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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 17
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Dix, Arthur: Leipziger Ausstellungsbrief
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Berger, Rud.: Münchener Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0306

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266

Oie Au n st- a l l e

Nr.

rade das für Leipzig so außerordentlich wichtige Buch-
gewerbe legt zwar ein großartiges technisches Rönnen
im alten Geleise an den Tag, aber unendlich wenig
Kraftprobe in den neuen Ausgaben, die ihm immer
wuchtiger entgegentreten. Das deutsche Buchgewerbe muß
noch eine sehr viel engere Fühlnng mit der Runst suchen,
wenn es ans der Höhe der Zeit stehen und Erzeugnisse
deutschen Geistes auch äußerlich würdig vertreten will.
Arthur Dix.

Müncdener Ikunstscdau.
Das deutsche Recht hat sich in seinen neuesten Kodi-
fikationen mächtig aus den Banden des römischen Gesetz-
gebungswerkes emporgerungen und ist auch in seiner-
letzten Manifestation, dein bürgerlichen Gesetzbuchs, aus
germanische Rechtsanschauung zurückgegangen, soweit dies
thunlich erschien, war es nun ein Spiel des Zufalls
oder eine geistreiche Wendung des Erbauers des neuen
Justizpalastes, dessen Vollendung in diesen Tagen ge-
feiert wurde: auch er symbolisirt in den äußeren Formen
des Baues ein analoges Bestreben. Wie das große Gesetz-
gebungswerk an den Formen des römischen Rechtes ge-
rüttelt hat, so hat auch Prof. Thiersch mit dem strengen
Klassizismus gebrochen, und dieser — einst der Grund-
stein des Kunstruhmes Münchens — scheint nun definitiv
überwunden zu sein. And wie das bürgerliche Gesetz-
buch deutschrechtliche Einflüsse aufweist, lassen sich auch an
dem monumentalen Baue in der prielmayerstraße stärkere
Einflüsse nationaler Architekten und Architekturwerke er-
kennen.
Interessant ist es zn beobachten nnd zu vergleichen, in
welchen: Maßstabe die verschiedenen Kunstzweige an der
Entstehung des neuen Juftizpalastes betheiligt gewesen
sind. Zunächst die Arbeit des Baumeisters. Er hat
im Allgemeinen seine Ausgabe erfolgreich gelöst, die
dem Werke entgegenstehenden finanziellen, künst-
lerischen nnd Terrainschwierigkeiten überwunden und
hinter der äußeren Hoch-Barockform zweckentsprechende
Räume geschaffen. Aus allgemeine Anerkennung wird
der Erbauer sreilicb wohl kaum rechnen; denn vielleicht
in keiner anderen deutschen Stadt stehen sich die Kunstan-
schauungen der Architekten, in Theorie und Praxis, so
schroff gegenüber wie in München. In großem Maßstabe
ist ferner das Kunstgewerbe an der Ausgestaltung des
neuen Justizpalastes betheiligt gewesen. Wenngleich die
Einheit des Baustiles auch die kunstgewerbliche Innen-
dekoration beeinflußte, so zeigt sich doch, dank der jüngsten
Bewegung, in der Verwendung neuer Motive im orna-
mentalen Schmucke von der Deckenvertäselung bis zu den
Thürbeschlägen und -Griffen ein freier künstlerischer Zug
bei guter technischer Ausführung. Der Bibliotheksaal, die
Flachkuppelgewölbe des Korridors im dritten und die
Ausschmückung des zweiten Stockwerkes enthalten dafür
reiche Belege.
Stark in den Hintergrund treten dagegen die Malerei
und die höhere Plastik. Daß der ersteren kein allzu
weiter Spielraum zur Verfügung gestellt werden konnte,

