapel, Toskana,
Piemont und die übrigen Provinzen Italiens, ausge-
nommen die des früheren Kirchenstaates; die Zuwider-
handlung des Verkäufers könne daher auch nicht als ein
vergehen, sondern nur als Uebertretung aufgefaßt werden.
Nach dem in allen modernen Strafgesetzen maßgebenden
Grundsätze, daß den strafrechtlichen Bestimmungen zu
Gunsten des Beschuldigten in den Fällen, daß dieselben
eine mildere Strafe aussprechen, als die früheren, eine
rückwirkende Kraft zukomme, seien im vorliegenden Falle
art. ; und 24 des Italienischen Strafgesetzbuches ent-
scheidend. hiernach bildet aber bei Uebertretungen
das geringste Strafmaß eine Lire. Mit Rücksicht auf den
Umfang und die Schwere der Uebertretung erkannte der
Gerichtshof auf ;800 Lires, eiue Strafe, die jedoch auf
Grund des Amnestiegesetzes vom 22. April ;8gz als
erlassen erklärt wurde, so daß der Verkäufer thatsächlich
straflos blieb, und der Marquis de Ribiers ruhig im
Besitze der gekauften Kunstwerke bleiben durfte.
Das ist das Ende dieses langen und merkwürdigen,
von der italienischen Regierung angestrengten Prozesses
gewesen, der über die Grenzen Italiens hinaus Sensation
erregt hatte. Bei dem durch diese Sachentscheidung ge-
schaffenen Rechtsstandpunkte wäre es wohl das geeignetste,
daß sich der italienische Staat, dem, wie schon angedeutet,
mit Recht daran gelegen sein muß, sich die klassischen
Kunstschätze zu erhalten, durch ein zn schaffendes Gesetz
das verkaufsrecht für alle im Privatbesitze befindlichen
Kunstwerke, Antiken und Antiquitäten wahren würde.
Denn mit den gegenwärtig allgemein geltenden privat-
rechtlichen Grundsätzen lassen sich die früheren Verbote
der Veräußerung vor: privatgnt schwerlich mehr verein-
baren.*j
vgl. I)r. Lepelletiers Abhandlung in Elunet's
Ztsch. f. internat. Recht ;8Y6 S. 962 — 98;.
U
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rische, welche brillanten Formen für den Plastiker
weisen Blatttriebe oder Blüthenknospen aus, und
welche Schwierigkeiten hat er bei der Darstellung
voll entfalteter Blüthen oder reich ausgebildeter
Blätter zu überwinden! Daß gerade die moderne
Runfttechnik, besonders die Runstschmiederei, diese mit
äußerster Bravour zu überwinden weiß, macht diese
Formen nicht geeigneter. Uebrigens hat hier der
gewählte Maaßstab ein gewichtiges Wort mit-
zusprechen: Ls ist ja klar, je stärker wir eine Form
vergrößern, desto einfacher und plastisch brauchbarer
erscheint sie. Das mag wohl mit der Grund sein,
weshalb sich das Schmiedeeisen so schnell der Natur-
formen bemächtigte; während das Schmuckgewerbe
doch heute schwer damit zu ringen hat. —
(Schluß folgt.)
Das verbot der Auskubr von Ikunst-
vvcrken in Ztalien.
vom Geheimen Justizrath Grünewald, Metz.
Italien, das klassische Land unvergleichlicher Kunst-
werke und Kunstsammlungen, war stets bestrebt, sich die
Schätze edelster historischer Kunst zu erhalten Namentlich
waren es die Päpste, welche seit der Blüthe der von
Florenz ausgegangenen Renaissance durch Erlaß von mehr
oder minder strengen Gesetzen der Zersplitterung und
Ausfuhr der Kunstwerke und Antiken thunlichst Einhalt
zu thun suchten.
Unter den Privatkunstsammlungen Roms nimmt Sie
Galleria Lolonna eine hervorragende Stelle ein. Im
Jahre ;628 hatte die Familie Eolonna di Sciarra das
Gesammtvermögen des Papstes Urbans VIII. geerbt; dazn
kamen im Jahre ;678 Schenkungen des Kardinals Franz
Barberini, ;685 des Fürsten Don Masses Barberini und
1728 seiner Gattin Mlympia Giustiniani, ferner ;70H
des Kardinals Barberini. Nach dem aus Veranlassung
des Papstes Pius VII. im Jahre ;8;8 aufgenommenen
Verzeichnisse wurde diese Kunstsammlung aus p/2 Million
Franken geschätzt. Unter anderen namhaften Meistern sind
in ihr vertreten: Tizian, Girolamo Trevisani, Spagna,
Guido Reni, Gasp. poussin, Llaude Lorrain, Rubens,
Sustermans, van Dyck, Palma veccchio, Pietro Novelli
u. s. w.
