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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 6
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III. Ausstellung des Gr.-Lichterfelder Künstler-Klubs
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Berlin
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Nr. 6

4- Die Aunst-Halls

8Y

schauenden Plan Aussicht auf Verwirklichung erhoffen, wozu
wir unsere Wünsche auf bestes Gelingen darbringen.
Ueber den Inhalt der Ausstellungsräume schreibt uns
unser B. M.-Mitarbeiter:
Das auch an Zahl der künstlerischen Beiträge nicht
unerhebliche Unternehmen weist recht achtbare Leistungen
auf. Ls kann hier natürlich nur kursorisch von dem Ein-
zelnen Notiz genommen werden, zumal Manches vom Besten
für Berlin nicht neu ist. Karl Genicke giebt tropische
Landschaftsstudien und eine daraus erwachsene treffliche
„Rast am Waldesrand." Line große Radirung, der Groß-
Glockner, ist etwas spröde behandelt. Der Bildhauer
Martin Schauß hat eine MasseArbeiten der verschiedensten
Art ausgestellt, darunter ein paar zierliche weibliche
Figürchen. Den Plaquetten und Medaillen wäre weniger
moderne Flottheit zu wünschen, damit die bei uns dieses
Gebiet Kultivirenden endlich dahin kämen, es den Franzosen
und den Wienern gleich zu thun. I. Schicht meyer hat
außer der bekannter! bemalten Halbsigur eines Knaben eine
höchst reizvolle farbige Büste eines wunderlieblichen jungen
Mädchens ausgestellt, eine prächtige Vereinigung frischester
Unmittelbarkeit der Anschauung mit einem leisen Anhauch
von Guattrozentismus. Von Franz Th. Würbe! fällt
ein annähernd lebensgroßes Reiterbild eines südamerika-
nischen Generals von F . . . auf. Auch eine große
Aquarelle — zur Füllung einer Täfelung geignet —,
Arabisches Lass, empfiehlt ihn. Auch mehrere Damen, zum
Theil Dilettantinnen, sind nicht unrühmlich vertreten. Ein
Stilleben von Fräulein Neumann sollte nur etwas dreister
in den Lichtern sein. Lin Aschenbrödel von Frau Haus-
mann ist eine bemerkenswerthe Feinmalerei. Elisabeth
Schmidts „wegmüder Greis" geht etwas über die Kraft,
ist aber nicht übel angelegt. Mizzi Goeßler-Bergers
Selbstporträt macht auf Weiteres begierig. Zwei Bilder
von L. Tfchautsch und eins von Gtto Goldmann zeigen
bekannten Charakter. Lin hübsches „Idyll" giebt L. Louis.
Linen höheren Schwung nimmt, wiewohl in kleinen For-
maten, Fritz Greve (Sommernachtstraum, und zwei Szenen
aus der Geschichte des Koriolan in Zeichnungen).
Wie gewöhnlich ist die Landschaft reich besetzt. Ich
nenne W. Herwarth mit mehreren großen Aquarellen,
unter denen besonders das Thor aus Neu-Brandenburg
Anerkennung verdient. Dann H. Harder und W. Beck,
mann. Auch Günther-Naumburg darf nicht vergeßen
werden. Noch mehr zu seinem Vortheil als in den neulich
im Künstlerhaus vorgeführten Studien und Skizzen erscheint
hier in mehreren ausgeführten Bildern Max Fritz;
namentlich ein lokales Motiv mit einigen Kiefern ver-
räth ein ungewöhnlich feines Auge für verstecktere
Naturreize. . . Auch die Architektur ist nicht übel vertreten.
Heinrich Th ei sing produzirt sich als Erbauer des paul-
Gerhardt-Stiftes in Berlin und mit der Villa Pinkus in
Grünewald. Ludwig Gtto giebt einige Villen und eine
entschieden phantasievolle Anlage eines Jagdhofes.
In einem besonderen Raume hat die sooistä Italiaim
zahlreiche Möbel und daneben eine kunstvoll gemalte
Majolika-Platte, die für die Pariser Weltausstellung bestimmt
ist, ausgestellt. Einige treffliche Hulbesche Lederarbeiten
und endlich ein Tableau mit den neuerdings Aufsehen er-
regenden auf der Grundlage von photoraphischen

