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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 5
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Berliner Kunstchronik
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Kunstchronik
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Die Aun st-Halle -s

Nr. 5


ein. Die Sage berichtet, daß Ehriemhild die verwundbare
Stelle durch ein auf das Jagdgewand aufgenähtes Zeichen
dem Mörder gewiesen hat. U. pübner ist nicht ernst
zu nehmen; ebenso wenig Paul Schad-München. Ls
ist garnichts gegen der: versuch einzuwenden, der Malerei
neue Wirkungsmittel zuzuführen; aber es sollte erst darin
geschehen, wenn die üblichen bewältigt sind, und durch die
noch ungewöhnlichen besondere Wirkungen erreicht werden.
Beides ist bei dieser großen Tafel „Lden" in keiner weise
der Fall; und so interessirt vorläufig der versuch, durch
ein der Malerei untergelegtes ganz flaches Relief in polz
gesteigerte Effekte zu erzwingen, gar nicht. p. Baluschek
scheint wohl etwas Tüchtiges in der Lharakteristik er-
reichen zu können. Aber er darf die Ausgabe der Malerei,
Bilder zu schaffen, nicht ganz vernachlässigen. Die
schlechte Perspektive der photographischen pandkamera-
Momentausnahmen ist doch nicht das letzte Wort der
künstlerischen Naturwahrheit!
wie ein wahres Labsal empfindet das Auge das
Ruhen aus den ea. zwanzig Bildern von O. Roed er-
st e i n. was ist das für eine markige Kraft und für eine
sichere Meisterschaft ohne Mätzchen und Posen in den
beiden Selbstporträts aus den Jahren und
wer unter den von der „neuen" Richtung als Champions
Ausgerusenen kann das? Ich weiß sehr gut, daß hier
außer der technischen Virtuosität noch so gut wie nichts
Eigenes erscheint. Bei jedem Bilde fast fallen einem
unwillkürlich Namen alter Meister ein, an die es „erinnert".
Aber es sind die besten Namen, über die wir verfügen;
und der zweite Gedanke ist doch nicht gleich der: Ja aber,
er möchte wohl, aber er kann nicht, wir haben es er-
lebt, daß aus Lenbachs Koxisten-Ansängen einer der ersten
zeitgenössischen Künstler sich entwickelt hat. And der hat
doch nur meisterhaft kopirt! Sollte es nicht eine größere
Anwartschaft auf eine reiche Entwickelung geben, wenn
Jemand schon in seinen Erstlingen so wie hier den vor-
nehmsten Künstlern der Vergangenheit nachempfindet?
Denn nicht um äußerliche Aehnlichkeiten handelt es sich
hier, sondern um den Geist und die Empfindung. Dieser
Jüngling mit der Mütze, halblebensgroß I Ist er darum
weniger imposant, weil es einen Antonello und einen
Polbein giebt, an die man bei ihm denken kann? Ist
dieses Profil der Marie pildebrand, gegen einen schmalen
rothen Teppich als Grund, darum weniger malerisch, weil
Bellini und Andere dieses pintergrundmotiv geschaffen und
gebraucht haben? Ist diese rothblonde „Madeleine" in
rother Tracht vor einem hellblaugrünen Grunde nicht ein
koloristisches Bravourstück, obgleich so etwas schon dage-
wesen? Der kleine Johannes ist ja nur ein gutes Kinder-
porträt, wie Aehnliches in früheren naiveren Zeiten vor-
gekommen; aber ist er nicht so vortrefflich? Und fehlt es
an ganz „zeitgemäßen" Leistungen? Diese palbfigur einer
Dame, ganz schlicht im Pauskleide, die Anne in der Taille
übereinander gelegt, in einem einfachen Bibliothekzimmer,
schmucklos von vorn genommen, ist es nicht völlig „up to
äuts?" Ist dieser Vater der Künstlerin, ganz klein, auch
einfach 6v. kuok gesehen, nicht enorm eindrucksvoll, ein
moderner Mensch, mit vorurtbeilslosem Auge gesehen?
waltet in dieser „Pietst" nicht eine Tiefe des Schmerzes
von ergreifender Innigkeit? und ist es nicht ein größeres
Wagstück und ein feinerer Ruhm, das gramvolle Antlitz der
Schmerzensmutter zu schildern, als es irgendwo in Falten

