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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 18
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Imhof, Franz: Grosse Berliner Kunstausstellung 1900
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Gustav, Leopold: Die Münchener Jahresausstellung im Glaspalast
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0322

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280

Die Aun st-Halle

Nr. (8

K. Zimmermann mit Sauen, E. Drathmann mit
einern nicht gerade imponirenden schreienden pirsch,
der eher auf dem letzten oder vorletzten Loche zu
pfeifen scheint.
Endlich das Stillleben, das Blumenstück. Ich
glaube, hier dürfen unsere verehrten Meisterinnen
Elise bsedinger, Zenny Schweminski, Klara
von Sivers, Nel Grönland, Klara Goldmann,
Louise Begas-Parmentier, Llara Berkowski, Gertrud
Moll und wie sie noch heißen, getrost den Wettkampf
mit allen ihren weiblichen und männlichen Rivalen
draußen aufnehmen. Die Leinwand mit den vor
einem Messinggefäß stehenden großen weißen schlichten
„Lallablüthen" von I. Schweminski gehört zu den
effektvollsten Stücken dieser Gattung: um so mehr zu
würdigen, als die hiesigen Stillleben stofflich oft zu
viel geben und dadurch die malerische Wirkung
schwächen.
Wenn es selten ohne Nachtrag abgeht, so ist er
dieses Mal gerechtfertigt. Die drei großen
holländischen Grachtenbilder von bfans bserrmann,
die zu den schönsten Arbeiten des Künstlers durch
die Breite und Wahrheit der Schilderung, die
malerische (Qualität der im weißen Nebel daliegenden
belebten Straßen gehören, konnten vom Referenten
bei der gewählten Gruppirung der Werke nicht
recht untergebracht, aber sicherlich niemals übersehen
werden.
Franz Imhof.
Die Minchkuer Ichresausstelluns
im Glaspalast.
von Leopold Gustav.
s.
/ /Iler die am ersten Juni ohne besondere Feierlich-
keiten vom Prinzregenten wieder eröffneten
Glaspalastsäle nach guten, lebensvollen Kunstwerken durch-
forscht, wird durchaus auf seine Rechnung kommen; wer
dagegen Sensationen oder gar neue Offenbarungen erwartet,
arg enttäuscht sein. Selbst das Lenbachzimmer ist nicht
so interessant wie früher: sehr begreiflich, da Paris u. a.
Plätze dieses Mal vieles entzogen haben. Mit einer größeren
Kollektion als in den Vorjahren ist Fritz August von Kaul-
bach, der in diesen Tagen seinen fünfzigsten Geburtstag
feierte, vertreten, von den Gruppen mit eigener Jury
tritt die Luitpoldgruppe gegen voriges Jahr ein wenig
zurück; Düsseldorf ist diesmal matt vertreten; die Berliner
Abtheilung macht den Eindruck einer Zufallsauswahl; gut
haben die beiden Karlsruher verbände die Ausstellung be-
schickt; die Gruppen von Rom und Glasgow sagen wenigstens
nichts Neues. Um die Plastik ist es schwach bestellt; hier
macht die Kollektion Gasteiger eine Ausnahme. Der kleine
Saal des Frankfurt-Eronberger Künstlerbundes hat
einige ganz famose Sachen, giebt aber von der dortigen
Malergruppe kein erschöpfendes Bild. Auch die Gesellschaft
für christliche Kunst hat nicht so vieles gebracht, wie im
Vorjahre; die vervielfältigenden Künste haben genügend
beschickt, während das Kunstgewerbe nur mit wenigen
Nummern vertreten ist.
Beginnen wir mit der Luitpoldgruppe, deren Säle dem
Eingänge, der immer noch mit dem Friedensdenkmal-Modell

