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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 22
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Plehn, A.: Mosaikverglasung und andere neue Mittel der Kunstverglasung
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Archäologisches aus Aegypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0395

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Nr. 22

Die Aunst-Halle

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sucht man anderswo zusammen und ist so zum Naler ge-
worden, ohne in einen Farbentops zu tauchen.
Das ist die Art, wie die Werkstätten von Tiffany in
New-Dork die Ausgabe des Glasbildes verstehen. Die
amerikanischen Gläser zeichnen sich durch besonders unebene
Oberfläche aus. Sie sind stellenweise fast undurchsichtig durch
ihre Dicke, und dann wieder ganz dünn und von: hellsten
Opalweiß. Alles in Allem macht man ihnen zum Dorwurf,
daß sie die Räume allzusehr verdunkeln. Dafür haben die
vom Licht durchspielten Farben aber einen Schmelz und an
den durchsichtigen Stellen wieder eine Leuchtkraft, wie sie die
europäischen Fabriken noch nicht erreicht haben. Die
Mosaikbilder, die aus diesem Material zusammengefügt
werden, bekommen einen geradezu geheimnißvollen Reiz,
da alles Licht Heller schimmert, wenn es von tiefem Dunkel
umgeben ist. So erreichen die Blumengewinde oder auch
eine dichte Schaar kleiner Gestalten, deren Formen man
mehr ahnt als deutlich erkennt, eine impressionistische
Wirkung, deren Berechtigung hier Jeder zugeben muß, wo
es nur auf eine Belustigung der Augen abgesehen ist und
wo Jeder, was er noch darüber hinaus an bildlicher An-
regung für seine Phantasie mit bekommt, dankbar annehmen
oder nach Belieben unbeachtet lassen kann.
Sollte nun aber der Glasmaler dauernd zur Unthätig-
keit verdammt sein? Line kurze Zeit schien es so, denn
man konnte von Allen hören, die es zu verstehen meinten,
daß die Glasmalerei eine Verirrung der alten guten Glas-
technik bedeute. Man hätte hinzufügen sollen: So wie sie
in den letzten drei Jahrhunderten betrieben wurde. Da
hatte man nämlich fast vergessen machen wollen, daß es
ein durchsichtiges Material sei, mit dem inan umging. Das
Gelbild wurde einfach zum Dorbild genommen. Wie wenn
man von nun an zwar von dem lichtdurchlassenden Charakter
des Materials ausginge — wie die Mosaikverglasung mit
äußerster Konsequenz thut — aber dieses Lichtsprühen ge-
rade dadurch besonders eindringlich machte, daß man den
größeren Theil der Glasflächen durch Malerei halb bezw.
ganz undurchsichtig machte oder mattirte! Solcher Wieder-
aufnahme des bemalten Glases begegnet man neuerdings
wieder an verschiedenen Stellen; sie kann aber nach meiner
Meinung nur wirken, wenn sie in logische Derbindung mit
dem durchscheinenden farbigen Glase gebracht ist. Man
darf sie nicht als eine Nachhülfe empfinden, womit der
Unfähigkeit des Mosaiks zu größeren: Ausdruck verholfen
wird, wie es z. B. der Fall ist, wenn so häufig nichts
weiter als die Gesichter gemalt werden, die nun als stumpfe
Flecken aus dem glänzenden Zusammenhang herausfallen.
Ls darf wohl eine bestimmte Sonderung zwischen dein
Matten und dem Glänzenden eintreten, wenn etwa Blumen-
ranken als Malerei sich von gewelltem klaren Glas ab-
heben. Aber dann muß die Dertheilung eine bestimmte
Absicht und ein wohlabgewogenes Derhältniß errathen
lassen.
Ganz besondere Wirkung weiß die russische „Nordische
Glasfabrik" mit der Derbindung von bemaltem und durch-
scheinendem Glas hervorzubringen. Ich sah aus der Welt-
ausstellung ein Kirchenfenster dieser Werkstatt, auf dem
ein heiliger Georg Drachen und Ungethüme verschiedener
Art tapfer bekämpfte. Die ganze Malerei war dunkelroth
durchglüht, die Gestalten zu festem Knäul geballt, ganz
durch Malerei stumpf und wenig durchscheinend gemacht,
um nur an bestimmten Punkten für die verdrehten, glotzen-

