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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 20
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Nordensvan, Georg: Anders L. Zorn, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0353

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Ur. 20

tz,r4 Vie A u n st - a l l e

307

Anders L. ^orn.
Von Georg Nordensvan, Stockholm.

II.
<H^is (887 kannte inan, daheiin wie im dlusland,
(ZD Zorn nur als Aquarellisten. Damals erhielt
der pariser „Salon" von ihn: das Oelgemälde
„Lin Fischer", welches der französische Staat für das
Luxembourg-Museum erwarb. Ls ist ein köstliches
Stimmungsbild von La Manche, die Stimmung
jener Abendstunde, da die hereingebrochene Dämme-
rung noch nicht das Farbenspiel der stickenden Sonne
verhüllt. Das letztens schon erwähnte „Draußen"
(Museum zu Göteborg), ebenfalls ein Oelbild, und
gleichzeitig im „Salon" ausgestellt, mit reizenden
Bildnißfiguren junger Damen und blinder, verschaffte
ihm an der Seine, wo er jetzt in der Regel lebt,
einen guten Namen. Lr war dort noch durchaus
ein bomo novo8. Albert Molff nannte den noch
nicht dreißigjährigen blünstler einen Lroherer aus
blarls XII. Land; und einer der pariser
Kritiker, die seine Malweise „unruhig", seine Zeich-
nung „irritirend summarisch" nannten, fand ihn
trotzdem „unendlich delikat" (Paul Mantz), indem er
die neue „Note" konstatirte, die Zorn in die Frei-
luftmalerei eingeführt. Nach seinen ferneren Proben
aus den Zähren (888 und (889 orakelten freilich
manche dieser blunstrichter, daß seine hochgetriebene
Virtuosität einer weiteren künstlerischen Steigerung
nun nicht mehr fähig sei.
Möglich, daß nicht alle seine späteren Werke
die gleiche Naturfrische athmen. Zum Glück rechnet
er keineswegs zu jenen Künstlern, die auf ihren
frühzeitig erworbenen Lorbeeren ausruhen. Uner-
müdlich fuhr er fort, sich neue künstlerisch-technische
Probleme zu stellen, deren Lösung ihm Lust und
Freude bereiteten. Lin auf die vorjährige Inter-
nationale Ausstellung in Berlin gegebenes merk-
würdiges Gemälde „Lin Toast" zeigte uns einen
Redner, der in Stockholm als Mann der Wissen-
schaft wie als geistvoller Redner volksthümlich ist,
der nach Mitternacht im gaslichtschimmernden Saale
jprach, als gleichzeitig die Sonne aufging, wie dies
bekanntlich zur Sommerszeit im Norden sehr früh
geschieht. Zn einein andern Bilde, einem Interieur,
iah man die Reflexe des Gaslichtes auf einem
nassen blanken Fußboden und den Gestalten zweier
Arbeiterfrauen, wenn er uns ferner in das Innere
eines pariser Omnibus führt, so geschieht es nicht
etwa, um für die verschiedenartigen Menschentxpen
zu interefiiren, sondern um die elektrische Beleuchtung
der Boulevards, das wechselnde Spiel von Licht
und Schattei: an den Insassen des wagens zum
Ausdruck zu bringen. Lndlich nennt er ein sehr
feines Stück Malerei, eine echte Luft- und Lichtstudie,
„pariser Nachtbild", das ebenfalls von der Berliner

Internationalen (896 bekannt ist, (jetzt in der Fürsten-
bergschen Gallerte zu Göteborg); man sah eine Dame
der palbwelt in prunkendes Roth gekleidet, von
Licht umflossen, das die elektrischen Birnen zwischen
den Bäumen eines Boulevards und im Hintergrund
das erleuchtete Fenster eines Lafös spendete:: . . . .
pierbei wolle:: wir hinzufügen, daß sich ein vor-
treffliches Selbstporträt des Meisters aus letzter Zeit
in der Gallerte der Uffizien zu Florenz befindet; ein
zweites Selbstporträt, das ihn in weißer Arbeits-
blouse vorführt, während in: Hintergründe ein weib-
liches Modell mit aufgelösten: reiche:: paar steht,
enthielt in: vorigen Jahr der Salon Lbnmp cle
iUarZ.
Zorn malt nur die Motive, die ihn künstlerisch
reizen, und seinen Arbeiten sieht nun: das Vergnügen
des Meisters förmlich an. Dies gilt auch für die
Genrebilder, die sich auf seine schlichte schwedische
peimat Dalarne beziehe:: und in gewissen:: Sinne
Pendants zu den Pariser Nachtbildern sind. Sie
wirken einfach, naturfrisch und voll Charakter. Da
sieht nun: eine robuste Dirne, ein Boot in: spiegel-
klare:: Wasser an: Sommermorgen lenkend; da ist
die Morgentoilette eines jungen Mädchens; der (zur
Zeit noch unvollendete) Tanz auf den: pofe in:
pochsonnner zur dämmerigen Abendstunde. Da sind
jene alten Motive Zorns, die uns Weiber nnd
Männer an Pochsommerabenden in: festlichen Zuge
zum Tanz, der Spielmann vorauf, vorführen. Pier-
Her gehört auch die „Kirchweih" von: vorigen Jahre
(Berliner Internationale (896), nut der für Zorn
nicht wieder gemalten Staffage eines Platzes. Rian
sieht Bauern mit Karren und Fuhren geschäftig nach
den: Markte ziehen. Vorn, halb von: hohen Grase
versteckt, liegt ein Betrunkener, seinen Rausch aus-
schlafend, während die beneidenswertste Gattin ge-
treu bei ihn: wache hält und traurig, aber geduldig
des Lrwachens ihres Perri: und Gebieters harrt.
Die Reproduktion eines solchen Bildes verdiente die
weiteste Verbreitung als Prämienblatt oder als
Wandschmuck in Volksschulen.
Zorn ist als Künstler entschieden Kosmopolit.
Ueberall, wohin er kommt, findet und inalt er Mo-
tive, die ihn interessiren. Jetzt ist er zum zweiten
Riale in Amerika. Aber als Mensch weist der
Kompaß seiner Lmpfindung stets nach seinen: Vater-
land, seiner peimat. Lr hat sich niemals ganz los-
gerissen von dem stillen Lrdenwinkel, wo er als
armer Knabe die Schafe gehütet und wo die ersten
Anfänge seiner technischen Beschäftigung sich kund
gaben. Nirgends merkt man seiner Arbeit eine
solche Ursprünglichkeit und Jugendlichkeit der Auf-
fassung an, wie bei den Schilderungen seines peimats-
volkes, das er bis ins Innerste kennen gelernt hat, und
nut welchen er sich blutsverwandt fühlt. Deshalb
denkt man auch grade bei seinen Dalarner Motiven
weniger an sein Virtuosenthum, als an ganz andere
 
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