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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 10
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Gold, Alfred: Wiener Kunstbericht
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M., C.: Dresden: Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0176

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4- Die Run st-Halle

Nr. fO

(50

Im Aquarellistenklub speziell haben diese jüngeren
Mitglieder der Genossenschaft schon lange die ent-
scheidende Stimme, und man kann die sichtbaren
Vortheile dieser Thatsache nicht leugnen: die Aquarell-
ausstellungen der letzten Jahre, immer um die
Garnevalszeit eingerichtet, waren lauter entzückende
kleine Schatzkammern. Die ältere, akademische
Wiener Schule hat sich dieser neuen Umgebung
immer ganz gut einzusügen gewußt. Diesmal
freilich ging es nicht ohne Gewaltsamkeit ab; es
dürfte Ihnen schon bekannt sein, daß der Senior
der Wiener Aquarell-Landschafter, Professor Eduard
Lichtenfels, eine Zurückweisung erfuhr. Eine
Kritik dieser Maßregel ist nicht möglich, da das
beanstandete Bild nicht in die Meffentlichkeit kann
Aber man darf von vornherein zweifeln, ob es
nöthig war, einen alten Lehrer, der nut ein bis
zwei bescheidenen Werken vertreten zu sein pflegt, aus-
zuschließen, wenn man nicht viel Anderes an dessen
Stelle zu setzen hat als — seine Schule. Lichtenfels
hat mit seinem kalligraphirenden Aquarellpinsel
immer zumindest eine gewisse romantische Stimmung
der Alpenhänge — die Stimmung etwa Adalbert
Stifters — auszudrücken gewußt. Seine Schüler,
welche diesmal ohne ihn aufgefahren kommen, die
Pippich, Tomec, Darnaut, Eharlemont,
Will, Germela, Suppantschitsch usw., finden
in ihren durch Streben nach Modernität wirr ge-
machten Kompositionen nur selten so viel Sammlung
des Ausdrucks, um wirklich Stimmung festzuhalten.
Das sei der Gerechtigkeit wegen konstatirt. Im
klebrigen soll nicht behauptet werden, daß diese
Halbheiten in der Ausstellung geradezu stören. Zum
Glück stehen ihnen ein paar sehr feine jüngere
Wiener Künstler zur Seite, die den Munmel der
Sezession gleichfalls nicht mitmachten und sich hier
in Zurückgezogenheit offenbaren: Nibarz und
Konopa in erster Linie mit ein paar kleinen in
Gouache ausgeführten landschaftlichen Motiven
aus Niederösterreich, Goltz, der allerdings schon
oft besser vertreten war, Marie Egner, Bertha
von Tarnoczy mit einer Kohlezeichnung aus
Dachau und Ludwig Ferdinand Graf, der eine
eigene Spielart von Porträts hartnäckig festhält:
leicht getönte, larvenhaft glatte Hastellzeichnungen,
scharf umrissen wie Kartons, trotzdem oft stark durch
Eharakteristik. Dem jungverstorbenen Prager Ludek
Marold ist ein kleines Zimmer gewidmet: da
hängen die Originale seiner durch die „Fliegenden
Blätter"- bekannt gewordenen, flott aquarellirten
Szenen aus der eleganten Gesellschaft. Lefler
selbst stellt nicht mehr bei als ein paar kleine Skizzen
zu Wandbildern, in dem ihm eigenen naiven, un-
persönlichen Märchenton, aber allerdings auch mit
Zuhilfenahme englischer und französischer Form-
muster entworfen. Viel bemerkenswerter ist das
Ausstellungsplakat, das gleichfalls von ihn: her-
rührt: ein Steindruck in prächtiger Dreifarben-
harmonie.
Aber es wäre verfehlt, auf das Wiener Aquarell
und die ihn: verwandten Erscheinungen den Haupt-
ton zu legen. In Wirklichkeit nimmt das Aquarell
in dieser Ausstellung nur einen zweiten Rang ein;
fast scheint es nur da zu sein, um das Fragliche
seiner technischen Bedeutung zu demonstriren. Selbst
wenn wir die oben mitgenannten Gouachen,
Pastelle u. s. w. hinzurechnen und von den Ver-
tretern des Auslands noch die echt malerisch
empfundenen Marinebilder des Berliners Haus-

mann berücksichtigen, muß man doch erkennen, daß
das Hauptgewicht der Ausstellung anderwärts
liegt: auf der graphischen Kunst und dem Kunst-
gewerbe. (Schluß folgt.)
vreEN:
^aystbviek.