den Augen der Unthiere und einige andere passende Stellen
von durchschimmerndem und hier fast unheimlich leuchtendem
Glas unterbrochen zu werden.
Line ähnliche Absicht, den Gegensatz von blitzendem
und mattem Material hervorzuheben, liegt auch noch einer
anderen technischen Neuheit zu Grunde. Auch hier handelt
es sich um Glasmosaik, aber es ist einfaches Kathedralglas,
das in kleine Stückchen vertheilt, durch Kitt verbunden
wird, während die Derbleiung diese Mosaiktheile mit anders-
farbigem Glase verbindet und gleichzeitig, wie wir es
neuerdings ganz gewohnt sind, die Rolle eines festen
Konturs in der Zeichnung übernimmt, wozu die Mühe,
das Material erst zu zersplittern, um es dann künstlich
wieder zusammen zu kleben? Pier sind dem Glas, das
ursprünglich ganz eben war, die Ungleichheiten und Ab-
wechslungen nachträglich künstlich beigebracht, welche bei
den sonstigen modernen Gläsern schon durch Pressen und
Walzen mit uneben gestalteten Instrumenten hervorgebracht
werden. Dazu kommt hier die verschiedene Stellung der
einzelnen Glasstückchen, die je das Licht anders auffangen
und wiedergeben, und so eine reizvolle und nicht allzu
blanke Fläche abgeben. Aus dieser Fläche heben sich dann
besonders stark einzelne sazettirt geschliffene Gläser heraus,
die man an passenden Stellen anbringt, die besonders licht
erscheinen wollen.
Ls wäre schade um diese hübschen neuen Ideen, wenn
das einseitige pochen aus die Mosaikverglasung uns um
die freie Beweglichkeit der Technik und auch um das Bild
in Glas gebracht hätte. Mag das letztere auch nicht überall
angebracht sein, mag es sich auch für große Räume besser
eignen als für kleine, da es einen gewissen Abstand ver-
langt, um zur Geltung zu kommen, so ist das noch kein
Grund, es ganz und gar zu verbannen. Andererseits hat
pun die Mosaikverglasung ganz neue prächtige Reize ge-
bracht, die wir sür den Wohnhausbau zu schätzen wissen.
G
Archäologisches aus Aegypten.
Reber die diesjährigen Ausgrabungen und Wieder-
herstellungsarbeiten in den ägyptischen Pyramiden und
Tempeln erhält die „Orientalische Literatur-Zeitung" einen
bemerkenswerthen Originalbericht aus Aegypten. Da die
Kampagne d'ieses Jahres bis zum Spätherbst als beendet
gelten muß, so geben die Nachrichten eine abschließende
Rebersicht über die letzten Leistungen. Die Wiederherstellung
des großen Tempels von Karnak, dessen theilweiser
Einsturz Aussehen in der gesammten Kulturwelt erregte,
schreitet unter der meisterhaften Leitung von Naspers mit
Unterstützung des deutschen Ingenieurs Ehrlich stetig vor-
wärts. Ob es gelingen wird, den stark beschädigten
Pylon, das große Tempelthor, zu halten, ist allerdings
noch fraglich. Für die Zeit der Nilfluth, durch die eine
Unterbrechung der Arbeiten bis mindestens zum November
eintreten muß, ist das riesige Thor durch stärke Ouerbalken
gestützt worden, die hoffentlich bis zur Wiederaufnahme
der Thätigkeit ihren Zweck erfüllen werden; ausgeschlossen
ist aber der Einsturz des Thores nicht, falls eine Senkung
des Fundamentes als Folge der Nilfluth eintritt. Die
ägyptische Regierung hat auf Vorschlag Lord Lromers
bisher t^oo ägyptische Pfund (29 600 Mk.) bewilligt und
wird auch weiterhin die nöthigen Mittel gewähren. Line
ungeheure Leistung war die Abtragung der bei der letzten
Katastrophe beschädigten Säulen, deren eine einen Architrav
trug, der aus s Blöcken bestand und in: Ganzen über H8
Tonnen schwer war. Ls mußte ein schiefer Lrdwall bis zur
pöhe des Architravs aufgeworfen werden, um ihn in
 
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