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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 2
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Imhof, Franz: Ein neues Berliner Theater und sein Bauherr
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Galland, Georg: Ein Werk der Photographischen Gesellschaft in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0034

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Die Kunst-Palle.

Nr. 2

Lediglich von den Stoffen und Farben der Wand-
bekleidung geht alle Wirkung aus. Allein der par-
quet-Aorridor besitzt kräftige Farbentöne, zur Hälfte
braungebeizte, mit farbigen Wappen belebte Wand-
vertäfelung, zur pälfte rothe Stofftapete mit großen
Goldmustern und darüber buntfarbige Blüthen-
Kassetten zur Aufnahme elektrischer Glasbirnen. Im
obern gewölbten Pauptfoyer, wie im daranstoßenden
Korridor, bildet, außer dem Spiegelglas, weißer,
leuchtender Stuckmarmor die monotone Wandbeklei-
dung, nur die Kassetten im Korridor sind gelbe
Bronoe. Der gewaltige Zuschauerraum für s800
Plätze ist auf die drei Farben hellbraun, Gold und
Silber gestimmt. Zn dem viereckigen Saale steigen
drei Neihen freischwebender Balkone, deren Brüstungen
durchgehend strahlenförmig gerippt sind, in die pöbe.
Neber der Bühne und den beiden prosceniumslogen
erheben sich mächtige, effektvoll drapirte Baldachine;
Karyatiden und Atlanten, von G. Tb erlern ino-
dellirt, tragen hier die Logenbrüstungen. Line figuren-
reiche und farbenschöne Deckenmalerei in kühner
Perspektive von Permann Katsch, unter Beihülfe
von Perwarth, ausgeführt, ist an sich eine im Geiste
Tiepolos geschaffene, recht brave Leistung. Nur möchte
man lieber diese festlich heitere Allegorie der Berliner
Kunst, die aus dem Brandenburger Thor gen Thar-
lottenburg zieht, nicht in so schwindelnder pöhe,
sondern vor sich sehen (vgl. die Illustration dieser
Nr.). Und so setzt sich auch im Innern des pauses
Alles aus recht Gelungenen: und theilweise ver-
fehltem zusammen.
Ohne Zweifel würde selbst der strenge Kritiker,
der den: Eindruck des künstlerisch veredelten Kom-
forts, der lebensfrohen: That eines hochbegabten, aber
oft irrenden Weisters sich zugänglich fühlt, den hier
vorhandenen Wängeln nicht so offenen Widerspruch
entgegensetzen, wenn der ruhmsüchtige Bauherr dieser
Schöpfung seinen künstlerischen Prätentionen einen
minder herausfordernden Ausdruck gegeben hätte.
M
E
Ein Werk der Photographischen
Gesellschaft in Berlin.

ie Photographie scheint in ihren höchsten Leistungen
heute als ein Nebenfach des Kunstschaffens gelten zu
walleu. Darüber wirb sich ganz besonders derjenige klar,
der jetzt in Berlin die Internationale Ausstellung für Ama-
teur-Photographie im neuen Reichshause nut verständniß
betrachtet und wahrnimmt: welche Resultate selbst die an
der Vervollkommnung der photographischen Techniken theil-
nehmenden Amateure neuerdings zu erreichen vermögen.
Für die Zwecke der Reproduktion von Kunstwerken der
Malerei ist kann: ein anderes photographisches und mechani-

sches Verfahren so wirkungsvoll und beliebt wie die photo-
gravüre. Die genannte Berliner Gesellschaft hat im Laufe
des letzteu Dezenniums in dieser Rexroduktionsweise eine
Reihe von Musterblättern geschaffen und auf den Kunst-
markt gegeben, die das Entzücken aller Freunde der Kunst
hervorriefen. Sie hat sich diese nach und nach gewonnene
Meisterschaft zu nutze gemacht bei Perausgabe photographi-
scher Nachbildungen hervorragender Malereien einzelner
Gemälde-Gallerien, z. B. der schönen Rembrandt's der
Kasseler und der Berliner Gallerte, von Blättern, deren
gelblich getöntes chinesisches Papiermaterial den Drucken
sehr zu statten kommt.
Ihre jüngste Aufgabe fand sie in den Reproduktionen
der Pauptschätze der kaiserlichen Sammlung der Eremitage
zu St. Petersburg. Dies umfassende Werk ist aber noch
nicht vollständig, es sind bis jetzt ca. so Photogravüren er-
schienen. Das Ganze wird ein von Prof, von Tschudi
geschriebener Text beschließen, der die kunstgeschichtliche Be-
deutung jedes der Bilder darlegen und eine kurze Geschichte
der berühmten Gemäldc-Gallerie enthalten wird. Nicht jeder
Freund der alten Malerschulen und Meister ist ja in der
Lage nach Petersburg reisen zu können und nicht Jeder
weiß Genaueres über diese Sammlung, die — ein echt
kaiserliches Institut — reich ist an herrlichen Originalen
von Rembrandt, van Dyck, Murillo, aber auch von Rubens
und Raffael.
Die Geschichte dieser kunsthistorisch so bedeutsamen, bis
in die Gegenwart unausgesetzt erweiterten Sammlung, geht
bis auf die Tage der Kaiserin Katharina II. zurück. Drei
bedeutende Sammlungen wurden unter ihrer Regierung er-
worben, t76st die Sammlung des Grafen Brühl, ersten
Ministers des polnischen Königs August II., in welcher sich
herrliche Bilder, u. a. „Perseus und Andromeda" von Ru-
bens, der „Prinz von Nassau-Oranien" von A. van Dyck
und zwei Ruisdaels befanden. Im Jahre erwarb man
die Sammlung Erozat des Baron Thiers in Paris, welche
der Eremitage noch werthvollere Gemälde zuführte als die
Brühl'sche, darunter die „Madonna mit dem Joseph ohne
Bart" von Raffael, den „heiligen Georg" von Raffael,
mehrere van Dycks und von Rembrandt u. a. die sogen.
„Danae" und die „heilige Familie". Im Jahre t"9 wurde
für Zsooo K die Sammlung des Lord Walpole gekauft,
in welcher sich mehrere Rubens, darunter das Porträt der
„pelcne Fourment", van Dyck's „Madonna mit den Reb-
hühnern", Murillo's „pimmelfahrt der Maria" und Rem-
brandt's „ Opfer Abrahain's"befanden. Außer all diesen llkeister-
werken wurden aber auch andere Pauptwerke, wie Murillo's
schönes Bild „Die Ruhe auf der Flucht nach Egypten", Rem-
brandt's „Abraham mit den drei Engeln" und Rembrandt's
„Saskia" in der Regierungszeit der Kaiserin Katharina er-
worben. Unter der Regierung ihrer Nachfolger war zunächst das
Jahr ;8;5 unter der Regierung Alexanders I. eines der
glücklichsten für die Entwickelung und Vergrößerung der
Eremitage - Sammlung. 38 hervorragende Bilder wurden
für 9-xoooo Francs aus dein Museum der Kaiserin Ioscphine-
Malmaison erstanden; viele dich er Gemälde gehörten früher
der Sammlung des Landgrafen von pesten-Kastel an und
waren im Jahre M6 von den Franzosen nach Frankreich
gebracht. Ls befindet sich in dieser Sammlung Rembrandt's
großartige „Kreuzabnahme", ferner kleine Meisterstücke der
niederländischen Schule, wie Terborch's „Glas Limonade".
Im Jahre ;836 wurde unter Nikolaus I. Raffael's be-
 
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