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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 3
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Res Monachienses
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3F

—--ö Die K u n st - p a l l e. —

Nr. 3

verwirklichte, um die heimische Künstlerschaft dauernd
au sich zu fesselu. Allem außer einigen wenig be-
deutenden Staatseinkäufen ist bei uns in diesem Jahre
von oben her nichts in den beiden Ausstellungssälen
geschehen... Ein unzweifelhaftes Verdienst unserer Ne-
gierung ist es dagegen, die nach längerer Lehde an-
gestrebte Wiederannäherung der beiden Künstler-
schaften Münchens (Künstlergenossenschaft und Se-
zession) mit Nach und That gefördert zu haben. Und
diese Bemühungen sind bekanntlich von Erfolg ge-
krönt gewesen; denn bereits steht der geplante Abbruch
des Ausstellungsgebäudes an der Prinzregentenstraße
als kalt aeeoinpli fest, und wenn auch zunächst nur
für das bevorstehende Jahr ein solches Zusammen-
gehen der Künstlerschaften Münchens vereinbart wor-
den ist, so zeigen doch — wenn man von den wenigen
radikalen Köpfen absieht, die sich wie überall, so auch
hier, in den beiden Künstlerlagern finden — die noch
schwebenden Oerhandlungen über ein weiteres Zu-
sammengehen, den ernsten Millen der Künstlerschaft
in dieser Nichtung.
Das Verdienst, das sich die leitenden persönlich-
keiten durch die glückliche Lösung der schwierigen
Verhandlungen erworben haben, ist größer, als dies
bisher von den Künstlern und durch die Presse aner-
kannt worden ist. Nicht nur die heimlichen und offe-
nen Angriffe, zu deren Zeuge seit der Trennung der
Künstler das Publikum gemacht wurde, dürften auf
dem jetzt neutralen Loden des Glaspalastes allmälich
schwinden. Ein konzentrirtes Schaffen wird möglich
sein, ja das Zusammengehen der Künstler wird anch
positive Vortheile im Gefolge haben. Es unterliegt
nämlich keinem Zweifel, daß die endliche Fusion eine
moralische Stärkung der Münchener Künstlerschaft be-
deutet. Die Starkeu unter den Betheiligten haben
sich freilich auch in der Zeit des Kampfes überall
durchgerungen; allein die schwächereil Kräfte der-
selben haben einen ungemein schwierigen Standpunkt
gehabt. Durch das Zusammengehen aller Künstler
werden auch die Schwachen stärker werden, so daß
es ihnen z. B. möglich sein wird, sich auch im Aus-
lande mehr Ailsehen zu erringen.
Nun zu einem andern Punkte! Die Aufnahme-
juroren unserer diesjährigen Iahresausstellungen
(Glaspalast und Sezession) waren allerdings mit ver-
hältnißmäßig großer Strenge vorgegangen. Und
doch sind auch in diesem Jahre wieder Merke, zu-
mal des Auslandes, durchgeschlüpft, welche besser
nicht iil diesen Salons zu sehen gewesen wären: einige
diplomatische Köpfe hatten es eben verstanden, die
Nivalität dahin auszubeuten, daß sie ihre von der
einen Jury znrückgewiesenen Merke beim Gegner ein-
schmuggelten. Beleg hierfür zu erbringen, wäre un-
schwer. Doch „noimim sunt olliosach und darum sei
hier nur darauf verwiesen, daß solche Unzuträglich-
keiten bei Vereinigung im gemeinsamen Ausstellungs-
hause leicht zu vermeiden sein werden, llfier wird es

möglich sein, nnr das Beste vom Auslande zur Aus-
stellung zu bringen, und nur dieses hat ja Berechti-
gung auf Zulassung zur Anregung unserer Künstler
und zur künstlerischen Erziehung des Publikums.
Der edle Mettstreit ferner — und damit fällt
eines der Pauptargumente der Gegner einer Ver-
söhnung der feindlichen Brüder — wird durch das
Zusammengehen sicherlich nicht aufhören. Denn die
prinzipielle Trennung wird auch im Glaspalaste
räumlich durch getrennte Säle aufrecht erhalten blei-
ben. Dagegen wird ein durch wenige Schritte er-
möglichtes unmittelbares vergleichen bessere Gelegen-
heit geben, das wirklich Gute auch im Lager des
Gegners kennen zu lernen und daraus zu gewinnen.
Lin handgreiflicher vortheil der Wiedervereini-
gung beider Künstlerschaften liegt jedoch in der
finanziellen Seite. Schon der Wegfall eines Aus-
stellungsraumes mit seinen Nnterhaltungs- und Be-
dienungskosten führt der Künstlerschaft einen nicht un-
beträchtlichen Ersparnißfonds zu. welche Verein-
fachung tritt ferner durch Wegfall eines von den
beiden Sekretariaten ein! Durch die einheitliche Ver-
mittelung der Kunstwerksverkäufe wird es zweifellos
ermöglicht werden können, daß ein angemessener
Durchschnittspreis aufrecht erhalten bleiben kann.
Nur wo Konkurrenz vorhanden ist, kann ein solches
Unterbieten (bis ein Fünftel des geforderten Preises)
gewagt werden, wie es von einigen Käufern in die-
sem Jahre beliebt wurde. Zur Ehre unserer Künstler-
schast sei hier allerdings hervorgehoben, daß der
größte Theil derselben der hierdnrch drohenden Schä-
digung des Kunftwerkpreises unter Hintansetzung des
eigenen, vorübergehenden vortheiles durch Abweisung
solcher Zumuthungen entgegentrat. Allein, werden
sie auf die Dauer dein Anstürme widerstehen können?
werden sie nicht bei der Fortsetzung der Konkurrenz
durch zwei gleichzeitige, getrennte Ausstellungen,
„der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Triebe",
sich zuletzt entschließen müssen, auf das einzugeheu,
was sie heute noch mit echtem Künftlerstolze zurück-
zuweisen für Standespflicht halten?
Auch das fiuanzielle Ergebniß der Eintritts-
gelder wird nicht verringert werden. Weiß ja doch
ein jeder Ausstellungsbesucher, daß die Garantien da-
für, daß nur Gutes zur Aufnahme gelangt, da viel
größer sind, wo ein beschränkter Nauru zur Ver-
fügung steht, als da, wo die Füllung zweier ganzer
Gebäude zu einer laxeren Handhabung der Iurv
geradezu herausfordert. Auf diese weise wird also
möglicherweise der zunehmenden Interesselosigkeit des
Publikums, die man sich allerdings laut in den meisten
Fällen noch nicht einzugestehen wagt, entgegengearbeitet
werden können, während die bestehende Verdoppelung
des Iahressalons mit der Zeit das Interesse des
Laien leichter erlahmen läßt. Es wird sich also auch
hier mit der Zeit ein vortheil Herausstellen, wenn
auch vorerst vielleicht die Eintrittskarten zu den ver-
 
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