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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 10
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P., R.: Düsseldorfer Kunstbrief: Düsseldorf, Ende Januar
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0178

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W2

Die Aunst-L)alle

Nr. sO

greift wieder einmal in provinzialem Anverständuiß absolut
nicht, was man in Berlin an diesem Künstler, der sich
dort einiger Beachtung zu erfreuen scheint l? die Red.),
finden kann. Seine Landschaften mit den bilderbogenartigen
Farben sind doch gar zu naiv und seine Figurenbilder
trocken, ohne Leben und von einer höchst primitiven Technik.
Linen bedeutend besseren Lindruck machen die Landschafts-
bilder von Günther Meltzer, Berlin, aus Sizilien, Griechen-
land und auch aus der nordischen peimath. Line große
Auffassung, kräftige Farbe und poesievolle Stimmungen
stempel:: sie zu höchst beachtenswertsten Werken.
Seit Kurzem ist in der Kunsthalle die Ehrengabe
ausgestellt, welche Industrie und Künstlerschaft von Düssel-
dorf dem früheren Regierung? - Präsidenten und jetzigen
Minister v. Rheinhaben widmet. Ls sind 35 Aquarelle
und ein dazu gehöriger feuerrotster Koffer mit Messing-
beschlägen auf einem Renaissance-Untergestell. Dafür, daß
die Llite der Düsseldorfer Kunst hier vertreten ist, wirkt
die Sammlung merkwürdig bescheiden. Das liegt aber
wohl an dem Ausstellungsraum, für den die ziemlich kleinen
Blätter nicht gearbeitet sind, die doch immerhin nur eine
Art Album zur intimeren Betrachtung darstellen sollen und
ihren Zweck, dem beliebten ehemaligen Regierungs-
präsidenten eine angenehme Erinnerung an Düsseldorf
zu gewähren, wohl erfüllen werden. R. P.
G
I.
HHie Ausstellung im Künstlerhause hat mit dem
künstlerischen Rachlaß des ff Wilhelm Amberg
einen hübschen Erfolg erzielt, der um so mehr in die
Waagschale fällt, als eine Vereinsausstellung, welche Pflichten
gegenüber verdienten Mitgliedern der heimischen Künstler-
gemeinde zu erfüllen hat, nur ab und zu mit den Salons
konkurriren kann, die ja völlig freie pand haben und unter
den Neu- und Apartheiten des In- und Auslandes be-
liebig wählen können. . . . Die Thätigkeit Ambergs, der
einst ein Schüler von Karl Begas in Berlin und von
Logniet in Paris war, greift tief zurück in die älteren
Epochen des verstossenen Jahrhunderts. Seine jugend-
lichen Selbstporträts von ;839 und 1842 zeigen noch die
glatte beschönigende Art der alten Wach-Begas Äera.
Dann hat er ganz vorübergehend der Antike kärglichen
Tribut geleistet und für kirchliche Stoffe geschwärmt, bis
auch ihn der malerische Reiz des sentimental-romantischen
Düsseldorfer Genrebildes dauernder als selbst das porträt-
fach fesselte, und er, Schulter an Schulter z. B. mit Karl
Becker, dem jetzigen Akademie-Ehrenpräsidenten, nach
dem Ruhm eines Berliner Terborch strebte. Aus diesen
Jahren bietet die Ausstellung Manches, was voll pumor
und poetischer Empfindung ist, Anderes aber auch, was
mehr gekünstelt als kunstreicb wirkt und heute absolut
kalt läßt.
Schließlich kriftallisirte aus all den ehrlichen versuchen
und Errungenschaften seines virtuosen Pinsels sein eigent-
liches künstlerisches Naturell heraus. Das theilte sich in
überaus zahlreichen Werken Dezennien hindurch, herz-
erfreuend in Farbe und Form, unserem Publikum mit,
das ihn einst zu seinen Lieblingen gezählt hat. Vb in
jenen Schöpfungen nie verblaßte Erinnerungen an den
sonnigen Süden mitwirkten? war es nicht vor Allem
der Frohsinn seines unverwüstlich optimistischen Wesens,
seines Idealismus, der dieses von Andern schal genannte
irdische Leben als ewigen Liebesfrühling voll Sehnsucht
und heimlicher Freude malte? Und welche Ueberraschung,
welch Wunder! Unser längst überreiztes Publikum empfindet
die Ambergsche Poesie, nach all den Angriffen des ver-
stossenen Naturalismus auf unsere Nerven, nicht mehr

