Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

DOI Heft:
Nummer 11
DOI Artikel:
Münchener Kunstschau
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: Die Frühjahrsausstellung der Luitpoldgruppe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0196

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
168 °—-4- Die Aunst-Halle > Nr.

das Kolorit stets kräftig und nie monoton. Von feiner
Komik ist das Gesicht des Badenden, der im Waldsee ein
tüchtiges (Quantum Wasser schlucken mußte. Tüchtig ge-
malt, wenn auch die Schönheiten in sehr seltenen Farben-
stimmungen des Himmels suchend, sind die Landschaften
von Hedwig Jäger. Line Kollektion Porträts ist von
Oskar Michaelis. Lin Künstler, der etwas kann, deshalb
ist freilich noch nicht Alles gut. Die Bildnisse alter
Herren sind die besten, die Damenporträts nicht frei vom
Theatralischen; ich denke hierbei nicht nur an die öfters
als Hintergrund gewählte rothe portisre, sondern auch
an Bewegung und Haltung. Bei einiger: Damen mit
sinnigem Gesichtsausdruck ist indeß die völlige Natürlich-
keit und Ungezwungenheit der Haltung erreicht. Viele
Studien zeigen ein gutes Lharakterifirungsvermögen und
flottes Zeichnen, dagegen scheint der Sinn für wirkungs-
vollen Kolorismus nur in geringerem Maße vorhanden.
Georg Behrens bringt zwei elegante Herrenporträts mit
hellbraun getünchtem Hintergrund; leider ist Alles so
sarbenmatt, man sieht die Bilder wie durch einen Schleier.
— Liner recht seltsamen Technik bedient sich Paul Schad
in seinen: „Lden". Reliefartig erhebt sich Lva und der
Baum der Lrkenntniß aus den: Bilde — ähnlich der Plastik
auf Marzipan-Torten! Von sehr beachtenswertem tech-
nischen Können sprechen die Porträts von B. Frederikson,
inan sehe sich besonders die rasfinirte Behandlung des
Ballkleides der jungen Dame an; auch die kräftig hin-
gemalten Landschaften von Ld. Müncke sollen nicht ohne
Lrwähnung bleiben, ebenso die flotten Federzeichnungen
von Bohusch. M. von Mann hat sich die Wanddekoration
mittelalterlicher Gothik als Spezialität ausgesucht; seine
Kopien beweisen, wie tief er diese naive Kunstübung nach-
zuemxfinden vermag; auch sein eigener Entwurf „Dame
auf dem Linhorn" wirkt wie ein Werk jener alten Zeit;
er soll — wie geistreich! — die von der Begierde der
Männerwelt bestürmte Jungfräulichkeit darstellen. Köppel
hat wieder einige virtuos gemalte, doch im Ganzen etwas
kühle Marinen gesandt.
Im Salon Fleischmann ist eine Madonna in: Früh-
ling beachtenswerth. w. Buttgereith ist mit diesen:
Gemälde zu größerer künstlerischer Ruhe gelangt, und
strömt das Bild den keuschen Reiz tiefer Innerlichkeit
aus. Der Worpsweder Fritz Mackensen schildert Bauern
beim Frühschoppen; durch die Thüre erblicken wir die
sonnige, ruhige, reizarme Landschaft. Alles etwas nüchtern,
aber tüchtig gemacht. Lenbachs kauerndes Kind zeigt
wieder die verführerischen Farben des Meisters und Vier-
thaler bringt die Bronze eines Kindes von schlichter
Anmuth in der Linienführung. Friedrich Stahl stellt bei
Littauer eines seiner Bilder aus der eleganten Welt aus.
Die Bewegung der zahlreichen tanzenden paare ist gut
beobachtet, das Ganze aber doch wenig tief, aber flott
gemacht. — Bei Heinemann sehen wir einige feine
Landschaften von Strützel, besonders den einfach und innig
erfaßten Vorfrühling kann mau mit ungetrübter Freude
betrachten. Der Hauptsaal ist einer Ausstellung des Bild-
hauers Hermann Gbrift reservirt. Aus der Kante eines
nur rohbehauenen Felfeuklotzes treten die Züge Franz
Liszts hervor. Lin gewisser dämonischer Reiz ist diesem
Denkmals - Entwürfe nicht abzusprechen; auch in seiner
Aschenurne des Herrn Vr. von Goldstein, in seinem aus
dem Felsen herausgehauenen Gewölbepfeiler eines Kellers,

