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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 13
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Münchener Brief
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0233

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Nr. ^3

-2- Die Aun st-Halle

20s

freunden wir uns mit der Kollektion von Th. Tool. Der
Künstler malt italienische Kirchenintsrieurs, das Kolosseum
bei Nacht und Aehnliches; alles in seltsamer Beleuchtung.
Zeichnerisch oft sehr unsicher, gelingt ihm koloristisch
mancher Effekt; allein diese Wirkung erreicht er wieder in
den meisten Fällen nur auf Kosten der Wahrheit. Mithin
ein Talent, von dem wir heute noch nicht entscheiden können,
ob es sich in seinem dunklen Drange des rechten Weges
bewußt wird. Recht sympathisch berührten uns die Land-
schafter: von Tdm. St epp es. Sie sind von den stillen
Reizen der Thomaschen, auch mit einer diesem Meister
ähnlichen Innigkeit gesehen, dabei großzügig und warm
in den Farben.
Ubbelohde bringt eine Waldlandschaft. Tine Fülle
des Lichts fällt durch die Baumzweige; der Künstler ver-
stand es, uns dieses abgebrauchte Motiv mit einem uns
förmlich fesselnden Naturempfinden zu gestalten. In derber
polzschnittmanier malte Ubbelohde einen Fries für ein
Kinderzimmer, wir sehen hier Rothkäppchen und die
anderen beliebtesten Gestalten der deutschen Märchenwelt,
etwas nüchtern und gegenständlich. Freilich lieben die
Kinder ja keine Bilder, welche ihrer Phantasie nichts
mehr zu thun übrig lassen und so mag, was den Großen
ein Nachtheil dünkt, den Kleinen ein vortheil sein.
Paul Schad variirt in seinem Bilde „Belauscht" das
Motiv der badenden Susanna; wie in dem jüngst be-
sprochenen Tvagemälde gefällt er sich in der sonderbaren
Technik, mit der Farbe quasi modelliren zu wollen. Karl
Lützow jr. bringt in seinen satten Farben geistliche Würden-
träger am Schachbrett und Landsknechte beim Würfelspiel;
nicht immer ist der Beleuchtungseffekt hinreichend motivirt.
Das Mädchen im put von p. v. Basch zeugt von ent-
schiedenem Talent; sicher und knapp in der Charakteristik
verlangt jedoch die Zeichnung noch ernste Schulung. LLszlo
bringt drei hocharistokratische Porträts mit seiner eminenten
Technik gemalt; pch. Schönchen ein recht tüchtiges Bildniß
der Frau Fürstin von Rudolstadt im Iagdkostiim. August
Permann-Allgäu zeigt einige dekorativ sehr wirkungsvolle
Stillleben; von den Blumenmacherinnen sollen diejenigen
von Vndrusek und Lompton lobend erwähnt werden. Trnst
Liebermann bringt zwei technisch tüchtige im Landschaft-
lichen etwas nüchterne Radirungen der Veste Toburg;
Jos. Rösl Pilasterfüllungen, welche am Eingang der
deutschen Abtheilung der Pariser Weltausstellung Ver-
wendung finden. Der Künstler nennt seine neue Be-
handlung rückwärts bemalten Glases Lampros. Er benutzt
eine Erfindung von Frau L. Lindemann. Die Malereien
besitzen eine eminente Leuchtkraft; Schmetterlinge, blauen
Enzian, Fische, Mohn rc. von zierlichen Blätterranken um-
woben. Die Glasbilder sind sehr anmuthig und zugleich
äußerst wirkungsvoll. Ad. pildebrand bringt eine petten-
kofer - Büste von grandioser Einfachheit und feiner
Charakteristik. Max Schmitt hat ein Ibsenrelief modellirt,
leider aber zuviel hineingegrübelt in den großen Grübler
des Nordens. Leopold Gustav.
Uerliyep Uunstschuu,
Salon Keller und Reiner.
Line Ausstellung ungarischer Künstler: Es sind acht-
zehn Namen vertreten, von derer: Werken man in: Durch-
schnitt einen recht unfertigen Eindruck empfängt. Erst
allmählich hebt sich einiges Bemerkenswerthere aus der
Masse heraus. Den ersten erfreulichen und von Allen den
besten Eindruck gewinnt man wohl von den zahlreichen
ganz kleinen Landschafts-Studien von T e l e st i n P a l l y a.
Das ist anspruchslos und von liebevoller Pingabe an die
Natur und ihre Phänomene, unter denen nicht die gesuchten
in die erste Reihe gestellt werden. Demnach wird sür eine
stark byzantinisirende Madonna mit Kind von Johann
vonvaszary die Aufmerksamkeit erzwungen, schon
durch die altarartige Aufstellung mitten im Raume. Denkt
man sich das Bild an die Ikonostas einer russischen Kirche,
so mag mit versuchter Verleugnung moderner Mittel kaum
ein echterer Eindruck zu ermöglichen sein. Als Aus-
stellungsstück ist so etwas durchaus befremdlich, und man