Mißliche Umstände hatten den gegenwärtigen Be-
sitzer der Sammlung im Jahre ;89l zum verkaufe von
2; Meistergemälden und einer hervorragenden Statue an
den französischen Marquis de Ribiers in Paris ver-
anlaßt. Die italienische Regierung leitete deshalb gegen
den Verkäufer eine strafrechtliche Untersuchung ein,
welche für alle Künstler und Kunstfreunde Interesse
zu bieten geeignet ist. Nach dem römischen Edikt
Doria Pamphyli vom 2. Mktober ;802 ist nämlich der
verkauf von Kunstwerken des Alterthums und der Re-
naissance außerhalb Roms bei hoher Strafe unbedingt
und unbeschränkt verboten. Diese Bestimmung wurde
durch das spätere Edikt pacca vom 7. April ;820 insofern
gemildert, als hierdurch dem Kardinal-Kämmerer die Be-
fugniß gewährt wurde, mit Rücksicht auf obwaltende Ver-
hältnisse die Ermächtigung zum verkaufe zu ertheilen.
Endlich bestimmte das Gesetz vom 28. Juni ;87;, daß
die Gallerten, Bibliotheken oder sonstigen Sammlungen
von Kunstwerken oder Antiken und Antiquitäten weder
durch ihre gegenwärtigen Besitzer noch ihre Rechtsnach-
folger getheilt oder veräußert werden dürfen.
Auf Grund dieser Bestimmungen wurde der Verkäufer
Oolonna cli seiurrn durch Urtheil des römischen Gerichts
Instanz vom 2z. März ;8s>Z zu drei Monaten Gefängniß
und 5000 Fr. Geldstrafe, sowie zur Zahlung eines Schaden-
ersatzes von ; 266 000 Fr. verurtheilt. Auf Berufung hat
das Appellationsgericht zu Rom lediglich die letzterwähnte
Summe auf 500 000 Fr. ermäßigt, im übrigen das frühere
Urtheil bestätigt. Indessen hat auf dis eingelegte Nichtig-
keitsbeschwerde hin der Kassationshof zu Rom durch Ur-
theil vom Mai ;89-s die Sache vor das Appellations-
gericht zu Ankona verwiesen. Dieses nahm an, das Edikt
pocca gelte nur noch für die Provinzen des früheren Kirchen-
staates, da es seinerseits nur für diese gegeben werden konnte,
und nach urt 5. des Gesetzes vom 28. Juni ;87; sei es
unanwendbar für die Provinzen von Neapel, Toskana,
Piemont und die übrigen Provinzen Italiens, ausge-
nommen die des früheren Kirchenstaates; die Zuwider-
handlung des Verkäufers könne daher auch nicht als ein
vergehen, sondern nur als Uebertretung aufgefaßt werden.
Nach dem in allen modernen Strafgesetzen maßgebenden
Grundsätze, daß den strafrechtlichen Bestimmungen zu
Gunsten des Beschuldigten in den Fällen, daß dieselben
eine mildere Strafe aussprechen, als die früheren, eine
rückwirkende Kraft zukomme, seien im vorliegenden Falle
art. ; und 24 des Italienischen Strafgesetzbuches ent-
scheidend. hiernach bildet aber bei Uebertretungen
das geringste Strafmaß eine Lire. Mit Rücksicht auf den
Umfang und die Schwere der Uebertretung erkannte der
Gerichtshof auf ;800 Lires, eiue Strafe, die jedoch auf
Grund des Amnestiegesetzes vom 22. April ;8gz als
erlassen erklärt wurde, so daß der Verkäufer thatsächlich
straflos blieb, und der Marquis de Ribiers ruhig im
Besitze der gekauften Kunstwerke bleiben durfte.
Das ist das Ende dieses langen und merkwürdigen,
von der italienischen Regierung angestrengten Prozesses
gewesen, der über die Grenzen Italiens hinaus Sensation
erregt hatte. Bei dem durch diese Sachentscheidung ge-
schaffenen Rechtsstandpunkte wäre es wohl das geeignetste,
daß sich der italienische Staat, dem, wie schon angedeutet,
mit Recht daran gelegen sein muß, sich die klassischen
Kunstschätze zu erhalten, durch ein zn schaffendes Gesetz
das verkaufsrecht für alle im Privatbesitze befindlichen
Kunstwerke, Antiken und Antiquitäten wahren würde.
Denn mit den gegenwärtig allgemein geltenden privat-
rechtlichen Grundsätzen lassen sich die früheren Verbote
der Veräußerung vor: privatgnt schwerlich mehr verein-
baren.*j
vgl. I)r. Lepelletiers Abhandlung in Elunet's
Ztsch. f. internat. Recht ;8Y6 S. 962 — 98;.
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