Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

DOI Heft:
Nummer 4
DOI Artikel:
Zur Bilderpflege
DOI Artikel:
Dresden: Kunstbrief
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: Münchner Brief
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0068

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5^

4- Die Run st-Halle -4-

Nr. §

Daß bei Bildern, die unter beständiger Kontrolle
stehen, das Reißen der Farbe verhindert werden kann,
wenn bei der: ersten auftretenden, kaum sichtbaren Rissen
das Bild entsprechend behandelt wird, ist zweifellos; eine
schwierigere Ausgabe ist es, bereits bestehende alte Risse
zu beseitigen. Dafür giebt es nur ein Mittel: Sobald
das Bild in den Stand gesetzt ist, daß eine Neubildung
von Rissen nicht mehr erfolgen kann, das heißt, wenn die
Rückseite gegen das Eindringen von Feuchtigkeit geschützt
ist, werden die alten Risse durch subtile Ausfüllung mit
der entsprechenden Farbe gedeckt. Einer Verkittung der
Risse wird es nicht bedürfen, da die Leinwand mit dem
Malgrund glatt und eben geblieben ist, und die Dicke der
eigentlichen Farbschicht des Bildes meist eine minimale,
kaum wahrnehmbare ist. wie bei allen Bilder-Retouchen
die anzuwendende Farbe die Sicherheit ihrer Ilnveränder-
lichkeit bieten muß, so auch hier. Die gewissenhafte Arbeit
dieses Aussüllens ist eine zeitraubende und mühselige, der
Aufwand daran wird aber immer nicht in Betracht
kommen gegenüber dem Erfolg, ein werthvolles Kunstwerk
in seiner vollen Wirkung zu erhalten." L. Voß.
vreMin
^^Bie Deutsche Kunstausstellung ist nun geschlossen,
nachdem sie des gegen Ende steigenden Besuches
wegen noch um 14 Tage verlängert worden war. wie
auch das geschäftliche Ergebniß, das natürlich noch nicht
feststeht und bezüglich dessen wir uns keinen sanguinischen
Hoffnungen hingeben möchten, ausfallen wird, der künst-
lerische Erfolg ist, Alles in Allem genommen, gut, so viel
auch im Einzelnen verfehlt und, was besonders die leidige
Trennung der einzelnen Kliquen — anders kann man's
wirklich nicht mehr nennen — anlangt, unsympathisch ge-
wesen sein mag. Das Bild der Kunststadt Dresden ist um
einen Zug reicher und besser geworden, so daß wir hoffen
dürfen, in absehbarer Zeit wieder einen unserer Tradition
würdigen Platz einnehmen zu können, wenn auf dem be-
tretenen Wege fortgeschritten wird. So sind denn auch
die Kämpfe, die sie einleiteten, vergessen und man trägt
sich schon mit Plänen für kommende Thaten. Als bleibende
Erinnerung an unsere erste Deutsche Kunstausstellung nun
haben wir eine Anzahl Kunstwerke erhalten, die meist aus
den Zinsen der reichen Pröll-Heuer-Stiftung erworben, in
den Besitz der Königl. Gemäldegallerie übergegangen sind.
Als vor 2 Jahren die hysterische Muse von Unger zu allgemeiner
Ueberraschung der Sammlung einverleibt wurde, suchte
inan nach Gesichtspunkten, unter denen dieser Ankauf zu
erklären war; aber ohne Erfolg. Diesmal sind uns der-
artige Ueberraschungen erspart geblieben, wem: auch die
Galleriefähigkeit des einen oder anderen Bildes von Rich-
tungsfanatikern angezweifelt werden kann. Zunächst sind
von 3 Dresdner Künstlern Werke erworben, von Gotthard
Kuehl, Max Pietschmann und Rich. Müller. Das Kuehlsche
Bild giebt einen Blick aus feinem Atelier über die Brühlsche
Terrasse hinweg auf die Elbe und die Augustusbrücke. Es
ist ein trüber grauer Winternachmittag; die Laternen
brennen schon, obgleich es noch ziemlich hell ist, sodaß man
in der Ferne auf der Brücke das unruhige Durcheinander
von Fußgängern und wagen aller Art genau verfolgen
kann. Man wundert sich ordentlich, wenn man das Bild

