Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

DOI Heft:
Nummer 13
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: München: Frühjahrs-Ausstellung der "Sezession"
DOI Artikel:
Münchener Brief
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0232

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
200

4- Die Run st-Halle

Nr. sZ

Hühner und der Truthahn beobachtet; aber auch seine
Enten, Eisvögel und Schwäne sind mit viel Wirklichkeits-
sinn gegeben; auch das Landschaftliche ist durchweg tüchtig
gemacht, hierin leistet Eugen Wolff Vorzügliches. Der
bunte Feuerzauber, den der Künstler noch im Vorfahre in
der Natur fah, hat Alles Uebertriebene verloren. Natür-
lich hat Wolff die Ergebnisse seiner ernsthaften Lichtstudien
nicht aufgegeben, aber er stößt den Beschauer nicht mehr
so sehr mit der Nase darauf. Der von der Abendsonne
beglänzte Flußlauf, Birken im Schnee, Frostwetter und
andere sind mehr, wie fein empfundene Naturansschnitte,
sondern jedes macht für sich betrachtet einen harmonischen
Eindruck. In recht bunten Lichteffekten glänzen L.perterichs
Kuhbilder und Ziegen, Pier ist in den Farbenreflexen
wohl etwas zuviel geschehen, wenn wir auch gerne die
Plastik bewundern, mit der die trefflich gezeichneten Wieder-
käuer aus der Landschaft hervortreten. Auch bei payek
erkennen wir Fortschritte. „Winter" erinnert freilich sehr
an Dill, doch „Nachmittagssonne" muß schlankweg lobend
genannt werden. Tooby hat seine Thierstudien nun auf
weniger friedliche Thiere als Kühe und Lämmer aus-
gedehnt. Rhinozeros und Löwen zeugen von seiner zeich-
nerischen Schulung. Seine Farben haben freilich noch
immer etwas Stumpfes, doch erzielt er z. B. mit der Löwin
und ihren Jungen aus dem Berliner Zoologischen Garten
durch Beobachtung und Zeichnung eine schöne Wirkung.
Adolf pölzel ist in letzten Jahren durch den bekannteren
Dill etwas in den Hintergrund getreten. In dem Bilde
„Thauschnee" ist die Verwandtschaft mit dem anderen
Dachauer aus seiner letzten Epoche fabelhaft; wir ge-
stehen, daß uns pölzel in seinen anderer: Bildern (sämmt-
lich Tempera) trotz seines engeren Zusammenhanges mit
den Schotten doch sympathischer ist; die dunstgeschwängerte
Atmosphäre des Dachauer Mooses darf nicht ganz die
Bilder in Stimmungsreiz auflösen. Man kann hiervon bei
den Nachtampsern Schreckliches sehen. Zu diesen rechne ich
nicht Paul Er 0 del, welcher verwandte Landschaften tüchtig,
aber noch nicht persönlich behandelt. Talentvolle Tempera-
studien bringt auch Franz Gr es. Die Lichtbehandlung ist
stellenweise famos; warum stört nur der Künstler den Ein-
druck seiner Bilder mit messingglänzenden Rahmen? —
In seinen zahlreichen Studien von der Amper will uns
Buttersack diesmal nicht so kräftig erscheinen, wie sonst.
Es ist freilich manches Gute darunter, das hier nicht
einzeln aufgeführt werden kann. Theodor Pagen-Weimar
erreicht besonders in seinen: Bilde: „Feiertagsstimmung"
(Lrntefeld am Abend) eine kontemplative Wirkung, pudert
von peydens feinfarbige „Stimmung" (Dorf am Abend)
ist auch mit Auszeichnung zu erwähnen. Er steht Ribarz
am nächsten, der die Ueberschwemmung der Ehiemsee-
Fraueninsel in zarten Farben und doch nicht weichlich
schildert. Etwas kühl und in der Gesammtwirkung zu
grün ist das sonst tüchtige Bild: „Burgzwinger" des Frei-
herrn von Gleichen-Rußwurm. Bei Rich. Pietschs Land-
schaften muß der Eindruck getheilt sein; Manches ist gewiß
kräftig herausgearbeitet, bei Anderem hat man jedoch den
Eindruck einer vergewaltigten Natur; Theodor Pummel
ist noch unruhiger; einige Bäumchen und ganz unver-
hältnißmäßig viel Pimmel darüber; auch ein Selbstporträt
bringt der Künstler; er stellt sich jedoch in den Dunst eines
Seeufers, so daß alles an einem Porträt wichtige in
Nebelstimmung zerflattern muß. Fahrenberg, Flad,
pähnisch, Petze, Rich. Kaiser, Karl Perm. Müller

