Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

DOI Heft:
Nummer 21
DOI Artikel:
Imhof, Franz: Grosse Berliner Kunstausstellung 1900
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: Münchener Kunstgewerbe-Ausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0376

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
328

Die Aun st-Halle

Nr. 2s

hellblonden Tone mit einen: Mädchen am Klavier
und einem aufmerksamen Zuhörer, dazu eine Fünf-
zahl von zum Theil umfangreichen Landschaften
von Th. Hagen — dürfte Alles sein. Meister
Hagen giebt mit diesen Malereien zwar den Beweis
seiner unermüdlichen Produktion, aber leider auch
den eines künstlerischen und malerischen Niedergangs.
So unsäglich nüchtern hat er früher das Bild einer
noch so schlichten Gegend niemals dargestellt; und
was er koloristisch einbüßte, ersetzt hier nicht sein
blasser, kalter Freilustton, den wohl Niemand für die
wahre sonnige Atmosphäre halten wird.
Hamburg. Neben den längst bewährten
Meistern der Landschaft V. Ruths und Askan
Lutteroth, die beide noch nichts von ihren früheren
(Qualitäten eingebüßt haben, tritt hier als Dritter
Karl Albrecht nut einer grünen, poesievollen Hügel-
landschaft, die sich durch wahrhaft delikaten Ton
auszeichnet, vollwerthig aus. Lutteroth und Ruths
wirken besonders echt und sympathisch in den aus
der wiesenreichen Umgebung Hamburgs entlehnten
frischen einfachen Motiven. Molly Gramer ver-
bindet ihre beiden Blumenstillleben mit Freilicht-
behandlung; der Farbenreiz hat dadurch nicht ge-
wonnen. Zn: Gegentheil. . . Zm gehörigen Abstand
hiervon sei Karl Gesterleys (Blankenese a. E.) de-
korativ prächtig wirkende Fsordlandschast nur er-
wähnt.
Ans dem deutschen Osten sind Königsberg
und Danzig durch se einen Meister von Nus ver-
treten. Prof. Max Schmidt versuchte sich dieses
Mal nut märkischen Motiven; der ideale Hauch, der
beiden Gemälden eigenthümlich ist, raubt ihnen
keineswegs die Frische der Schilderung, kN. Stry-
owskis „Nogelscheuche" ist ein seltsam buntes Ar-
rangement, in den: ein voller Kirschbaum, lebhaft
prunkende Blumen und heitere polnische Mädchen
neben sener Nogelscheuche die dekorativen Bestand-
theile bilden.
Von den noch unerwähnt gebliebenen westlichen
bezw. südlichen Kunstorten ist Kassel allein durch
Louis Kolitz vertreten. Dessen Leinwand „Aus der
neuen Straße" mit Straßenarbeitern und einem
Leichenzug läßt sich gegenständlich ganz wie eine echt
moderne naturalistische Szene an; doch werden
Manche die übertriebene oder unwahre Farben-
gebung des Bildes mit Recht bemängeln, will man
nut Derartigen: kommen, muß man entweder schärfer
beobachten oder davonbleiben.
Aus Frankfurt a. M. sind zwar Thoma und
Trübner, die hier früher gern gesehenen Gäste, fort-
geblieben. Dafür sind zwei Namen zu finden, die
man neuerdings wohl in: Zusammenhang nut senen
Meistern wiederholt genannt hat: Karl von pidoll
und Ottilie Noederstein. Aber weder an das als
„Großmutter und Enkelkind" bezeichnete prae-
rassaelisch empfundene Doppelporträt von Fräulein
Noederstein noch an pidolls stilisirte Landschaft, die
für die Umgebung von Mentone die Thomasche
Natnraussassung borgt, läßt sich ein höherer künst-
lerischer Maaßstab anlegen. Da müssen wir aus
andere stärkere Zeugnisse persönlicher Eigenart
hoüLn. Reise Meisterschaft repräsentirt das Genre
r cm Rud. Gudden, der sich unfern besten Holland-
schilderern anreiht; besonders die „Nolendamer
Mädchen am Kanal" zeigen ganz famose Typen.
Zwei Porträtmaler Frankfurts sind bemerkenswert!^
G. Scholderer, der eine ganz schlichte Auffassung und
einen grauen Hintergrund liebt, und Rud. Bersny,

