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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 23
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Hansen, Fritz: Kopenhagen: Die Intern. Kunstausstellung "Ny Carlsberg Glyptothek", [1]
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Stahl, Fritz: Berlin: Grosse Kunstausstellung, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0412

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T>: e K u n st - p a l l e

cr.

ein Gesammtbild ausländischen Kunstschaffens vor-
zuführen, war es nicht absolut nothwendig, nur neue
Kunstwerke heranzuziehen; die Mehrzahl der aus-
gestellten Arbeiten war schon in Münchener, Berliner
und pariser Ausstellungen zu sehen. Aber die Aus-
wahl ist im Allgemeinen eine gute und manche
Gemälde wirken hier so viel besser, daß man einen
ganz anderen Lindruck davon bekommt, und die
Ausstellung auch für den nicht an Interesse verliert,
der die internationalen Ausstellungen der letzten Jahre
durchwandert hat.
Ls sind fast durchweg bekannte Namen, die uns
in der deutschen Abtheilung entgegentreten, und da
auch viele von den Kunstwerken unfern Lesern nicht
fremd sein dürften, so macht sich ein näheres Ein-
gehen theilweise überflüssig. — Die alte und die neue
Richtung finden wir hier friedlich vereinigt; der lange
verpönt gewesene „hraune Gallerieton" zeigt sich
gleichberechtigt neben den Luft- und Farbenstudien
der jüngeren Richtung. Mar Liebermann hat
drei bekannte Gelgemälde und eine Anzahl Zeich-
nungen und Nadirungen geschickt. Auch Malter
Leistikow, bsans Looschen, Dettmanu und
andere finden wir in: selben Saale neben A. v. Werner.
Der streitbare Berliner Akademie-Direktor hat eine
Skizze seines Bildes „Die festliche Lröffnung des
deutschen Reichstages" geschickt. — Die Karlsruher,
welche in letzter Zeit die Aufmerksamkeit auf sich
lenkten, sind durch drei der besteu Namen Prof.
Kalckreuth, Prof. Kallmorgen und bsans v.
Volkmann vertreten. Unter den Münchenern sind
Defregger, Gussow, Uhde, G. Mar, Ludwig
Dill, Kaulbach und der geistreich-bizarre Th. Th.
Peine zu nennen. Auch La in berg er und Stuck
Habei: jeder ein Portraitbild ausgestellt. Sie alle
werden aber überragt durch Fr. v. Lenbach. Dieser
hat unter de:: fünf Bilderi:, welche auf Staffeleien
plaoirt sind, das Portrait des von den Dänen hoch-
verehrten Björnstjerne Björnson und sein Selbst-
portrait mit den: seiner Tochter ausgestellt. Bon den
Frankfurtern erschiene:: unter Thoma's Führung,
dessen Doppelportrait am meiste:: Beachtung findet,
Steinhaufen und Trübner. Auch die junge
Dresdener Künstlerschaft hat in Max Pietschmann
(„Adam und Lva") ihren Vertreter. Achenbach
und Douzette zeigen ihre bekannten Landschaften,
während von Koner eines seiner weniger gute::
Kaiserbilder und das vorzügliche Fortran des Prof.
Brausewetter zu sehen sind.
Nennen wir zun: Schluß noch unsere Thiermaler
Mexerheim und Frenzel, so ist die Liste der be-
kanntesten hier vertretenen deutschen Künstler erschöpft.
Wohl giebt es noch eine ganze Reihe guter Bilder,
zumeist Geiwestücke und Landschaften, die geeignet
sind, der fremde:: Nation das Bild deutschen Kunst-
schaffens zu vervollständigen — aber eine Aufzählung
aller dieser Arbeiten würde für unsere Leser ohne
Interesse sein, ganz abgesehen davon, daß der zur Ver-
fügung stehende Raun: es nicht zuläßt, hier näher
darauf einzugehen.


kerlin:
Grosse
von Fritz Stahl.

IV.
NH m Saal fO machen wir die Bekanntschaft eines
neuen Mannes, der nach den hier ausgestellten
Proben unter die ersten deutsche:: Landschaften zu
stellen ist. Der Katalog giebt als Wohnort Alexander
Koester's Klausen in Tirol an. Und die Bilder
zeigen, daß wir es nicht mit einem jener Berg-
spezialisten zu thui: haben, die im Sommer dort ein
paar Wochen Herummalen und im Winter aus den
Studie:: Bilder fabriziren, sondern daß Koester in der
Pochgebirgswelt heimisch ist und in ihre Wunder
wohl von Kindheit an mit liebender Seele sich ver-
senkt hat. Bei aller Verschiedenheit der Motive,
man könnte fast von einem Gegensatz sprechen, er-
innert seine Anschauungsweise an die Worpsweder
in ihrer Ehrlichkeit und Tiefe. Der Karersee, ein
Gletschersee mit einer märchenhaft schönen Farben-
skala in Blau und Grün, würde noch besser wirken,
wenn er nicht, wie alle feiner gemeinten Bilder hier,
durch die Nachbarschaft der üblichen Wandmalereien
in Gel geschädigt würde. Anspruchsloser als Bild
aber vielleicht noch stärker als Stimmung ist das
Stück Pochwald, ein dunkler Tann mit silbergrauen
Stämmen, das wir in: Saal (6 antreffen.
Der Saal ff enthält eines der interessantesten
Bilder der Ausstellung, den „Flößer" von Franz
Lippisch. Durch die Ebene fließt zwischen wenig
ansteigenden Ufern ein breiter Strom daher. Der
erste fahle Schein des Tages erfüllt die Landschaft
mit unheimlichen: Licht. In der Mitte des Wassers,
seiner Strömung folgend, treiben Menschenleichen,
dicht an einander gedrängt, nur vorn unterscheidbar,
in der Ferne eine einheitliche Masse. Am Anfang
dieses Floßes von Leichnamen steht der Tod; mit
einer langen Ruderstange steuert er die schwimmende
Masse seiner Gpfer in sein Reich. Der ergreifende
Gedanke ist klar ausgesprochen und seine Wirkung
wird durch die koloristische Haltung unterstützt. Und
doch ziehe ich in Bezug auf die Farbe das kleinere
Werk Lippisch's „In's Reich der Sage" vor, das
als Bild von vornherein gedacht ist, während beim
„Flößer" die Farbe mehr erst der Zeichnung nach-
träglich zugefügt erscheint.
In: Saal f2 fällt ein kraftvolles Bildniß eines
Reiters in: rothen Iagdfrack von dem Karlsruher
Junker auf, im Saal f3 ein brillantes Marinestück
von seinem Landsmann Rudolf pellwag.
Die Seitenkoje ff) gehört unser::: famosen Franz
Iüttn er, dessen vollsaftiger pumor in den meist für
die „Luftigen Blätter" gezeichneten Illustrationen
siegreich zu Tage tritt. Zum ersten Male wird auf
einer Berliner Ausstellung den Schwarzweißkünstlern
ihr Recht, pat man wirklich an ihrer Ebenbürtig-
keit gezweifelt? Ich glaube nicht, daß ernsthaft das
Bemalen einer viereckigen Leinwand als die höher
stehende Kunstthätigkeit angesehen werden kann.
Nehme ich z. B. die wunderbare „Mastviehausstellung
in Afrika", so wird es nicht leicht sein, gar zu viele
Bilder zu finden, die künstlerisch diesem Blatt gleich-
 
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