er Sächsische Kunstverein, der leider immer grade im
Herbst, bekanntlich der günstigsten Zeit des Dresdner
Fremdenverkehrs, geschlossen ist, weil dann die Akademie
dieser Räume für die Ausstellung ihrer Schülerarbeiten
benöthigt, wurde Ende November wieder mit einer schier
unübersehbaren Menge von Bildern eröffnet: da ist es nicht
leicht, das herauszusuchen, was künstlerisch von höherem
Wertste ist und verdient, hier erwähnt zu werden. Die große
Masse der Bilder, die leider in Folge der geringen Strenge
der Aufnahme-Kommission hier zur Ausstellung gelangen, ist
minderwerthige echte „Kunstvereinswaare", ganz abgesehen
davon, daß sogar miserable Dilettantenarbeiten die Jury
passiren. Einen Lichtpunkt in dieser Gede bildete zunächst
die Kollektivausstellung von dem Münchener B. Buttersack,
die eine große Anzahl von Bildern und Studien brachte:
wir dürfen annehmen, daß Buttersack unseren Lesern als
einer der tüchtigsten Münchener Landschafter bekannt ist,
als Einer, dein es gegeben ist, mit köstlicher Frische die
Stimmungen seiner Heimath festzuhalten, großzügig und
stark in der Empfindung, fein und doch kraftvoll im Ton.
Es waren viele erstrangige Arbeiten, besonders unter den
kleinen Studien, die denn auch einen vollen künstlerischen
Erfolg errangen. Neben ihm behauptete sich der in
München lebende Dresdner Max Giese, der ebenfalls eine
reiche Kollektivausstellung, meist Motive von der nord-
deutschen Küste, gesandt hatte, immerhin mit Ehren, wenn
auch bei ihm mancher gesuchte Effekt, manche farbige Ileber-
treibung mit unterlaufen: im Ganzen zeigte er ein tüch-
tiges Können und erfreuliche Frische der Naturauffassung.
Einige größere Genrebilder und Landschaften der beiden
akademischen Meisterateliers der Professoren Kuehl und
Preller entwachsenen jungen Künstler Paul Nußbach, Eder
und Körner, Arth. Bendrat und Fritz Becker bewiesen
weiter, wie Tüchtiges hier geleistet werden kann und zwei
vortreffliche lebensvolle Herrenbildnisse von Leon Pohle/
deren eines den im Sinne Ludw. Richters schaffenden Nestor
der hiesigen Landschafter, Prof. Ld. Leonhardi, darstellte,
ließen aufs Neue erkennen, was wir an Pohle besitzen.
Neuerdings sandte dann noch der in Nordsrankreich lebende
Jul. Wengel eine stattliche Anzahl feiner, im Sinne der
Schotten gemalter Stimmungsbilder, die starkes Interesse
erweckten. Neben der schon von anderen Ausstellungen her
bekannten „Mitternachtsmesse" und „Engel der erster: Kom-
munion" fielen besonders interessant nach von amerikanischen
Künstlern viel geübtem Verfahren hergestellte Monotypien,
Einzeldrucke von bemalten Metallplatten durch ihre eigen-
artig geschmackvolle Wirkung auf. — Von den privaten Kunst-
ausstellungen hielt sich auch in den letzten Monaten der
wolfframmsche Kunstsalon im Viktoriahause durch leb-
haften wechsel interessanter Sachen an erster Stelle. Nach
einer reichhaltigen Sammlung von Werken Ian Tooorps,
die viel Fesselndes, aber auch viel unserem Empfinden
 
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