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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Stimmen der Zeit
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—->-^z Die Kunst-Palle. g>-<^

Nv. i

und das Thier eben parirt. Sein durchgeistigtes Gesicht
mit dem kühl-berechnenden Ausdruck und den klugen Augen
ist von dem Künstler vortrefflich wiedergegeben worden. Im
Gegensätze zu der überlegenen Ruhe, die aus diesem Bilde
spricht, wirkt das Reiterbild des Großen Kurfürsten
ungemein lebensvoll und charakterisirt in vortrefflicher Weise
den unerschrockenen Draufgänger in der Schlacht bei Fehr-
bellin. Der große Kurfürst reitet ein schweres Streitroß,
das er soeben zügelt, und giebt mit gezogenem Degen den
Befehl zur Attake. Aus dem charakteristischen Gesicht blitzt
Kampfesmuth und Energie und im Hintergründe setzen sich
die brandenburgischen Reiterschwadronen in Bewegung. Der
Kurfürst trägt Helles Lederkoller und eine schwarze Rüstung.
Links erblickt man den etwas entfernt reitenden Feldmarschall
Derfflinger und Stallmeister Froben. Wie bereits bemerkt,
zeigt das dritte Bild Kaiser Wilhelm II. und zwar in
dem Moment, als er sich zur Parade an die Spitze der
Gardekürassiere setzt. Er trägt den Adlerhelm und einen
schwarzen Küraß, über dein man das orangefarbene Band
des schwarzen Adlerordens bemerkt. Der Kaiser ist ebenfalls
vortrefflich wiedergegeben und reitet einen prächtigen Rappen.
Ämter ihm erblickt man den Rittmeister Prinz Albrecht von
Holstein, den Kommandeur der Leibschwadron. (B. L.-Anz.)
* Kaiser Wilhelm erwarb das große Gemälde des
Kapitäns Af Sillen „Flottenparade bei Eröffnung des
Kaiser Wilhelm-Kanals". Der Kaiser besitzt bereits ein
anderes Marinegemälde des genannten Künstlers.
S
Ausstellungen.
* Berlin. Der Kunstsalon von Schulte hat zuerst
(am 27. September) die perbstsaison mit einer Ausstellung
eröffnet, auf die wir noch in nächster Nr. zurückkommen
werden. Im Vordergründe des Interesses stehen folgende
Werke: Arnold Böcklin, „Frühlingshymne," „Adam
nnd Gottvater;" Gabriel Max, „Segen der Weinberge;"
L. Alma-Tadema, „Ille Lolissum;" Franz Kirchbach,
Bilder, Porträts, Studien.
* Das Kunstgewerbe-Museum in Berlin hat aus
seinen reichen Beständen alter, textilgeschichtlich werthvoller
Webstoffe eine Ausstellung zusammengesetzt, die für den
Fachmann wie für den kunstgebildeten Laien viel des An-
regenden enthält. Dem Älter nach beginnen diese Gewebe
mit den ägyptischen Gräberfunden, also mit Todtengewän-
dern. Dann folgen persische Arbeiten aus der Saffaniden-
zeit in verschiedenen Techniken. Am reichsten vertreten aber
sind die Epochen des Mittelalters; zumal Grient und Italien
zeigen in dem hier vorhandenen Material eminente Geschick-
lichkeit in technischer Beziehung, verbunden mit einem fein-
entwickelten Grschmack in der textilen Ornamentik.
* Dresden. Im Kgl. Kunstgewerbemuseum ist gegen-
wärtig eine kleine sehr interessante Sonderausstellung von
Bucheinbänden aus der Zeit des Kurfürsten August ver-
anstaltet. — In G utbier's Kunstsalon endigt die Sommer-
saison mit einer Sonderausstellung von Bildern der Frau per-
mine von Preuschen. Es sind meist größere, farben-
satte, virtuos arrangirte, sehr auf den dekorativen Effekt
hin gemalte Stillleben, an denen eigentlich nur die ge-
wählten Bezeichnungen: „An der Pforte der Zukunft",
„Asrael", „Lroe Baeeche", „Lebensräthsel" u. dgl., unge-
wöhnlich erscheinen. — Jin Stadtmuseum wurde ein
Ludwig Richter-Zimmer kürzlich eröffnet.
* Köln. Gelegentlich des ;oo jährigen Bestehens der
Lithographie haben die hiesigen lithographischen An-
stalten eine sehenswerthe Fachausstellung zu Stande ge-
bracht.
* paag. Im Stadtmuseum bietet die Konstantin
6 uygens-Ausstellung auch künstlerisch viel Ausbeute.
Man sieht dort nämlich u. a. eine beträchtliche Anzahl ge-
malter, gestochener und radirter Bildnisse von puygens wie
von seinen berühmten Zeitgenossen, Werke von w. Ikz.
Delff, Pontius, vorsterman, Blooteling u. in. a. Künstlern
des t". Jahrhunderts. Auch das vorhandene topographische
Material verdient Beachtung. — Die Vereinigung
st Inänstrias" hatte zwischen dem t6. und 30. Sept,
eine Ausstellung von Skizzen und Entwürfen des bekannten