fade und süßlich, sondern wieder, wie ehemals, sehr
genießbar. Ja, viele bewundern sogar seine köstliche
Fähigkeit für die Landschaft, die räumlich und künstlerisch
immer mehr in seinen Arbeiten überwog. Man freut sich
zumal seiner saftig grünen Baumgrupxen, seiner Garten-
idylle, prächtigen Alleen, wo durch das trauliche Gezweiq
die munteren Vöglein und die goldig warmer: Sonnen-
strahlen huschen. Das technische Problem der Moderne
war aber gewiß nicht der Zweck dieser seiner Licht-
studien. Ihn drängte es vielmehr wohl nur, der farbig-
sonnigen Natur zu geben, was ihr nach seinem Gefühl
vor Allem gebührte: Das holde Natur-Lächeln. Das
war fürwahr die Spezialität des Landschafters Wilhelm
Amberg . . .
Die allzu verschwenderische Fülle von Landschaften
auf den letzten Ausstellungen des Künstlerhauses macht
übrigens den Wunsch nach einiger Abwechselung rege,
hoffentlich verschafft uns diese der Rest der Saison I —
Eduard Fischer ist im Kreise der zur Zeit vorgeführten
Maler ein Sckülderer der flachen, eintönigen, schweigsamen
Natur, der glattgestrichenen Wasserfläche eines Sees, in
dessen Bucht vorn ein einsames Fischerboot melancholisch
liegt. Im mäßigen Format, mit elegantem Pinsel malt
er gern perbststimmung und die Dämmerung des Abends,
die Lagune bei Venedig, den Ehiemsee mit zarten Re-
flexen, Strand und Dünen der Dstsee, einen holländischen
Kanal, die Gegend der Gberspree — Alles still und
dumpf daliegend, unter bewölkten: Pimmel, wie brütend
und drohend, als wenn die Natur ihren Gdem plötzlich
anhielte, um Kraft für den folgenden Ausbruch athmosphä-
rischer Schauspiele zu sammeln . . . Und ihm verwandt
ist Karl peffner, der in einer überscbwemmten wiese
eine im Tone wunderbar delikate Perspektive bietet. Von
Louis Douzette gebören hier eine Abendstimmung und
eine „Dorfschmiede am Winterabend" wohl mit zum
Schönsten, was der Meister je gemalt hat. Daneben
wirken die beiden effektvollen Szenerien von L. Sandrock
„Dorf mit Mühle" und „Dampfer im Sturm" farbig
etwas derb und gewaltsam. von F. possart ist ein
exotisches Bild „Unter Zypressen", von G. Papperitz
ein „Aschenbrödel" benanntes Idealbildniß und eine pikante
Allegorie des „Morgens" erwähnenswerth.
Schließlich bin ich der „Zunft St. Lukas", einer
Gruppe junger Künstler einige Zeilen schuldig. Die Land-
schafter Karl peßmert, Paul Priem, Ernst Boche u. A.
malen mit mehr Eifer als Können, bläuliche, farbige
Sonneneffekte oder Zwielichtstimmungen. Die Bilder
geben zwar ein offenes Zeugniß des „modernen" Strebens,
aber noch zu wenig der dringend nothwendigen Natur-
Lrkenntniß, die doch für alle Richtungen die gesunde Basis
repräsentirt. Auch die Bildnisse von Karl priem sind
weder in Ausdruck völlig gelungene, noch in der Mache
selbständige Arbeite::. Nur Liner dieser perren, Georg
Tippel, ragt als ernsthaftes Talent über das Mittelmaß
hinaus. Seine kolorirten Illustrationen zu Grünsteins
Versen „Fränzchen Nimmersatt" entsprechen ausnehmend
dem Eharakter und der Tendenz dieses sinnigen Kinder-
märchens. Auch seine landschaftlichen und figürlichen
Studien verrathen durchweg gereifte Formensicherheit.

II. Bei Keller und Reiner.
Die „Gesellschaft deutscher Aquarellisten" hat durch
elf ihrer Mitglieder wieder einmal Kunde von sich geben
lassen; sehr achtbare, wie vorweg zu melden ist. Bei
weitem die meisten Bilder zählen zur Gattung der Land-
schaft. Walter Leistikow ist nicht ohne Poesie, nament-
lich in seinem „Abend", trotz einer gewissen Sprödigkeit.
Auch das „waldinnere" könnte vorzüglich sein, wenn
es mehr Tiefe hätte. A. Schmidt-Michels en hat ein
zu flaches Motiv für diese etwas allgemeine Modellirung.
von Franz Skarbina interessirt eine photographisch nüch-
terne paus - Ansicht, auch mit photographisch liegendem
porizont. Mondnacht und Wasserrosen im Mondschein von
 
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