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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 2
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Rücklin, R.: Aus der Pforzheimer Schmuck-Industrie
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Imhof, Franz: Berlin: Die Ausstellung französischer Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0032

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22

Die Au n st-Halle -z-

Nr. 2

er haben, nicht nur in der äußerlichen Bedeutung.
Zu einem nut Steinen besetzten Drahtgerüste war er
in den letzten Jahren zusannnengeschrmnpft; er durfte
nichts sagen, nichts ausdrücken wollen: Er durfte
nur fuukeln. Das wird und muß jetzt anders
kommen. Mehr Fläche, farbig wirkende Fläche muß
wieder hinein, mehr Einfachheit, mehr Würde. Und
vor allen Dingen soll deutschnationale Aunst sich in
unserm Schmuck aussprechen. Möchten sich Künstler
finden, die ihn zu schaffen — und Käufer, die ihn
zu würdigen verstehen.
LerliN:
Die AuEHung kranrösuclm Isiiimler.
Von Franz Imhof.
^^^an weiß nn Publikum noch immer nicht sicher,
welcher innern oder äußern Nothwendigkeit zu
Folge diese mittelmäßige Ausstellung pariser Meister in
den Akademieräumen Anter den Linden stattfindet. Der
stets bereite deutsche Idealismus hat sich natürlich auch
diese Angelegenheit nicht entgehen lassen und wenigstens
auf einer Seite sogar von einem Einfluß der hohen Politki
gefabelt; er hat damit wohl nur jenem kleinen hiesigen
Unternehmer eine Freude bereitet, der, wie man erzählt,
die getrennten französisch - deutschen Seelen so niedlich an
der Spree zusammenführen konnte. Andererseits würde
man ja unserer Akademie aufrichtig Dank dafür zollen
müssen, daß sie durch diese, wenn auch nur gelittene
Ausstellung die irrthümliche Anschauung bei uns be-
seitigen half, als seien die anerkannten vorherrschenden
Maler und Bildhauer an der Seine lauter Vertreter der
extremen Richtungen, während dein ernsthaften Kenner
pariser Kunstverhältnisse es längst vertraut war, daß der
konservative akademische Geist nirgends üppiger als in der
Zentrale Frankreichs blüht. Diesen Eindruck ruft ja be-
sonders die Sammlung des Luxembourg-Museums, des
unserer Nationalgallerie entsprechenden Instituts hervor,
wo man ebenfalls nur geschenkte Arbeiten der Im-
pressionisten, Pleinairisten, Luministen u. s. w. noch heute
in einem ganz abseits gelegenen kleinen Nebenraume
untergebracht findet, so bescheiden als es der Dank für die
Schenkung dieser Kollektion nur irgendwie zuließ.
Während inan für weit geringere Werke derselben Fran-
zosen in Berlin bekanntlich fürstlich ausgestattete Säle als
allein angemessen erachtete.
Somit hätte diese keinen: Menschen Neues bietende
französische Ausstellung als Gesammtbild immerhin die für
uns lehrreiche Kehrseite, als sie zeigt, wie es eigentlich
mit dem Fortschritt der pariser Malerei heutzutage in
Wirklichkeit beschaffen ist. Wenn nur nicht die fatale
Vorrede im "Katalog wäre, die Herrn Mnther mit seinen
überschwänglichen Ansichten über das moderne Kunst-
franzosenthum recht giebt, demselben Autor, der doch für
die deutsche Kunst, soweit sie nicht gewissen französischen
oder andern ausländischen Einflüssen unbedingt folgte, nur
Worte der Herabsetzung fand. Während also von dieser
Seite das geniale Vordringen des rastlos thätigen fran-
zösischen Kunstgeistes im Gegensatz zu unserem temperament-
losen Verharren beim Alten neuerdings gefeiert wurde,