zu vergraben? Sieht „Freilicht" ohne Konvention anders
und irgendwie verlockender aus als in diesem kleinen weib-
lichen Akte, vom Rücken gesehen, bei dem die Künstlerin
beiläufig auch gezeigt hat, daß sie, wenn sie will, auch
„breit" malen kann, ohne plump zu werden? Ls ist
wahr: es ist auch manches Nüchterne, Parte, Steife vor-
handen. Aber wozu es stark hervorheben? wird doch
sonst immer verlangt, die Kritik solle das Gute, Schöne,
poffnungsreiche findig entdecken und ruhmredig verkünden,
warum denn etwa aus einmal nicht, wenn wirklich der-
gleichen da ist, das garnicht erst mühsam entdeckt zu werden
braucht, sondern auf der pand liegt?! B. M.
X
Aunstchronik.
* Berlin. Im Kunstgewerbemuseum hat Pros.
M. Meurer, jetzt in Rom ansässig, neulich einen sehr
instruktiven Vortrag gehalten über die Entstehung und
Entwicklung der ornamentalen Blattreihen von ihrem
Ursprung aus ägyptischem Pflanzenschmuck bis zu ihrer
Verwendung in der hellenischen Architektur. Das Thema
will der Vortragende an einem zweiten Abend sortführen.
In der Sammlung des Museums sind moderne Teppiche
und Tapeten ausgestellt, die von den Firmen: „vereinigte
Smyrnaer Teppichsabriken", p. Engelhard und A. Burchardt
hergestellt wurden und zwar nach Entwürfen der Maler
O. Eckmann und w. Leistikow. — Im Pause Potsdamer-
straße t2fi/töo wird in diesem Jahre die kunstgewerbliche
Weihnachtsmesse des Vereins der Künstlerinnen und Kunst-
freundinnen stattfinden. — Die „Kontinental-Pavana-
Kompagnie" in Berlin hat sich ihre Räume, Mohren-
straße tl/l2, von penry van de Velde, dem bekannten
Brüsseler Dekorateur, modern ausstatten lassen. Ein piefiger
durfte es natürlich nicht sein, das wäre weniger stiKÜ-lits.
* Groß-Lichterfelde. Der hiesige Künstler-Klub
hat am 23. November seine dritte Kunstausstellung
von Werken der Malerei, Plastik, Architektur und des
Kunstgewerbes in den oberen Räumen des Rathhauses
eröffnet. Die Ausstellung, welche unter bester künstle-
rischer und geschäftlicher Leitung steht, dauert nur bis
Mitte Dezember.
* Magdeburg. Die städtischen Behörden bewilligten
einstimmig achtmalhunderttausend Mark für der: Neubau
des Museums für Kunst und Kunstgewerbe nach
den Entwürfen des Professors Friedrich Ohmann, des
Leiters des Kaiser!, posburgbaus in Wien. Das neue
Museum wird aus dem Peydeckplatz, einem der schönsten
Plätze inmitten der Stadt, errichtet werden. Das bisherige
Museumsgebäude — das alte Prinzenpalais am Domplatz,
— wird den naturwissenschaftlichen und vorgeschichtlichen
Sammlungen der Stadt zur Verfügung gestellt.
* pamburg. Der „Kunstverein" feierte am No-
vember die Wiedereröffnung seiner Kunstausstellungen im
neuen Ausstellungslokal „Neuerwall An das Lreigniß
der Ortsveränderung anknüpsend, betonte perr Baudirektor
Zimmermann, der Vorsitzende, in seiner Festrede einige
Grundsätze des pamburger Kunstvereins, die wir, nach
dem „p. Korr.", hier wiedergegeben: „Unser Programm
ist kein Kampsprogramm mit einseitigen Parteitendenzen.
Mögen die Künstler ihre Kämpfe unter einander aus-
sechten: wir bieten ihnen nur die Arena, messen Jedem
gleiche Sonne und gleichen wind zu und wollen uns des
frisch pulsirenden Lebens und Schaffens herzlich erfreuen. Alle
Werke bildender Kunst, welcher Richtung sie auch ange-
hören, sollen hier willkommen sein, wenn sie überhaupt von
künstlerischen: Sinne eingegeben und von kunstgeübter pand
geschaffen worden sind; deshalb haben wir neben Gemälden
und Skulpturen auch der angewandten Kunst, welche die
Gebrauchsgegenstände adelt und zu künstlersicher Bedeutung
erhebt, unsere Pforten geöffnet. Mögen die anmuthenden,
von seiner Künstlerhand geschaffenen Räume, die wir heute
der Benutzung übergeben, Ihren Beifall finden und als
neue peimstätte der'Kunst in pamburg unseren kunstlieben-
den Mitbürgern einen anheimelnden Aufenthaltsort
 
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