wird schließlich Niemand verwundert haben. Der bureau-
kratische Ernst eines Gerichtsgebäudes läßt sich nur schwer
mit den Farben der lebensfrohen Malerei vereinigen.
Doch hätte immerhin ein bischen Mehr noch lange kein
Zuviel ergeben. Außer zwei Porträts des Prinzregenten
— eines im Grdenskleide der Georgi-Ritter von Fr. A.
v. Kaulbach — und Malereien im Schwurgerichtssaale und
an vereinzelten Orten ist nur wenig Derartiges zu sehen.
Daß aber der Plastik nur ein ganz engbegrenztes Feld
zugewiesen wurde, während doch dieser monumentale
Bau dazu gradezu heraussorderte, befremdet auch jetzt
noch immer, da die Leidensgeschichte des für diesen Zweck
nicht bewilligten Ltatspostens längst der bayerischen
Landtagsgeschichte angehört, was an Skulpturen hier
vorhanden ist — meist Allegorien an der Außenseite des
Justizpalastes — hat man fast ausnahmslos dem Geschick
des genialen Baumeisters zu verdanken, der aus eigene
Faust durch kluge Einsparung aus anderer Seite dazu die
Möglichkeit geschaffen hat.
Der Tag der festlichen Einweihung des neuen Justiz-
palastes vereinigte Juristen und Künstler um das könig-
liche Haus und gab Veranlassung zu mannigfaltigem
Meinungsaustausch über die künstlerische und architektonische
Ausgestaltung der neuen Bauschöpsung.
5

Ikunstcdromk.
* Berlin. Für die Siegesallee hat Bildhauer-
Ad. Brütt vom Kaiser den Auftrag erhalten, das Stand-
bild des Kurfürsten Ottos des Faulen (ZZSS bis tZ75) aus-
zuführen, des dritten und letzten Markgrafen von Bran-
denburg aus dein Wittelsbacher Hause. Die Gestalt Gttos
wird begleitet sein von den Büsten Thilos von Brügge
nnd Thilos von Wardenberg. — Für die neue Pots-
damer-Brücke ist eine der projektirten drei Statuen,
die vonH e lm h o ltz, anden Bildhauer M.Rlein zurAusfüh-
rung gegeben worden. — Zur plastischen Ausschmückung
des Giebelfeldes an der Front der katholischen St. Hed-
wigs kirche hat der preußische Kultusminister aus dein
Kunstfonds 2^000 Mk. bewilligt. Nikolaus Geiger
wird sowohl dieses bisher nur roh angedeutet gewesene
Hochrelief, wie auch zwei benachbarte Heiligenstatuen auf
Kosten der Kirchen-Gemeinde ausführen.
* Berlin. Bei Schulte hat, ungeachtet der Großen
Knnstausstellung, ein wechsel der Kunstwerke stattgefundcm
der nicht übergangen werden darf. Zum Werthvollsten
in dieser Sammlung gehören die Landschaften des Ahrens-
hoopers Paul Müller-Kaempf, einige herbstlich ge-
stimmte Waldausschnitte von intensivem Reiz, so das
„Thauwetter im Walde". Feines Naturstudium und
Frische zeigt auch die „Wintersonne in den Dünen". Die
von F. Stuck gezeichneten Originale zu dem Werk „Alle-
gorien und Embleme", die schon anderwärts ausgestellt
waren, sehen wir in Berlin zum ersten Male. Anter den
Werken der alten Größen ragt besonders ein Oswald
Achenbach, „Rheinthal bei Ragaz" durch effektvolle
Malerei und Größe der Naturanschauung hervor; Ernst
Zimmermann's zahlreiche Rothwildstudien, in Oel ge-
malt, sind sorgfältig, wirken aber allzu trocken. Unter den
Pastell-Bildnissen von Kindern, die M. B. Friedländer
schickte, findet sich manche gelungene Arbeit. Einen neuen
Portraitisten lernten wir in Franz Th. würbe! kennen;
er malte eine junge Dame im bunten Kostüm der Nor-
man die mit tüchtigem Können, gewissenhaft, aber doch
nur mit photographischem Effekt.
* VII. Internat: ona le Kunstaus stellung Mün-
chen s897. Trotzdem noch mancherlei Detailarbeit im
 
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