überzeugen sich jetzt endlich auch die braver: deutschen
Kritiker, die bisher all ihre Wissenschaft nicht an der
(Quelle, sondern aus dem Mutherschen Buche arglos ge-
schöpft haben, daß diese Franzosen die wahren Konser-
vativen in der heutigen Malerei sind und noch immer ihren
Ehrgeiz auch in dem Festhalten an ihrer altbewährten
guten Maltechnik dokumentären. In der That hat sich
dort nur eine verschwindende Minderheit den Grundsätzen
jenes modernen Kolorismus angeschlossen, der darum bei
uns so ungemein viel Unheil anrichtete, weil man fälschlich
gemeint hat, in Paris schwöre darauf jeder Halbwegs
intelligente Pinselführer. Jetzt liest man schwarz auf
weiß in den persönlichen Bemerkungen, die unsere verehrten
Gäste im Katalog für uns machten, daß vielmehr der
Line auf Rembrandt, der Zweite auf Franz Hals, der
Dritte auf Velasquez, Watteau, die Fontainebleauer u. s. w.
schwört, also auf jene alten Meister, über die viele unserer
jungen Künstler anscheinend schon lange „zur Tages-
ordnung" gegangen sind.
Haben uns die Herren vom Marsfeld-Salon und dem
„Salon des Champs-Elysees" bekundet, daß sie gewandte
Farbentechniker sind, was wir freilich niemals bezweifelt
haben, so haben sie doch zugleich unser durch die Mannig-
faltigkeit künstlerischer Erscheinungen auf unseren heimischen
Ausstellungen jetzt ziemlich verwöhntes Publikum nicht
wenig in Verlegenheit gesetzt, angesichts der gradezu
ärmlichen Ideen, welche die Bilder in der Akademie
repräsentiren. Mit Ausnahme des einen Gemäldes von
Ljsvy-Dhurmer, der in seinem großen Eden-Triptychon
etwas tiefer ausholt und uns wenigstens in den bläulich
perlmutterartig schillernden Tönen seiner an eine Tapisserie
feinster Gattung erinnernden Malerei die raffinirte
Koloristik moderner Franzosen veranschaulicht — sieht man
als vorherrschende Idee dieser Gruppe nichts Anderes und
Höheres, als das Weib in der Pracht seines Gliederbaues,
keine stärkere Poesie als etwa die Eleganz der Drehungen
des weiblichen Beckens. Gern gönnen wir den Herren
diese Keberlegenheit — leider die einzige Ueberlegenheit,
die auf dieser Akademie-Ausstellung, die im Uebrigen ganz
auf den: Niveau eines bessern deutschen Provinzunter-
nehmens steht, zu konftatiren ist.
Außer vortrefflichen Akten von Larolus-Duran, Lourtois,
Henner, Fantin-Latour — in der Plastik von H. T. puech
„Die Seine" — sind mit Respekt namentlich einige Porträts
von Bonnat, Carolus - Duran, Dagnan - Bouveret, Roybet
und Blanche hervorzuheben. Bonnat und Blanche lieferten,
der Line zumal in der Halbfigur seiner im schwarzem Sammet-
kleide auf braunem Grunde gemalten Mutter, Beide in den
beseelten Köpfen des Herrn de Dramard, des Ehefs dieses
Ausstellungskomitüs, das, was man gesunde tüchtige Arbeiten
nennt und was wir mehr bewundern würden, wenn wir
nicht unsere Menzel, Leibl u. A. besäßen. Die vollsaftige
malerische Art und Charakteristik Roybets kommt auch in
einer Halbfiguren - Gruppe „Der Astronom" prächtig zur
Geltung. Seine talentvolle Schülerin Mlle. Juana Romani
führt sich in zwei weiblichen Koftümgestalten «Donna Mona
und Fiametta) koloristisch ähnlich bei uns ein. Zarter,
weicher im Tone ist die auf gelben: Sopha fitzende junge
Dame in Trauer, die Dagnan-Bouveret ungemein subtil,
feinfühlig im Ausdruck des Kopfes gemalt hat. Noch
frappanter tritt uns das große Gemälde von Blanche
„Chsret in seinem Atelier" durch die überzeugende Auf-
fassung des vor seiner Staffelei lebhaft arbeitenden be-
 
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