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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 13
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Werner, Anton von [Gefeierte Pers.]: Fünfundzwanzig Jahre Akademiedirektor: (6. April 1875 - 6. April 1900)
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Meyer, Bruno: Das Urheberrecht der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0227

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Nr. (3

4- Die Run st-Halle

G5

experimentalen Neigungen wie der Gegenwart jeder
Neuheit, die sich als Fortschritt austhut, Thür und
Thor öffnet, oder wenn sie an ihren fundamentalen
Mehren rütteln läßt, also jenen, welchen sie, wie dem
Studium von Natur und Technik, in erster Linie
ihr Aufblühen verdankte . . .
Was sind nicht alles für Angriffe neuerdings
gegen die bestehende Lehrmethode und den Lehrplan
unserer Hochschule geschleudert worden, und welche
üppigen Früchte verkündigten nicht gewisse neunmal-
weise Kunstresormer den Akademien, sobald sie allen
„überflüssigen" Unterrichtsballast (Perspektive, Gips,
Antike, Zeichnen, Komposition u. s. w.) über Bord
geworfen, um lediglich der so interessanten Subjektivität
der Schüler, selbst aus Rosten des Allernothwendigsten,
zu dienen? Ulan könnte wirklich so schadenfroh
sein, zu wünschen, daß diesen Weltverbesserern die
am Baume reisenden Früchte ihres Systems nicht
in Tichel-, sondern in Rürbisgröße aus die Nase
fallen möchten.
Daß eine Reform im Sinne der extremen
Modernen in Wahrheit indeß nur ein Zurückschrauben
des Runstunterrichts aus das Niveau der früheren
Epochen bedeutet, läßt sich ebenso leicht beweisen, wie
die Richtigkeit der Thatsache, daß der Naturkultus
allein, selbst wenn man ihn vielleicht um einige
neue Formen des heutigen perversen Geschmacks
bereichert, noch lange kein echtes Kunstschaffen er-
möglicht und daß es für den Effekt eines Werkes
schließlich einerlei ist, ob dies aus mangelhaft dar-
gestellter oder aus vernachlässigter Natur basirt.
Niemals würden derartige Einfälle von un-
berufenen Kritikern des Unterrichtswesens irgend
welchen Eindruck machen, wenn nicht der brave
Philister, der von diesen Dingen gewöhnlich beim
Morgenkaffee liest, durch die üblichen Schlagworte
„verzopstheit" und „akademische Fesseln" regelmäßig
ein gelindes Gruseln verspürte. Vieser noch stets er-
probten Wirkung, die gern als die sog. öffentliche
Meinung oder wenigstens als die Meinung derjenigen,
welche angeblich allein „die Freiheit von Kunst und
Künstler lieben", ausgegeben wird, auf die Dauer zu
widerstehen, gehört zumal Heuzutage nicht nur gehöriger
Muth, sondern auch innere Festigung und ein reines
Gewissen. Daraus vermochte die Thronik von s8s>6
schon nachdrücklich genug mit den einfachen Worten
zu reagiren: „Die künstlerisch grundlegenden Studien
können weder in einem Privatatelier noch autodidaktisch
anders oder besser betrieben werden, als aus einer
Kunstakademie, nur vielleicht etwas einseitiger, weil
die Akademie ihren Schülern eine Reihe von Studien-
einrichtungen in einem Umfange bietet, wie es die
Werkstatt eines einzelnen Künstlers garnicht kann."
Den Nachweis ihrer Anziehungskraft und der Fähig-
keit ihrer Lehrmethode seit (875 aber braucht die
Berliner Hochschule wohl nicht mehr zu erbringen,
seit Schüler wie H. prell, Klinger, Stauffer-Bern,

Bantzer, Dettmann, Modersohn, Mackensen, Brütt,
Manzel, Uphues, Tuaillon u. v. a. mit klangvollen
Namen aus ihr hervorgingen. Auch gelang es in
dieser Zeit noch keinem der Berliner Privatateliers,
am wenigsten denen mit extrem-modernen Prinzipien,
nur annähernd so tonangebend für den Kunstunter-
richt zu werden, wie einst, zu des „alten Schadow"
Zeiten, die berühmten Ateliers von Rauch,
W. Schadow, Wach, K. Begas, Hensel, A. von
Klöber.
Die Rolle der Akademie für die künstlerische Er-
ziehung hat sich demnach seit 25 Zähren gründlich
gewidert. Was aber auch das letzte Direktorat nicht
ändern konnte und wollte, ist, daß eine „Berliner
Malerschule" nicht gegründet wurde und bei den
heutigen reichshauptstädtischen Verhältnissen auch
wohl weniger als je Aussicht hat: ein höchst frag-
würdiger Vorwurf, der, wenn er überhaupt noch von
einem Vernünftigen erhoben werden sollte, am besten
durch die folgenden Worte des bekannten Rauch-
Biographen Karl Eggers zu widerlegen wäre:
„Aber ist denn Bildung einer Schule überhaupt
der Zweck oder auch eiu Zweck der Akademie? Sie
hat als Unterrichtsanstalt nichts weiter zu lehren, als
das Lehr- und Lernbare der Technik der Kunst und
der erforderlichen Hilfswissenschaften. Man spricht
von der (alten) Düsseldorfer, von der (alten) Münchener
Malerschule . . . Statt allseitiger Förderung der
Malkunst erblicken wir Förderungen ganz einseitiger
Richtungen innerhalb der Kunst, und somit ist gerade
die Bildung der Schule, soweit solche durch plan-
mäßiges Einschnüren des Geistes und der Phantasie
in eine bestimmte Richtung hin geschieht, als Miß-
erfolg der Akademie zu bezeichnen .... Wenn die
Akademie keine Berliner Malerschule erzeugt hat,
wohl aber eine Anzahl Berliner Maler ersten oder
doch immerhin achtbaren Ranges in den verschiedensten
Gattungen und Richtungen der Malerei vorhanden
ist, welche mehr oder minder längere oder kürzere
Zeit dort ihren Studien oblagen, so ist dies unseres
Erachtens ein großer Ruhm dieser Leh rau st alt."
Man darf es getrost dem geklärten Urtheil der
Nachwelt überlassen, endgiltig zu entscheiden, was
von diesem Ruhm dem 25jährigen Direktorat Anton
von Werners gebührt.
G
Vas Mebemcbt M Wimier.
Von Bruno Meyer.
(Fortsetzung; vgl. Nr. tp-
enn Jemand — auch unter sonstigen
günstigen Verhältnissen — ein Dichter
ist wie Zordan oder ein Künstler wie
Mann seid, dann ist es kein Kunststück und keine
Gefahr, einen Selbstverlag zu beginnen, und man
kann sogar dem Zwischenhandel ungewöhnliche Be-
 
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