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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 7
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Oettingen, Wolfgang von: Die Grenzen der Jugend
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Nordensvan, Georg: Bruno Liljefors, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0120

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--Die K u n st -Halle

Nr. 7

Sympathie, so doch — wer weiß? — aus Angst
vor der Grobheit, mit der sie z B. im s2. Hefte
ihre abfälligen Antiker bedroht.
X
Wruno Liljetors.
Don Georg Norde ns van-Stockholm.
„Kunst-Halle" hat mich um einige Aufsätze
über schwedische Aünstler ersucht. Ich
möchte zunächst von Liljefors und Zorn sprechen,
welche beide in der vordersten Reihe unserer
jetzigen schwedischen Maler stehen und welche zu-
gleich ganz verschiedene Richtungen der schwedischen
Kunst vertreten.
Ausländische Aunstschriftsteller haben schon
öfters die schwedische Malerei als mehr elegant,
experimentirend und launenhaft denn als tief und
kernvoll charakterisirt. Man hat als die haupt-
sächliche Eigenschaft der schwedischen Maler Ge-
schmeidigkeit und kosmopolitische Beanlagung,
Leichtigkeit zu lernen, Geschicklichkeit sich die Re-
sultate der Bahnbrecher des Kontinents anzu-
eignen, hingestellt. Bis zu einem gewissen Grade
ist dies Urtheil auch zutreffend, aber wenn es als Regel
aufgestellt werden soll, so muß man hinzufügen,
daß es viele und bedeutende Ausnahmen von
dieser Regel gegeben hat und gegenwärtig noch
giebt. Zorn könnte in diesem Fall nicht zu den
Ausnahmen gerechnet werden, sein Hänsel ist
elegant, launenhaft und geschmeidig, er ist bekannt
als einerder bedeutendsten Farbenvirtuosen derIetzt-
zeit; man nennt ihn mit Recht den „Geschultesten
der Geschickten." Gr verblüfft und interessirt.
Obschon seine Aunst mehr Chik als Seele zeigt.
Bruno Liljefors würde dagegen, wenn obiges
Artheil treffend wäre, nicht repräsentativ schwedisch
sein, denn der Schwerpunkt seiner Aunst liegt
gerade in der Intensität des Naturgefühls und
der Auffassung, in der Reife und Araft der
Charakteristik. Er ist ebenso echt schwedisch wie
Hans Thoma deutsch und Forain Hariser ist.
Sein Talent ist als reines Naturprodukt aus
dem Lande, ja aus der Hrovinz, wo er auf- und
festgewachsen ist, hervorgegangen. Man kann Lilje-
fors nicht den Schüler irgend eines andern Künst-
lers nennen, er ist nie in die Fußtapfen eines
Andern getreten, und doch hat er nie darnach ge-
strebt, seinen Merken einen originellen Charakter zu
geben. A)ie er auch experimentirt haben mag
und wie vollkommen auch seine Technik sein mag,
kann man doch unmöglich seine Aunst mit dem
Morte chik beziehen.
Beine Entwicklung ist konsequent und gerad-
linig vorgeschritten, ohne Um- und Irrwege. Er
hat von Anfang an gewußt was er wollte; nie
hat er seine Branche oder sein Gebiet in der Kunst
zu suchen brauchen. Die Zeichnungen, welche er

als Kind anfertigte, zeigten seine große Vorliebe
für die Thierwelt. Als er in ganz jungen Jahren*)
in die Stockholmer Kunstakademie als Schüler ein-
trat, erregte er unter den Mitschülern Aufmerk-
samkeit durch sein Talent die Vögel im Fluge,
die Vierfüßler in Bewegung zu zeichnen. Die
Antike zu zeichnen war seine Sache nicht; er zeichnete
lieber Jäger, Füchse, Enten oder Straßenbuben,
Hunde und Katzen. Als er sich an den Sommer-
übungen in der Abtheilung für Landschaftsmalerei
betheiligte, stellte er, ohne um Erlaubniß zu bitten,
seine Staffelei vor Motiven auf, an welchen weder
der Hrofessor noch seine Gefährten damals etwas
besonders Schönes oder Malenswerthes entdecken
konnten. Mir malten idyllische Ufermotive, spiegel-
klare Seen, Eichenwälder und Birkenhölze, Liljefors
dagegen saß auf einem Hügel und malte Tannen-
wälder und Steinhaufen. Er suchte das Karge,
Aermliche auf, welches ihn an seine Heimath er-
innerte.
Als er Bilder zu malen anfing, belebte er
die Mald- und Steinhaufenmotive, die er nach
der Natur studirte, durch Füchse, Hunde und Wald-
vögel. Ich kann mich noch erinnern, wie ärger-
lich er wurde, als ein zu der Zeit populärer Maler
ihm rieth, ein angenehmeres, anziehenderes Milieu
für seine Thierseenen zu wählen, z. B. hohe Birken
im Vordergrund, blaues Master mit einer abge-
tönten Bergkette im Hintergründe, kurz, die Natur
so anzuordnen, wie das Hublikum gewohnt war
sie auf Landschaften zu sehen.
Er blieb nicht lange an der Akademie und
wurde nie zu den Vielversprechenden unter den
Schülern gerechnet. Keine Ermunterung wurde
ihm von Seiten des Vorstandes zu Theil. Im
Gegentheil, man strich ihn aus der Liste (im Früh-
jahr (882) und verweigerte ihm die Erlaubniß,
seine Arbeiten auf der Schülerausstellung der
Akademie im selben Jahre auszustellen. Er ging
in Folge dessen seinen eigenen Meg, malte so gut
wie er konnte ohne Lehrer, erregte einige Auf-
merksamkeit durch kleine Bilder, die gute Anlagen
aber noch Schwäche in der malerischen Ausdrucks-
weise verriethen, und mehr noch durch die Zeich-
nungen aus der Thierwelt und die Karrikaturen
aus dem Iagdleben, welche er in vielen illustrirten
Zeitungen veröffentlichte.
Ferner machte er eine Reise nach dem Aus-
lande, hielt sich eine kurze Zeit in Düsseldorf und
Oberbayern auf, besuchte Haris einige Male, aber
fühlte sich entschieden wohler in der Heimath, wo
er seine Zeit zwischen Stockholm und Kvarnbo
(sein Heim in der Nähe von Upsala) theilen
konnte*^).
ch Liljefors ist im Jahre ;860 geboren.
Ich benutze die Gelegenheit, einige fehlerhafte
Angaben über Liljefors in R. Muther's „Geschichte der
Malerei im XIX. Jahrhundert", T. I Seite 29-1 zu berichtigen.
Ls ist ein Irthum, daß Liljefors meistens die ärmliche
„lappländische Alltagsnatur" gesucht, und daß er in
einem weltentrückten Dorfe des nördlichen Schweden sich
zurückgezogen hätte. Sein Heim liegt einige Kilometer
von Upsala, also im Herzen des mittleren Schweden und
 
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