Architekten p. I. 6. Tuypers, besonders feiner Zeich-
nungen zum Reichsmuseum und zum Bahnhof in Amster-
dam, eröffnet.
* In Sassari auf Sardinien fand unlängst die Er-
öffnung der I. Sardinischen Kunstausstellung statt; nur die
Malerei ist gut vertreten.
Stimmen der Zeit.
* Der Pariser Maler I. F. Raffaelli richtet an das
„B. Tagbl.", das die so auffällige Umgehung der Pariser
Künstler, eines Boldini, Raffaelli u. a., bei der Medaillen-
verleihung in Berlin kürzlich kommentirte, ein Schreiben
aus Toledo, wo er sich gerade zu Studienzwecken aushält.
Er bemerkt, daß ihn die Nichtachtung der Berliner Jury
um so weniger schmerze, als er selber als Mitglied der
Ausstellung Thamp de Mars gegen diese Art von Aus-
zeichnungen gestimmt habe, obwohl genannte Vereinigung
besonders den Fremden gegenüber an Pochschätzung anderer
Art es gewiß nicht fehlen lasse. Einen seltsamen Eindruck
mache es nur, wenn man der französischen Kunst durch
die Auszeichnung von Nichtfranzosen, die wie L. Stewart,
Walter Gay, pitchcock, Rieardo de los Rios, Fritz Thaulow
in Paris studirt, zu huldigen für richtig finde.
* Berliner Kunstgewerbe. Eine Besprechung der
Zimmerausstattungen auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung
schließt G. B. in der „Voss. Ztg." mit folgenden Sätzen:
„Die jetzige Stilfexerei und dazu die Verhimmelung des eng-
lischen Geschmackes bringen uns nicht weiter. Wir haben
allen Grund darüber zu klagen, daß unser deutsches paus
zum Tummelplatz der wildesten Stilorgien gemacht und ihm
sein ureigenstes Wesen genommen wird, was uns Noth
thut, ist Einfachheit, gesundes Denken, scharfe Berücksichti-
gung von Material, Technik und Zweck, Abweisung jeg-
lichen falschen Scheines. Unsere Frauen gehören nicht der
palbwelt an, die ein Lotterleben führt und für die raffi-
nirtesten Interieurs schwärmt, und wir Männer wandeln
nicht auf der Bühne, wo der Bombast und falsche Pomp
herrscht. Lassen wir doch in solcher Ausstellung nicht Ko-
mödie spielen, sondern führen wir vor, was wirklich volks-
thümlich, was gut, gediegen und echt ist, und was vor
allem dem deutschen Wesen in seiner tüchtigen modernen
Eigenart entspricht. Das ist das beste Kunstgewerbe, das
keine Schranke zwischen Luxus- und schlichten Familien-
möbeln kennt, sondern einfach darauf bedacht ist, jegliches
Ding, und sei es auch das einfachste und unbedeutendste,
durch die Schönheit zu edeln." Wir haben uns früher schon
in einem ganz ähnlichen Sinne über diese Zustände ge-
äußert.
* Auf dem in voriger Woche stattgehabten Inter-
nationalen Frauen-Kongreß in Berlin, einem der
wortreichsten Kongresse überhaupt, hielt die bekannte Malerin
Frau Permine von Preuschen einen Vortrag über
„Das Kunststudium der Frau". Die Dame schilderte,
wie viele Schwierigkeiten einer Frau entgegenstehen, wenn
sie Malerin werden will. Es fehle noch durchaus an einer
nicht allzu kostspieligen gründlichen Vorbildung, wie sie den
Männern gewährt wird. Jetzt ist oft das Unterrichten einer
Schülerin nur eine Erwerbsquelle für einer: Professor, der
Malkurse für Damen einrichtet. Die Akademien der Kunst
sind den Frauen in Deutschland noch verschlossen, nur in
Rom dürfen sie an den Studien theilnehmen. Wohl giebt
es private Malerinnenschulen, aber diese sind oft nur Stätte::
des Dilettantismus für die höhere Tochter. Der künstlerische
Muth der Frau würde sich heben, wenn man ihr eine gründ-
liche Vorbildung freigäbe, poffentlich werde man in An-
kunft nicht mehr fragen, ob der Künstler Weib oder Mann,
sondern nur, ob er ein echter Künstler ist, dann wird auch
die Frau den Kranz des Ruhmes tragen können . . . Die
verehrte Dame trägt die Farben zu stark auf. Es ist un-
seres wissens noch keiner Künstlerin das Leben mehr er-
schwert worden als dem männlichen Kollegen. Akademie-
ausbildung macht noch lange keine echte Künstler. Unftre
weiblichen Talente aber stellen ihr Licht rvahrlich nicht untex
den Scheffel.
 
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