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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 16
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Wie man Oelgemälde reinigt und restaurirt
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Stahl, Fritz: Grosse Berliner Kunstausstellung 1897, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0283

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Nr. (6

»rZ Die Aunst - palle

2fl5

behält, nimmt man mit terpentingetränkter Watte
von der Leinwand alles Gewünschte herunter.
Schließlich läßt man trocknen.
Bei dem Regeneriren, nach pettenkofer,
handelt es sich um Erneuerung des Bindemittels
der Farbkörperchen, wodurch die alte Leuchtfähig-
keit wiederhergestellt wird, Pier läßt man auf das
mit Ropaivabalsam bestrichene Gemälde abermals
jene Alkoholdünste einwirken. Der Balsam (auch
Mischung mit Vaselinöl, Phöbus genannt) durch-
dringt die Poren und erzeugt die alte Frische der
Malerei; er kann natürlich wiederholt aufgetragen
werden. Bei der Operation darf aber die Farbe
nicht aufgelöst werden. Muß man zu einem inten-
siver wirkenden Mittel greifen, so empfiehlt sich
Lhloroform statt Alkohol. Bei diesem Regeneriren
verschwinden meist auch die Nisse fast vollständig,
nicht aber die sog. Sprünge des Bildes. Diese
können durch Bügeln mit einem auf (00° Telsius
erwärmten Bügeleisen, auf der Rückseite der Lein-
wand, wieder geschlossen werden; als Unterlage der
Leinwand dient ein angefeuchtetes Brett oder nasses
Papier.
Zum Ritten der Sprünge gebraucht man
fein gepulverten Schellack, den man in allen Farben
kaufen kann. Auch hierbei wird sorgfältig glatt ge-
bügelt und dann der festgepreßte Schellack durch
Alkoholdämpfe in der bekannten Weise zur Lösung
gebracht, wodurch die Verkittung intensiver bewirkt
wird. Man erwäge für die Farbe des Schellacks
nur, daß er während des Verfahrens etwas nach-
dunkelt. Ist das Gelgemälde durch Blasen ver-
unziert, so entsteht die Aufgabe, zunächst die vom
Schmutz gereinigten Stellen durch das eben berührte
Negenerirv erfahren zu erweichen, um sie dann glatt
zu bügeln.
Zum Ausfüllen abgebröckelter Stellen der
Malerei bedient man sich ebenfalls eines Rittes,
auf dem dann mit Farben gemalt werden kann.
Diesen Ritt bereitet man sich wie folgt: ( Theil
Mastix, ( Theil Terpentinöl; dazu ( Theil Sikkativ
de Lourtrais; hierzu schütte man ein Gemisch von
Bleiweiß (2 Thl.) und Ocker (( Thl.) bis der Brei
dickflüssig wird. Oder aber, man nehme einfach
nasse Schlemmkreide, die man nach dem Trocken-
werden mit Leinöl bestreicht.
Umspannen der alten Malleinwand auf einen
neuen Blendrahmen. Man benutze nur ja die
alten Nägellöcher, damit die Spannungspunkte der
Leinwaich nicht verschoben werden und hierdurch
nicht ein Abspringen der Farbe möglich gemacht
wird. Ist die Leinwand verdorben oder zum Um-
spannen auch sonst nicht geeignet, so muß man eine
neue Leinwand, möglichst von der Art der alten,
darunter leimen. Die frisch geleimte Doppelleinwand
muß unter einer gleichmäßigen Pressung, die auch
durch Bügeln mit einen: heißen Wasserbügeleisen
ersetzt werden kann, trocknen. Nach 2^ Stunden
kann man das Aufspannen der Leinwand nut Vor-
sicht besorgen. Den dünnflüssigen Leim bereitet
man aus bestem Tischlerleim, den man frisch kocht
und vor dem Erkalten mit Leinöl (s:^) und einigen
Tropfen Rarbolsäure vermischt.
Bekanntlich hat man es bei alten Bildern
häufig mit einem polz gründ zu thun, der je nach
dem Stande der Erhaltung zu behandeln ist.
Morsches polz kann durch Tränken mit heißem dünn-
flüssigen Leim weiter konservirt werden. Die
schwierigste Operation ist das Fortnehmen des polzes

und das Umkleben der Malerei auf Leinwand. Um
die Malerei als eine feste Fläche fortnehmen zu
können, muß man ihr auf der Vorderseite einen
provisorischen festen Ueberzug durch Aufkleben von
ungeleimtem Papier (Löschpapier) mit Rleister bis
zur pöhe von 2 Zentimeter geben. Ist der Ueber-
zug gepreßt und trocken, so hobelt man die Holz-
tafel fort und schabt endlich die polzreste bis zum
Rreidegrund des Bildes, der die Malerei trennt,
sehr sorgsam herunter. Nun leimt man die neue
Leinwand in der oben beschriebenen Weise hinten
auf, und wenn alles trocken und fertig ist, löst
inan jenen provisorischen Papierüberzug mit Wasser-
leicht wieder ab.
Soll die Malerei von einer Rupfertafel her-
unter und auf Leinwand gebracht werden, so tritt
an die Stelle des mechanischen Abnehmens des
Materials ein chemischer Prozeß, eure Zersetzung
durch den galvanischen Strom, und es gilt in diesem
Falle zunächst die Farbschicht gegen die dabei zu
verwendende Säure unempfindlich zu machen. Auf
dieses komplizirte Doppelverfahren wollen wir hier
aber nicht näher eingehen, da es uns lediglich darauf
ankam, die einfachsten Methoden der heutigen
Wiederherstellung der Gemälde zu schildern. Zu
ihrer praktischen Anwendung genügen natürlich, dies
brauchen wir unsern Lesern nicht erst ausdrücklich
zu sagen, unsere in kurzen Sätzen gegebenen Rezepte
gewiß nicht für alle Fälle. Uebung und Erfahrung
können allein für den Erfolg bürgen. Und so
schließen wir mit den Worten des Prof. Büttner-
pfänner: „Jedes einzelne Bild will, wie jeder
Patient beim Arzt, individuell behandelt sein. Es
wird daher auch bei den Bildern die Diagnose von
größter Wichtigkeit sein, d. h. zu erkennen was Noch
thut. Dazu gehört Praxis und Erfahrung. Auch
muß bei der Anwendung der Mittel die Wirkung
in der pand des Restaurators liegen, — alle Bäcker
backen ihr Brot nach einem Rezept und doch schmeckt
es so verschieden!"

Grosse
Berliner Kunstausstellung tS97.
Von Fritz Stahl.

I.
E r st e L i n d r ü ck e.
nationale Prinzip, von dem eine Zahl deut-
scher Rünstler das große peil erwartet, ist für
diese Ausstellung durchgeführt. Vielleicht ist sie strenger
national, beinahe ja lokal, als es den perren selbst
lieb ist. Die Werke von Ausländern sind leicht und
schnell zu zählen. Das giebt die Lehre, daß Berlin
noch nicht so sehr Kunststadt ist, daß die Fremden sich
ohne Aufforderung zu betheiligen genöthigt sind. Es
wird also der siegreichen Partei leicht werden, von
Berlin wiederum die Bewegungen und Bestrebungen,
die in den andern Runstzentren herrschen, fernzu-
halten. Ich finde das bedauerlich. Es müßte denn
gerade wirklich bei uns eine eigenartige Runst, ein
eigenes reges Leben sich entwickeln: in dieser Aus-
stellung sind keine Anzeichen davon zu erblicken.
 
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