Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

DOI Heft:
No. 23
DOI Artikel:
Meissner, Franz Hermann: Berlin: Die Museumsfrage, [2]
DOI Artikel:
Fuchs, Georg: München: Das Kunstgewerbe a. d. Internat. Kunstausstellung, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0409

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 23

Die A u n st - L) a l l e

357

erwirbt dasselbe, — falls keine besondere Ver-
einbarung vorliegt, — nur materiell. Der geistige
Inhalt ist etwas besonderes. Erstens ein Privat-
besitz des Künstlers, der das Vervielsältigungsrecht
sür sich behalten oder anderweitig veräußern kann.
Zweitens ein öffentlicher Besitz. Menn die Repro-
duktion nicht mechanisch ist, kann das Merk in eine
andere künstlerische Technik ohne Spezialerlaubniß
übersetzt werden. Damit ist doch theoretisch das Recht
der Geffentlichkeit aus die Kunst auerkannt. Ist die
Kunst wirklich ein wichtiger Kultursaktor, briugt der
Staat nicht bloß zum Vergnügen erhebliche Opfer
sür ihre pflege, leiht er ihr nicht bloß aus prunk-
sucht seine Autorität, — dann besitzt er als Vertreter
des Volks unbedingt ein Recht aus ihre Erzeugnisse, —
hat er die schlicht, innerhalb der Grenzen einer Rück-
sicht aus das graduell zu beachtende Personalrecht
sein höheres Recht geltend zu macheu. Mo die
nächstliegeude Rücksicht aus das Allgemeinwohl in
Frage kommt, übt der Staat sein höheres Recht
längst aus. Er hat die Privatbahnen durch ge-
setzlichen Zwang verstaatlicht. Mill eine Kommune
eine Straße anlegen, ertheilt er ihr das Expropriations-
recht aus Grund und Roden. Er kaust bei Mobil-
machungen zwangsweise die ihm tauglichen Pferde, —
verbietet Ausfuhr und Einsuhr in gewissen Fällen.
Das sind nur ein paar Fälle, in denen der höhere
Gesichtspunkt der bloßen und nächstliegenden Nütz-
lichkeit zwangsweise in den Personalbesitz eingreist.
Nur aber hinzudeuten, wie solche Anschauungen vom
Recht des Staats sich geschichtlich zu festen Normen
auswachsen und etwas Selbstverständliches werden,
nenne ich die allgemeine Mehrpslicht. bseute ist
jeder Einsichtige überzeugt, daß diese eine der glück-
lichsten und pädagogisch wichtigsten Einrichtungen ist,
wie sie auch durch uud durch als moralisch gilt.
Mer Schutz uud Vorteil der Gesellschaft beansprucht,
hat die Micht zur persönlichen Gegenleistung. Ob
Liner gern oder nicht gern Soldat ist, bleibt außer-
dem Spiel, — er keimt uichts auderes als die schlicht
hierzu, die in vielen Fällen ein Opfer ist, und die er
wie jeder Andere bereitwillig erfüllt. Vor s50
Jahren galt dieser Airspruch des Staats als eure
grausame Millkür und jedes Mittel sich ihr zu ent-
zieheir, als moralisch zulässig. Mair prüfe einmal diese
Einrichtungen und Entwickelungen unbefangen auf
ihre natürlichen Grundlagen hin. Mair thue dies
auch mit andereu rechtlichen Praktiken des Staats
und der Kommunen, z. B. dem Konzessionssystem,
das vielfach auf eine bestimmte Zeitdauer, auf die
Lebenszeit eurer Person vou vornherein festgesetzt oder
sogar entgegen der früheren Erlaubniß erst später-
hin durch eine untergeordnete Verwaltungsbehörde
beschränkt wird. Steht die eng begrenzte Nützlichkeit
wirklich so viel höher als das geistige Interesse eines
Volks, — ist der Gedanke einer Begrenzung des
künstlerischen Privatbesitzes zu Gunsten einer größeren

Geffentlichkeit wirklich so befremdend und so verfrüht,
wie er vielleicht scheinen kann? Gewiß nicht! —
Unerreichbar erscheint den modernen Völkern die
Kultur der Antike, der Renaissance, und alle streben
vergeblich danach. Die Möglichkeit zu solcher Kultur-
höhe jedoch war bei den Alten und Renaissance-
Italienern doch im wesentlichen durch die Gefsent-
lichkeit des Kuustiuteresses und durch die natürliche
Schätzung jeglicher Kunst als eines mächtigen Daseins-
gliedes bereitet. Seitdem der Wissenskult des sokra-
tischeu, des alexandrinischen Kultursvstems, — wie
Nietzsche sagt — der einseitige Gesichtspunkt des
Kulturgangs gewesen ist, scheint der natürliche Kunst-
sinn geschwächt und verderbt, — es scheint manch-
mal, als kämen wir immer weiter von der Möglich-
keit zu eiuem großen Kunstausschwung ab, bloß weil
unsere Bewertung der Kunstdinge eine beschränkte,
unentwickelte, zu weuig uatürliche ist. —
München:
Dcis IFanst^exverbe
n. d. Zntcnikit. Ikunslruisstcllung.
Von Georg Fuchs, München

II.
LA' ine Ruttelstellung zwischen diesen „Naturalisten"
^^und den „Ornamentalen" nehmen gegenwärtig
Richard Niem ersehn:id (München) und Länger
(Karlsruhe) ein. Riemerschmid's Glasmalereien
(„Lawn-Tennis") und dekorative Bilder leiden, wie
die Erler's, an dem vergeblichen Bestreben, Vor-
gänge und Körper darstellen zu wolle::, statt sie zu
eiuem in: Sinne des Materials gedachten Ornamente
oder Motive umzuprägen, während ein entzückender
Schrank aus Eibeuholz aus eineu fraglos kunst-
gewerblich begabten Geist schließen läßt. Aehnliche
Schränke sind schon von Engländern entworfen
worden, aber daraus kommt es uicht so sehr an, als
vielmehr aus die geschmackvolle Verwenduug des
Material-Tharakters, sowohl in der Konstruktion, wie
in: Detail; besonders die verschiedenartigen Maserungen
sind wunderschön ausgenützt, das anmutige, alte
Eibenholz überall zur Geltung gebracht, nicht ver-
schnörkelt und nicht beklext. Die Eisenbeschläge sind
zwar etwas nüchtern, in der Erfindung aber so
diskret und zart aufgelegt, daß sie nicht stören.
Die keramischen Arbeiten von Länger — verschieden
getönte Vasen mit Blumenmustern — zeigen den
Natur-Eindruck auch nicht durchgebildet geuug, um
aus oruameutale Wirkung Anspruch erhebe:: zu
könne::. Längers Phantasie ist nicht sehr reich. Er
wiederholt in der „Bewegung" stets das gleiche
Motiv: Blüthenstengel, welche von: Boden aus au
der Gesäßwaud emporsprießen und sich beim bsalse
 
Annotationen