weiß nicht recht, ob man zum Anlegen üblicher Maßstäbe
berechtigt ist. Manches ist recht geschickt, namentlich das
Stoffliche der Nebensachen. Freilich will Einem das
übliche runde Sitzkissen auf dem Throne, das bis über den
püftkamm der Madonna in die pöhe reicht, nicht recht zu
Sinne; und einen Stich ins Komische beinahe hat das
große schwarze Kreuz auf dem so zu sagen Wickelbande,
das um püften und Oberschenkel des stehenden Kindes
geschlungen ist. Schließlich aber ist dies doch die ge-
schlossenste, technisch vollendeteste und stileinigste Leistung
der ganzen Ausstellung, wie freilich derselbe Künstler
den scheußlichen und lüderlichen weiblichen Akt im Freien
mit den brutalen Sonnenlichtflecken übers Perz bringen
konnte, läßt sich schwer fassen. — Durch ein in diesem
Kreise wie ein Meerwunder verblüffendes Schönheitsgefühl
zieht Adolph Fenyes den für diese Seite der Kunst
noch nicht zum paffer Gewordenen an, und inan bedauert
nur, daß allzusehr diejenige liebevolle Sorgfalt der Durch-
führung vermißt wird, durch die der Vortrag auf die pöhe
der Konzeption gehoben werden könnte. Eine junge
Mutter mit Kind auf einer Bank ragt durch ihre Lieb-
lichkeit hervor, vorzüglich verstanden ist auch die unter
Bäumen schlendernde junge Dame, vom Rücken gesehen.
Die Bewegungs - Motive sind originell und von trefflichem
Flusse. Nicht übersehen werden dürfen auch zwei wirklich
hübsche weibliche lebensgroße Brustbildstudien, von denen
namentlich eine reizvolle hellblonde Erscheinung durch die
Duftigkeit des Vortrages bei größter Energie der Pinsel-
führung frappirt. — Unter den Landschaften hat man wie
gewöhnlich Mühe, allgemeiner bekannte Naturerscheinungen
als Ausgangspunkte zu erkennen. Linen eigenthümlichen
Reiz strahlt — wenn bei der Stumpfheit der Töne der
Ausdruck gestattet ist — ein stilles Gehöft von Bsla
Grünwald aus. Durch ein kleines Fenster leuchtet ein
Licht, der einzige warme Klang in dem Bilde, materiell
und psychisch. Dürfte auch Manches anders und wirkungs-
voller gewünscht werden, so fesselt doch eine wirkliche, ge-
fühlte, nicht gemachte oder raffinirte Stimmung. Außerdem ist
nur noch bei dem Baron Ladislaus von Mednyonszky
zu verweilen. Lin (unnöthig) großes Rauhfrost-
bild verräth vorurtheilsloses Naturstudium und achtbare
perrschaft über die Darstellungsmittel. Auch ein kleineres
Bild entbehrt nicht einer gewissen Anziehung, obgleich
jeder versuch, Jahres- oder Tageszeit oder Wetter zu de-
finiren absolut scheitert. In dieser Richtung dürfte die
Zukunft des Künstlers besser nicht zu suchen sein.
wenn die Künstler übrigens ihre ausgestellten Werke
so flüchtig wie hier meist signiren, sollte — zumal bei
fremdartigen Namen — etwas Unterstützendes zur Mrien-
tirung in dieser Richtung geschehen!
Neben diesen Ungarn erscheinen noch zwei Künstler
mit kleineren Sammlungen. L. Bartning-Rom ist ab-
sichtlich und nur ganz vereinzelt wirkungsvoll primitiv.
Möglich, daß noch einmal etwas daraus wird. Dann
treffen wir den künstlerischen Nachlaß der wiener Malerin
Marie Parmentier an. wenn man feststellt, daß einige
der Marinen und Landschaften an Charles poguet und
Permann Lschke erinnern, so ist die geschichtliche Stellung
der peimgegangenen deutlich genug gekennzeichnet, und
ihrem künstlerischen vermögen eine ehrenvolle, aber ver-
diente Würdigung zu Theil geworden. B. M.
A
KunstchromK.
* Berlin. Die Bewegung gegen die berüchtigten
„Kunstparagraphen" derlsxpeinze nimmt ihren Fort-
gang und dank der glänzenden Namen, die die Leiter der
Volksversammlungen zu gewinnen wußten, hält die lebhafte
Theilnahme des Publikums, das ja immer eine Sensation
haben muß, noch aus. Line erfreuliche Protesterklärung
hat kürzlich auch die „Freie Vereinigung bildender Künstler
Münchens" erlassen; sie trifft den berechtigten Kern der
Sache, ohne sich in Neberschwänglichkeit zu verlieren. Nur
muß inan bei alledem sich fragen, warum die perren nicht
 
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