Aufnahmen hergestellten Porträt - Reliefs gründen das
Ganze ab.
Man sieht also, die Kunst ist nicht schlecht bestellt in
Groß-Lichterfelde!

keNin -
i. Sei Ssmaw unck von Saerle.
^^Zoch noch ein friedlicher Grt! Hier hasten nicht
wechselnde Ausstellungen übereinander her, die alles
Mögliche bringen, sondern — wie einst bei N. L. Lepke —
sammelt ein feiner Sinn einzelne perlen, wie sie gerade
dem spürenden Auge begegnen, und bietet sie ohne Geräusch
gleichgestimmten Seelen zum Genüsse dar. Jene Gruppe
italienischer und spanischer Maler, die man als die feinste
Blütche einer nicht lärmend programmatischen, sondern einer
verständnißvoll künstlerischen Freilichtmalerei ansprechen
kann, stehen hier augenblicklich an der Spitze: Allen voran
L. Tiratelli. Sein „Festtag in Neapel" (in der Gsteria)
ist ein Juwel, nicht minder ausgezeichnet durch entzückend
charakterisirte Figürchen, als durch Farbenpracht und
leuchtende Helle. Da ist nicht das Allerkleinste von der
sorgfältigsten Darstellung ausgenommen; und doch, wie
meisterlich breit und satt ist das gemalt! Vincente March
in einein „Motiv aus Antipoli bei Rom" steht ihm sehr
nahe; nur daß vielleicht die Typen nicht so mannigfaltig
und nicht so herzgewinnend sind. In ganz verwandter
Richtung bewegen sich die Brüder Salinas, Pablo und
Agosto. Jener schildert mit allem Reiz geistvoll toquirender
Vortragsweise das bunte Gewimmel vor den: Dome von
Amalfi, dieser in ähnlicher Art „la wstn, äsl sinäLao"
(den Namenstag des Bürgermeisters). Hierin reiht sich
ihm M. Barbasan mit seinen spielenden Kindern an. Nicht
so unmittelbar ergreift ein zweites Bild des Meisters, eine
Iiegenhirtin, zu der ein Ziegenhirt mit seiner Heerde die
Höhe hinansteigt.
In gleicher minutiösen Vollendung leistet auch M. Munoz
— Blick auf Venedig; bei Nettuno; bei pegli — Erstaun-
liches, um so mehr, als seine Gesammtwirkung von einer
Wucht und Breite ist, daß man sich solcher Zierlichkeiten
nicht versieht. Ausnehmend malerisch ist auch der licht-
übergossene Oamals Hrsmäs von Raffael Venst. A. de la
Torre's Hafenarbeiter sind dagegen düsterer gehalten, und
P. P. Michetti schildert eine in der Bewegung höchst an-
muthige Glivensammlerin in einer Umgebung, welche für
eine so gefühlte Figur entschieden zu „modern" angehaucht
erscheint. — Lin junges Mädchen im Freien, Kniestück, von
Fr. Andreotti ist in seiner virtuosen Behandlung des Frei-
lichtes um so überraschender, als derselbe Meister ein
Pärchen (mit etwas unsicherem Kostüm) in einem nur
wenig sichtbaren eleganten Innenraume mit fast süßlicher
Glätte ausgestattet hat.
Noch ist ein Freilichtmaler, einer der originellsten und
reizvollsten zu erwähnen: Enrique Serra, mit einer seiner
wehmüthig stimmungsvollen, stillen, zauberhaft beleuchteten
Wasserflächen; und derselbe überrascht durch ein kleines
Genrebild gar nicht damit zu vergleichenden Charakters,
einen Priester darstellend, der von einem Chorknaben be-
 
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