kann ich leider nur im vorübergehen nennen, obwohl sie
manches pübsche bringen, von Meyer-Basel ist ganz be-
sonders der zarttonige Allacher Wald zu rühmen.
Ernst Gerhard fand in der Bretagne stimmungsreiche
Motive. Enttäuscht hat uns Leistiko w. Das ist ja vielfach
Plakatwirkung! Bäume wie eine schwere Masse; daß auch
Gutes darunter ist (eine Landschaft mit Wald, wiese und
Wasser z. .B.) sei gerne zugegeben. L. Becker bringt
kräftig modellirte pflügende Pferde in minder hervor-
ragender Landschaft; Phil. Kleins Dame im Sturm fand
schon im Kunstverein unsere Aufmerksamkeit, pegenbarths
kräftig gemaltes Sandfuhrwerk erinnert an den Grafen
Kalckreuth; auch landschaftlich bringt er Tüchtiges. —
Da wir nun dein: Figurenbilde angekommen sind, ist zuerst
pabermann zu nennen; seine Damen, die man früher
tin äs sisels nannte und für die jetzt ein bezeichnender
Name fehlt, sind gewiß trotz aller nervösen Schlankheit
lebendige Wesen, allein es wird kein Paradoxon sein, wenn
wir von einer Theatralik der Nonchalance reden. Uhde
bringt einen prächtigen Studienkopf lch886), ferner die
Studie eines jungen Mädchens, trefflich in der Behandlung
der glänzenden Augen. Auf dem Bilde: „Kind mit pund"
ist das Thier, Pos und Licht famos, das Kind will weniger
besagen; aber Uhdes „Bildniß junger Mädchen", das Paupt-
ftück feiner Kollektion, ist nüchtern in der Farbe und nicht
kurzweilig in der Komposition uns gleichgültig lassender
Nädchengestalten! Sehr gut dagegen ist Uhdes Studie aus
Dachau. Leo Samberger bringt uns die Porträtzeichnung
eines pariser Malers in drei Auffassungen, seine Vorzüge,
aber auch seine Schwächen bleiben sich stets gleich. Von
winternitz das Bildniß eines Eellisten, bei dein die
nervösen pände doch zu stark accentuirt sind, württen-
berger ist etwas derb in seinen Farben; Ferd. Mellys
Tänzerin und Farbenskizze noch zu unruhig. Ioh. Leon-
hard bringt einen tüchtigen Rückenhalbakt, freilich nicht
ohne Manier. Leo putz gefällt sich mit einer sentimentalen
Jungfrau im Kostüm der vierziger Jahre; sie sitzt im Kahn.
Schon das Wasser hat etwas von Limonade. — — Es
verbleibt noch einen Blick auf das Zimmer zu werfen,
welches dem jüngst verstorbenen Wilh. Dürr gewidmet ist.
Es ist bekannt, wie dieser ernststrebende Künstler selten
zur Konzeption geschlossener Werke kam. So finden wir
meist Skizzen und Entwürfe; zeichnerisch oft eminentes
Können kündend, auch koloristisch Manches geradezu genial.
Das Geschick hat uns hier einen ersten Meister durch
körperliche Leiden verkümmert.
X
Müycheye^ Uln'ef.
n: Kunstverein sehen wir einige Kollektionen von
Landschaften. Die sechszehn Bilder von Eugen Bracht
übersteigen den künstlerischen Werth der übrigen Sachen
bedeutend, wie einfach ist der Künstler in der Auswahl
seiner Motive und welch eine Fülle von Stimmung ver-
mag er in seine pügel, Bächlein und Baumgruppen hinein-
zulegen. Und doch arbeitet er nicht nur jener Stimmung
zu Liebe; die Bilder sind auch von einer gewissen Größe
der Zeichnung; man darf dreist von der Ueberwindung
eines einseitigen Naturalismus sprechen.Recht viel
Abnehmer und Freunde finden auch die Bilder aus dem
Nachlasse des kürzlich verstorbenen Scherbring; es sind
recht anmuthige Skizzen und Landschaften, welche der
Richtung von Baisch und Schönleber nahestehen, aber auch
viel selbständig Empfundenes enthalten, weniger be-
 
Annotationen