geht der Künstler von der Absicht aus, dem Material
möglichst viel von seiner ursprünglichen Natur zu lassen;
freilich sind die Arbeiten sehr herb und entbehren alles
Einschmeichelnden der Form, welch derbe Formen weist
z. B. auch die Fruchtschale aus und noch manches Andere
aus dem Gebiete der angewandten Kunst. In den
Stickereien der Tischdecke, der Bettdecke rc. bringt Obrist
Pflanzenmotive eigenartig, aber natürlich und ungezwungen.
Auf diesem Gebiete liegen ja auch die besten seitherigen
Erfolge des ernst strebenden Künstlers.
Leopold Gustav.
V
Vie MbialmalMteNllng «er
LlMpoWmppe.
Von Leopold Gustav, München.
^^^ie in der Gallerte Heinemann stimmungsvoll arrangirte
Frühlingsausstellung der Luitpoldgruppe macht einen
durchweg freundlichen Eindruck. Kusch els seltsame Märchen-
Landschaften mit ihren leblosen Farben und ein Feld in
Regenstimmung von K. Orth, wie es scheint, ziemlich
sorglos hingestrichen; da haben wir so ziemlich Alles, was
wir mehr oder minder ablehnen müssen und was der naive
Besucher vielleicht für ganz besonders „modern" hält. —
Von den Landschaften nennen wir an erster Stelle die-
jenigen von F. Baer, der immer kräftig zupackt und auch
meist das Lharakteristischste aus der Landschaft heraus-
holt; verwandt seiner Art ist Gamperts stimmungsvoll
gegebene Heuernte bei aufsteigenden Gewitterwolken. Von
Ubbelohde sehen wir ein Brachfeld mit drei Paxpel-
bäumen; Raben durchkreuzen die Luft; ein melancholisches
Bild, das mit wenig Mitteln starke Wirkung erzielt. Der-
selbe Künstler hat einen in: sonnenbeschienenen Flußwasser
stehende:: Knabenakt ausgestellt, in den: er mit hohen: tech-
nischen Können brillirt. Raffael Schuster - Wolda ns
Frauenköpse zeigen ja stets den Künstler auf der Suche
nach charakteristischer Frauenschönheit; allein die Hal-
tung des Hauptes scheint doch allmählich der Manier nahe
zu kommen; auch Earl Marr bringt einen weiblichen Akt
in seltsam gewundener Stellung; freilich koloristisch ein
feines Bild. Auch in: Porträt hat Marr gute Vertretung
gefunden; bei den Herrenbildnissen von Walter Thor ist
die Ruhe und Einfachheit des Vortrages sehr zu loben,
freilich sind sie etwas hart in der Farbe (auch die sonst
treffliche Dachauerin). Alfred Meyer bringt ein sehr tüch-
tiges Herrenporträt; aus seinem Bildniß einer Dame wundern
wir uns über das rothe Gesicht, bis wir in der Ecke die
mit Farbe geschriebene Erklärung lesen: Lchaussirt, ;8/8 ^899.
Nun für ein impressionistisches Gemälde ist es sehr
sorgsam ausgesührt. Vornehm wie stets präsentirt sich
das etwas glatte Porträt von Papperitz, welches den
Prinzregenten sehr lebensähnlich darstellt. Von Gysis
sehen wir diesmal nur einige treffsichere Skizzen-Lntwürfe.
Frz. Grässel bringt wieder famos gemalte junge Enten;
das dem Geflügel zuschauende Kind dagegen ist nicht besser
und nicht schlechter, wie das Durchschnitts - Genrebild es
bietet. Gesscken läßt einige Schönen in späten: Rokoko
durch symmetrisch angelegte Schloßgärten schreiten. Sie
wirken in: Styl ja ganz gut, aber das Ganze macht doch
 
Annotationen