dessen sichtliche Hinneigung zu Lenbachs brauner
Eintönigkeit und Pinselführung den Modellen durch-
aus nicht den Reiz unmittelbarer Naturaussassung
und wahrsten Lebens nimmt. Das seelenvolle
Bildniß des „Fräulein M." kann man nicht ohne
Rührung betrachten; es gehört mit zum Besten aus
dieser Ausstellung.
Karlsruhe besitzt ebenfalls einen so schneidigen
Bildnißmaler in Otto Propheter. Der „Major H."
ist mir freilich zu sehr nach Sambergerschem Rezept
stilisirt. Dagegen ist die prächtige Figur Ferdinand
Kellers in: Hohenzollernmantel zwischen zwei zottigen
Hunden eine Leistung voll Energie und Lebenssülle.
Keller selbst hat eine ideale schwarzhaarige Frauen-
halbfigur mit edlem, blassen Profil als heilige
Läzilie benannt. Solch eine Musikgöttin, aber für
den täglichen Bedarf, ist Georg Tyrahns emsig
präludirende junge Dame im holden weiß; der ge-
dämpfte Lustton des Zimmers harmonirt wunderbar
nut der von: Künstler hier beabsichtigten sanften
Stimmung. Seine beiden anderen Stücke reichen
indeß nicht an dieses „Präludium" heran. Als
Landschafter der Karlsruher Gruppe beansprucht
Manuel wielandt Beachtung; seine große Lein-
wand „die Mithrasgrotte" ist eine phantastische Berg-
szenerie voll düsterer Stimmung.
R. Haug, der Stuttgarter Meister, hat
wiederum zwei Kriegsepisoden aus früheren Epochen
unserer deutschen Geschichte nut seinem kultur-
geschichtlichen Nerständniß geschildert. Der flott ge-
malte „Kampf in: Kornfeld" gehört der Zopfzeit,
die sentimental gefärbte Szene „Ueberflügelt" der
Napoleonischen Aera an. Ganz ohne Zusammenhang
nut dieser edlen Haugschen Kunst steht die Richtung
des Stuttgarter Landschafters Otto Reiniger für
sich da, der für seine naturalistischen Impressionen,
selbst hier für „Blühende Bäume", einen so
schmutzigen brutalen Farbenaustrag beliebt, daß man
den Künstler nicht gerade um seine aus der Natur
geschöpften Anregungen zu beneiden Grund hat . . Ich
kann nicht schließen ohne einen aus die Münchener
Gruppe bezüglichen Nachtrag. Zn die Berliner
Säle haben sich nämlich zwei treffliche Künstler ver-
irrt, welche deshalb in: vorigen Artikel (Nr. 20)
übergangen wurden: Karl Becker und Paul Meyer-
Mainz. Ersterer hat im kleinen Format einen
„Erntewagen" und eine „Husarenwache" so sicher
und flott hingemalt, und Letzterer erscheint hier in
zwei geistvollen Humoresken „Klatsch" und „Ein
neuer Paris" auch als aparter Kolorist so bemerkens-
werth, daß man Ursache hat, sich solcher Gäste aus
Herzensgründe zu freuen. F. Z.
X
Münchener Kunstgewerbe-
Mmtellung.
eidige Differenzen haben in diesem Zahre das Kunst-
gewerbe im Glaspalast kein Heim finden lassen;
der Bayerische Kunstgewerbeverein hat deshalb im ersten
Stocke seines Hauses eine im Allgemeinen hübsch aufgestellte
Sommerausstellung veranstaltet. Wenn man auch gegen-
über der maßlosen Ueberschätzung aller kunstgewerblichen
Neuheiten sehr reservirt bleiben mußte, so begegneten uns
doch vor einigen Zähren tGIasxalast von (898) viel-
 
Annotationen