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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 9
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Galland, Georg: Die Berliner Knaus-Ausstellung in der Akademie der Künste
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F., A.: Die Herkunft der ornamentalen Blattreihen: Vortrag vonProf. M. Meurer, Rom
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Nr. 9

Die Kunst - Halle

133

den Sprecher. . . So scheint es auch früher gewesen
zu sein, als er künstlerisch ungleich produktiver sich
gleichsam Alles vom Herzen heruntermalte. Mas
brauchte er auch geistreich zu reden, da er das Organ
besaß, Alles so überwältigend glaubhaft und wirksam
in Zeichnung und Farbe auszudrücken, was ihn erfreute
und bewegte — in vollkommen malerischer Auf-
fassung, mit den echtesten künstlerischen Mitteln. Ist
diese seine Malkunst nicht beredt, herrlich und über
jeden Zweifel erhaben? Und doch hat es eine Kritik,
der man von gewisser Seite sogar Bedeutung beimaß,
vermocht, über das anekdotische Genre bedingungslos
den Stab zu brechen. Die Leute, die ewig nut individueller
Freiheit und dergleichen prahlen, stellen kaltblütig
ein drakonisches Gesetz auf: Gin Maler darf nicht
erzählen, er muß das so und so machen. Za —-
„wie" er farbig erzählt, das ist doch wohl das Ent-
scheidende. Mit guten Ideen halte bei Leibe Niemand
zurück; uud wer sie gering schätzt, kommt leicht in
den Verdacht, selber nichts Derartiges zu haben.
Einen ausführlichen Bericht über den Inhalt
dieser „akademischen" Ausstellung kann ich mir wohl
versagen. Er umfaßt genau ein halbes Jahrhundert,
von (850 bis 1900. Man sieht nur, was Jeder-
mann längst weiß. Von den Niederländern und der
ehemaligen Düsseldorfer Räuber-, Spitzbuben- und
Emigranten-Romantik ausgehend, kam er in den
fünfziger Jahren zu deu Franzosen. Sein Kolorit
verliert die scharfen Kontraste, die schweren Töne,
wird blumiger, mannigfaltiger, bisweilen ein Bouquet
von farbigen Uebergängen. Mehrere ausgezeichnete
Gemälde der besten Zeit fehlen begreiflicherweise, in
der Sammlung, da die Originale theils in Amerika,
theils sogar unauffindbar sind: So „Die Goldene
Hochzeit", „Die Taufe", „Der Taschenspieler im
Dorfe", „Zn tausend Aengsten", „Der erste Hrofit",
„Rauferei auf den: Tanzboden" u. f. w. Andere,
nicht viel weniger bekannte Bilder bereiten dem
Hublikuni hier sichtliches Vergnügen, wie die „Zigeuner
im Malde", „Der Invalide", „Der hungrige Märter",
„Die kartenspielenden Schusterjungen", „Die Hasseyrer
Raufer", „Hoheit auf Reisen", „Das Kinderfest",
„Begräbniß in Hessen", „Salomonische Weisheit",
die Bildnisse von L. Ravens, Mommsen und Helm-
holtz. Für die vorhandenen Lücken entschädigt in
gewisser Hinsicht ein schwer übersehbares Skizzen-
material, zumeist bestehend aus hesfischeu Bauern-
typen und Kinderköpfchen, nach denen einst eine so
starke Nachfrage herrschte. Auch hübsche Zeichnungen
von Bildnissen finden sich in dieser Abtheilung.
Jin Allgemeinen ist Knaus seiner populär ge-
wordenen Stoffwelt bis zuletzt treu geblieben, wenn
inan von einer Anzahl antiker Mythenszenen, in
denen die Empfindung aber kaum Widers wie sonst
ist, absieht. Jedenfalls hat er mit seiner letzten
Leinwand „Der Reigen" ((900), den fünf farbig ge-
wandete hellenische Jungfrauen — echte niedliche

Knausmodelle — am Strande des blauen Meeres
hüpfend ausführen, kein neues Gebiet betreten, wie
manche Fanatiker des Allerneuesten uns einreden
wollen. Da die Epoche des Glühlichts auch in
ihm, wie bei jedem Zeitgenossen, eine gesteigerte
Helligkeitsgewöhnung erzeugte, so wäre, selbst wenn
keiner der sogenannten Modernen eyistirt hätte, dieser
anmuthige „Reigen" auch sickerlich nicht um einen
Farbentupfen Widers ausgefallen. Allerdings giebt
sich hier ein Sinken seiner früheren malerischen Kraft
kund. Es scheint, als wenn die behagliche, gemüth-
volle Knauswelt am besten für ein gedämpftes Kolorit,
nicht für den Hellen, kreidigen Ton paßt. Schon
nach der Mitte der achtziger Jahre (man betrachte
nur den saloppen Starosten von (887) macht sich
jener kühle hellgraue Ton bemerkbar, der neuerdings
immer stärker den Totaleindruck seiuer Schöpfungen
bedingte. Nichtsdestoweniger ist dieses ideale Bild
von ((DO ein willkommener Beweis, mit welcher
Sicherheit und Sorgfalt Meister Knaus noch jetzt
zu malen verstebt. G. G.
V
Vie Herkunft
üer ornamentalen Mattreiken.
Vortrag von Hrof M. Meurer, Rom.
as alte Räthsel der Ornamentik, das die Ent-
stehung und Anfangsentwickelung der an-
tiken Blattreihungen in Ungewißheit ließ,
versuchte Meurer kürzlich in zwei Berliner Vor-
trägen seinen Zuhörern durch Mort und Lichtbild
zu lösen. Nicht aus sich selbst heraus hat die
hellenische Verzierungslust diese in Architektur und
Keramik zur höchsten Blüthe entwickelte Ornamentik
geschaffen, sondern sie trat darin nur das Erbe einer
starken Vorliebe der alten Egypter für Blumenschmuck
au. Der Beweis gelang dem Redner nach der von
ihm eingeschlagenen Methode in so überzeugender
Meise, daß der Zuhörerschaft kein Zweifel blieb, es
fehlte an der Kette der in Form photographischer
Aufnahmen von Originalen vorgeführten Beweis-
stücke auch nicht ein einzelnes Glied. Freilich hatte
es zum Zusammenbringen und Ordnen dieser Zeugen
einer sich über dreitausend Jahre erstreckenden Kunst -
entwickelung eines jahrelang geübten, bewunderns-
werthen Sammelfleißes bedurft. Mas diese von
dem Bildwerfer vermittelten, im buchstäblichen Ver-
stände des Wortes „einleuchtenden" Beweise liebst
den vom Redner dazu gegebeneu Erläuterungen von
den merkwürdigen Zusammenhängen zwischen der
uralten egyptischen Kunst und der soviel jüngeren
Kunst der Etrusker, Griechen und Römer erzählten,
das sei im Nachstehenden in Kürze berichtet:
Die egyptischen Gräber haben uns theilweise
die trockenen Kränze von Blumen und Laubwerk er-
halten, welche in unerschöpflicher Fülle den Todten
mitgegeben wurden, eine schon im grauesten Alter-
thum des Nillandes allgemein geübte Volkssitte, die
auch durch zahlreiche uns erhaltene Darstellungen
von Leichenzügen und Beisetzungsfeierlichkeiten be-
glaubigt ist. Die egyptische Strauß- und Kranz-
 
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