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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 8
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Wirth, Albert: Maltechnische Streifzüge
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Aus München
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Die Aunst-Halle

Nr. 8

Malteevniseve Stmfrüge.
Von Albert Wirth,
VII l.
Ihlon Zeit zu Zeit treten Anzeigen an die Geffentlich-
keit, welche behaupten, die Malmittel und Farben
der alten Meister wiedergefunden zu haben und die daran
eine vielsagende Empfehlung knüpfen.
Einestheils ist dies zwar gleichzeitig eine Anerkennung
der Malweise der sogenannten Alten, andererseits liegt
aber darin auch die eigentümliche Auffassung, daß die
Farben und Malmittel die Leuchtkraft und Schönheit eines
Bildes allein bedingen, während es wohl nöthig wäre,
hinzuzufügen: daß doch wesentlich die Art, wie man malt,
ausschlaggebend sei. Oder meint man gar, mit dem bis-
herigen Material sei kein leuchtendes Kolorit zu erzielen
gewesen?
Man mag bei der enormen Produktion von Farben
recht viele Fälschungen oder Minderwertiges finden. Das
sollte aber nicht hindern, das gute Material solider Firmen
nach Gebühr zu schätzen, und die große Anzahl der heut-
zutage in allen möglichen Arten gemalten Bilder gestattet
auch unschwer, Beobachtungen zu machen und Er-
fahrungen zu sammeln. So sieht man, daß ein Maler,
der seine Technik nicht beherrscht, mit den besten Farben
nur ein trübes Bild zu malen vermag, während er bei
richtiger Handhabung des Materials mit guten einfachen
Farben eine hohe koloristische Wirkung zu erzielen im
Stande ist. Beweise für beide Fälle liefert fast jede Aus-
stellung. Interessant war mir unlängst z. B. ein im Salon
Schulte befindliches kleines Bildchen, ein Blumenstück von
Konrad Dielitz, wegen des trefflichen Schmelzes der Farben,
seiner koloristischen Wirkung und Leuchtkraft, worin es
keinem Werke ähnlichen Genres aus früheren Jahr-
hunderten zurückzustehen brauchte. Und was hat der
Maler hier für außerordentliche Malmittel und Farben
angewendet? Gar keine Erfindungen und besondere Ent-
deckungen, sondern eine beschränkte Skala von nur be-
kannten Farben und etwas Lack.
Aber wie ist das Bildchen äußerst sorgfältig und sauber
gemalt. Eben nicht anders wie die Alten einst gemalt
haben. Und weil es mir deshalb so angenehm auffiel,
besuchte ich alsbald perrn Prof. Dielitz selbst und vernahm,
daß der Künstler sein Bild mit den bekannten Farben von
Moewes, ohne andere Zuthaten als einige Tropfen Lack
nnd Sikkativ in die langsam trocknenden tiefen Farben, ge-
malt hat.
Zu bemerken wäre nur noch, daß das Bild auf polz
und dünnem Kreidegrund ausgeführt ist. Und wenn es
also feststeht, daß bei ausreichender Geschicklichkeit und
Sorgfalt günstige Resultate zu erzielen sind, dürfte es zu-
gleich überflüssig sein, für Bilder in jener Malweise be-
sondere Farben und Malmittel zu erfinden. Jedenfalls zeigt
es uns, daß das „Wie man malt" mindestens' ebenso
wichtig ist, als „womit".
Line eigene Sache ist es freilich mit der Art des
Künstlers, der pastös malt; dieser wird nicht lasiren und
peinlich ausarbeiten, sondern er wird sein Kolorit auf
andere Weise schaffen.
Wer aber die koloristische Wirkung der alten Bilder
erreichen will, muß diese nicht nur auf Farben und Mal-

mittel, sondern sich vor allem auf Malen-Können prüfen.
Sagt doch ein moderner Dichter:
„Du wirst im Leben auch keiu Maler.
Die Farbe macht den Meister nicht,
Der Meister macht die Farbe — Wicht,
Mal du mit Kron-Ultramarin
Und laß mit Blauholz malen ihn,
Sein Bimmel neben deinem lacht
Wie Frühlingsschein bei Regennacht".


Aus Mycstey.
s ist nicht allzu viel aus der Kollektion hervorzu-
heben, mit der der Kunstverein das neue Jahr-
hundert beginnt. Rich. Partmann brachte ein Porträt
Ernst v. Wolzogens. Der Dichter sitzt in bequemer pal-
tung auf einem Stuhl, ihm zur Seite ein größerer pund.
Das Bild ist stott gemacht und giebt Wolzogen charak-
teristisch und ähnlich wieder. Lin Damenporträt sehen wir
von Frz. Jos. Eorreggio-Frankfurt; ein technisch sehr ge-
schicktes Bild; ein fesselnder Frauenkopf mit müdem senti-
mentalen Ausdruck in den Zügen. W. pieronimus
bringt u. a. ein Selbftxorträt von etwas nüchterner Ob-
jektivität, aber geschmackvoll und von gutem Können zeugend.
Schewe-Kosboth ist meist etwas zu weich; erzielt aber
nut ihren Kinderpastellen recht schöne Resultate. Das
Porträt von p. von Oelschläger ist für meinen Ge-
schmack zu kleinlich ausgeführt in den Einzelheiten; wir
geben hier den Bildern A. de Bouches, welche flott
hingehauen sind, den Vorzug.
Von Segantini sehen wir aus dem Besitze eines
hiesigen Malers eine Pastellzeichnung zu seinem Panorama
des Engadins. Rauh wie die Gebirgswelt, die er schildert,
ist ja seine Kunst und Darstellungsart. Aber man be-
freundet sich mit seiner Ausdrucksweise, wenn man deren
Tiefe und Schlichtheit voll empfindet. Es haben zu gleicher
Zeit eine Anzahl anderer Italiener — Sartorelli, Volpi,
Selvatico, Marzetti — landschaftliche Studien ausgestellt.
Mit Segantini haben sie nichts gemeinsam; es sei denn
einen frischeren Blick für die Natur, als ihn die Mehrzahl
der virtuosen Vertreter der italienischen Landschaft be-
kundet. Als ein tüchtiger Schilderer der holländischen Dünen,
des weidenden Viehes und der Bauern erweist sich Ruben.
Bachmann bringt einige Studien herbstlicher Landschaft.
Die Spiegelung des gelben Laubes im grünen Bache ist
recht gut gemacht; andere Skizzen sind jedoch gar zu harm-
los, um ihnen Rahmen zu geben und sie auszustellen.
Zeno Diemer zeigt eine Kollektion Bilder: „München im
Winter." Manche sind freilich nur illustrativ gesehen, an-
dere wieder - der Monopteros in: Englischen Garten z. B.
— wirken durch rein malerische (Dualitäten.
Gysis bringt eine Zeichnung zur „Jahrhundertwende",
eine stattliche Schaar kerzentragender Gestalten scheinen
das neue Jahrhundert singend zu begrüßen. In der Be-
wegung und Packung sind die Figuren ganz antik gehalten
und wirken besonders durch die famose Zeichnung bestechend.
 
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