geschmückt ist, zunächst liegen. Da enttäuschen mich gleich
zwei Mitglieder dieses Verbandes, die man immerhin den
Talentirtesten zuzählen muß und von welchen Bedeutendes
erwartet wurde; ich meine Julius Exter und Raffael
Schuster-Woldan. Exter ist sich wenigstens gleich ge-
blieben im großen Wollen, dem manchmal mehr, manchmal
nur ein Iota am vollbringen fehlt; aber Schuster-Woldan
wandert immer weiter auf dem Seitenpfade eines hyxer-
ästhetischen Manierismus. Am vorzüglichsten ist Exters
„Ueberraschung", Najaden fliehen vor den nahenden Bauern
aus dem Waldbache, in dessen blauen Wellen sie badeten.
Der Kolorismus des herbstbunten Waldes ist prachtvoll,
auch liegt so etwas wie Märchenduft über dem Ganzen,
die Bauern sind ganz drollig gegeben, die Nymphlein lassen
kühl. Das Bildniß des Künstlers und seiner Gattin hat
all' seine Sache auf Farbenwirkung gestellt; in der „schwierigen
Passage" glauben wir zuerst solch eine Art Zauberwald zu
erblicken: es ist aber ein simples polzfuhrwerk, das den
Berghang hinabsährt und übertreibt Exter, wie er so gerne
es thut, die Farbensxiele der Natur; auch in „Lichtmeß"
vermögen die paar Wachskerzen kaum eine derart intensive
Lichtwirkung zu erzeugen. Der Künstler liebt die drei-
getheilte Leinwand. Seine „Weihnacht" zeigt in der Mitte
schneebedeckte pütten mit lichterflimmernden Fenstern, die
dem Ideal der Familienblätter ziemlich nahe kommen, auf
der einen Seite charakteristische Männergestalten, wohl
modernisirte weise aus dem Morgenlande, auf der anderen
sehen wir durch die von Joseph geöffnete Stallthüre die
Mutter mit dem Kinde. Das Beste von dem Bilde: zeit-
genössische Bauern ohne Uhdesche Reminiszenzen I Die
„Bauern von Uebersee" stehen so hart und luftlos vor dem
blauen Pimmel, daß das Resultat eine, wenn auch packende
Plakatwirkung ist. Nun zu Schuster - woldanl „Olli
protünum vuIZus et areeo" nennt der Künstler seine Lein-
wand. wir sehen daselbst auf einem Art Divan, der in
einer Landschaft mit brennendem Städtehintergrund steht,
einen weiblichen Akt liegen, daneben sitzt eine Dame im
Schäferhut und dahinter ein Leutnant in blauem Waffen-
rock, Kürassierhelm und rothem Manteltuch. Die unbekleidete
Schönheit scheint einer parse hin nnd wieder Akkorde zu
entlocken; im Uebrigen schaut Jeder in anderer Richtung
in die Luft; der moderne Mars scheint sich sogar gewaltig zu
langweilen. Nachdem ich nun mehrmals sinnend, ohne eine
Lösung zu finden, vor dem Bilderräthsel gestanden, sehe ich
ein, daß ich zu dem profanen Pausen gehöre, den perr
Schuster-Woldan haßt und von sich fern hält. Läßt man
aber seine wißbegierde zu Pause, so kann man sich daran
freuen, wie fein die Farben zusammengestimmt sind, auch
über das zarte Inkarnat des Aktes und über das liebliche
Gesicht der Schäferin I Diese ist nämlich ganz heiter-natür-
lich, während Schusters übrige Frauenköpfe wieder den
Ausdruck kränkelnder Sentimentalität tragen. Raffael
Schuster bringt auch ein Porträt der Frau perzogin von
Mecklenburg. In einer Ideallandschaft steht eine weiße
Frauenengestalt, derer: sinnender Blick sich ins weite verliert.
Das ist alles mit ganz bedeutendem Können gemacht; das
sei gerne zugegeben, pelene Schulz (Berlin) bringt ein
Porträt Raffael Schuster - woldans. Der Ausdruck des
geistreichen Kopfes ist verblüffend ähnlich, pelene Schulz
scheint Schuster-Woldan nicht nur gemalt zu haben, sie hat
auch von ihm gelernt; dieses Porträt mit dem bläulichen
Pimmelhintergrund und mehr noch ein Damenbildniß könnte
man beinahe für Schuster-Woldansche Gemälde halten. Ein
 
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