eine weile angesehen hat, daß Alles ruhig und unverändert
bleibt, so lebendig, momentan wirkend, ist dies wiedergegeben:
und drüben die frostig nasse Schneestimmung ist von köstlich
farbigem Reiz, der durch die bis in den Vordergrund hinein-
ragenden brennenden Laternen nicht unwesentlich erhöht
wird. Ls ist vielleicht eins der feinsten Bilder Kuehls.
Die „Badenden im Waldweiher" von Max Pietschmann,
ebenfalls eine Dämmerungsstimmung, aber in sommerlicher
Zeit, zeigt vor dunkeln mächtigen Baumgruppen ein tief-
farbiges Wasser, in dem sich Knaben und Männer, als sehr
kleine Figuren in großer Umgebung, badend belustigen.
Das Bild ist im Ton sehr schön und besonders gut gelöst
ist, wie die kleinen Figuren in lebendigster Bewegung klar
und dabei malerisch dem Ganzen untergeordnet darin stehen.
Bezüglich der „Barmherzigen Schwester" von Richard
Müller, der auswärts mehr als virtuoser Radirer bekannt
ist, als als Maler, verweisen wir auf das früher (Nr. vom
Mai) hier Gesagte, weiter ist ein Bild des früheren
Karlsruher, jetzt Stuttgarter Professors Larlos Grethe
„heimkehrende Werftarbeiter" erworben worden.
Auch dieses kann mit Freuden begrüßt werden, zumal
dieser Künstler durch den fliegenden Fisch nicht sonderlich
charakteristisch vertreten war: Das neue Bild ist ein Blick
auf dem Hamburger Hafen von einem erhöhten Standpunkt
aus bei Abend: das im goldigen Widerschein des Abend-
himmels strahlende Wasser ist durch viele Boote mit
Arbeitern belebt, während man hinten im Dunst die werft
liegen sieht. Die koloristische Kraft der Stimmung, die
etwas an die besten Schotten erinnert, ist bewundernswerth
Earl Vinnens Bild „Vorfrühling" endlich, ein echtes fein
beobachtetes Stück norddeutscher Natur giebt mit den beider!
vor 2 Jahren erworbenen Werken von Modersohn und
Vogeler ein gutes Bild der Worpsweder Kunst. Gegen
Schluß der Ausstellung wurde dann noch das große Bild
„Lclorntäo cwncüs" von Max Thedy angekauft, ein Werk,
über das sonderbarer weise die Meinungen in streitbarer
weise auseinandergingen. Es hing allerdings, wie die
meisten Bilder aus Weimar, denkbar ungünstig, in zu steil
auffallendem hohen Licht und in einem so schmalen Raume,
daß man nicht genügend zurücktreten konnte. So konnte
das Bild nicht die Wirkung ausüben, die es nun wohl in
der Gallerte erreichen wird. Es ist sicher ein ernstes vor-
treffliches Bild, in dem besonders der bei allen derartigen
Vorgängen in katholischen Kirchen bemerkbare Kontrast
zwischen der Inbrunst und Frömmigkeit der momentan be-
teiligten Gläubigen und der werktäglichen Geschäftigkeit
der übrigen Kirchenbesucher sehr gut zum Ausdruck gebracht
ist: farbig ist es auf einen tiefen Ton gestimmt, aus dem
sich die Hauptgruppe vorne wirksam herauslöst und es
bietet eine Fülle fein beobachteter Einzelheiten, die das Bild
über persönliche Kircheninterieurmalerei mit Figurenstaffage
weit hinaushebt.
Die Bereicherungen, die die Skulpturensammlung
während der Ausstellung erfahren hat, sollen uns das
nächste Mal beschäftigen. L. M.


sWycheyei- Ki-iek.
Von Leopold Gustav.
H^^ie klagen über die Hochfluth Berliner „Bilder-
Vorstellungen". Bei uns dagegen ist herzlich wenig
zu sehen, wenn „Glaspalast" und „Sezession" ihre Pforten
 
Annotationen