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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 16
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Galland, Georg: Die Zurückgabe der Architektur an die Kunst
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Meyer, Bruno: Das Urheberrecht der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0283

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Nr. (6

4- Die A u n st - Lj a l l e

2^5

Und da neuerdings sich die Fälle chatsächlicher
Degeneration des hohen Geistes der Baukunst mehrten,
Fälle, welche kund thun, wie mancher beliebte
,,Wohnungskünstler" mit seinen „rein künstlerischen"
Absichten höchst wohlseile Lorbeeren pflückte, vor
lauter Wohnungskunst aber manches Unentbehr-
lichste vergaß, so ist es nicht nur an der Zeit, Reformen
zu unterstützen, sondern auch Noch, vor Ausflüssen eines
mißgeleiteten künstlerischen Ehrgeizes im Architektur-
fache zu warnen.
Und darin, daß der Ul al er sich heut zu Tage
ernsthaft und eifrig bemüht, als Kunstgewerbler und
Wohnungskünstler ein Rivale des Architekten zu sein,
kann durchaus kein so bedrohliches Zeichen der Zeit
gefunden werden. Im Gegentheil, man darf in
dieser neuen zeitgemäßen Bethätigung der malerischen
Kräfte eine wünschenswerthe Entlastung nach zwei
Seiten hin erblicken. Erstens eine Beschränkung der
Ueberproduktion in der Malerei, und zweitens eine
Entlastung des Architekten, von dessen Befähigung
es allein abhängig bleibt, ob und wie weit er trotz-
dem das Werk seines Mitarbeiters zu beeinflussen
vermag. Für die maßgebenden Faktoren aber, welche
in den hier berührten Fragen des Kunstunterrichts
zu entscheiden haben, wäre es außerdem wohl
widersinnig, eine Möglichkeit zu fördern, die den
Einen das nimmt, was die Andern — geschenkt haben
wollen.
G. G.
X
Vas Urheberrecht «ter Künstler.
Don Bruno Meyer.
(Schluß.)
Eine ganz arge Bestimmung enthält der K sch
daß nämlich ein Kunstwerk, dessen Benutzung an
einem Erzeugnisse der Industrie der Urheber
einmal bewilligt hat, gegen weitere Verwendung
in der Industrie nicht mebr nach dem Kunstschutz-
gesetze, sondern nach dem Musterschutzgesetze
geschützt sein soll. Das bedeutet vornehmlich, daß
der Schutz von Eintragung und Gebührenzahlung
abhängig und auf ziemlich kurze Zeit eingeschränkt
ist. Das widerstreitet nicht nur dem materiellen,
sondern mehr noch dem idealen Interesse der
Künstler. Denn sie dürfen beanspruchen, daß, so
lange ihr „geistiges Eigenthum" an ihrer Schöpfung
währt, ohne ihre Einwilligung auch keine Verviel-
fältigung entstehen darf, die sie ihres Werkes nicht
würdig erachten. Die Bestimmung entwerthet
auch das Recht der Benutzung an industriellen
Gegenständen. Denn wenn dieses Recht nach wenigen
Jahren ein Vorrecht zu sein aufhört, so zahlt schon
der erste Ersteher natürlich weniger dafür, als wein:
es ohne Umstände und Kosten bis dreißig Jahre
nach dem Tode des Urhebers geschützt bliebe; und
ein weiterer Ersteher findet sich kaum, da das Werk
ja binnem Kurzem für die Industrie überhaupt frei
wird, wenn aber die Allgemeinheit sich den
Zugang zu Genuß und Bildung durch die ent-
stehenden Kunstarbeiten aller Art erschwert, bezw.

besteuert, um den schöpferischen Künstlern ein ein-
trägliches „Eigenthum" aus ihren Werken entstehen
zu lassen, so ist es beinahe nur als lächerlich zu
bezeichnen, der Industrie, die das fremde Produkt
zur Vermehrung ihres Verdienstes aus nutzt, be-
vorrechtete Eingriffe in dieses der Allgemeinheit
vorenthaltene „Eigenthum" zu gestatten. Die Be-
stimmung fällt auch insofern aus der Kontinuität
der Gesetzgebung heraus, als eine photographische
Reproduktion, die als solche, d. h. als Erzeugniß
der Photographie, nur einen fünfjährigen Schutz
genießen würde, als Nachbildung eines noch ge-
schützten Kunstwerkes — nach der inehrfach zitirten
Bestimmung K 5 Nr. 2 des Kunstschutzgesetzes — so
lange wie dieses selber unter Schutz gegen jede Nach-
bildung steht. So muß also auch generell das
Kunstwerk, das als gewerbliches Muster benutzt
worden ist, ganz unabhängig von dem Schutze, der
ihm als solchen: zustehen — oder (wenn es z. B.
nicht eingetragen wäre) auch nicht zustehen —
würde, als Nachbildung eines noch geschützten Kunst-
werkes mit diesen: selber unantastbar sein.
In Bezug auf die sehr emsig betriebenen Be-
mühungen, die Schutzfrist überhaupt auszu-
dehnen, „vorläufig" wenigstens von dreißig Jahren
nach den: Tode des Urhebers auf fünfzig, sollten die
Künstler konservativ sein. Die Erfahrung lehrt,
daß sie zu mindestens 99 pDt. bei dieser Frage nicht
als Künstler, sondern als sOublikum interessirt sind.
Dein: noch lange nicht s pTt. aller f)roduzirenden
hat durch die eigenen Werke für sich, bezw. seine
Rechtsnachfolger Vortheil von der geplanten Ver-
längerung des Schutzes. Jene der Gesammtheit
ziemlich gleichkommende Mehrheit hat sich also zu
überlegen, was sie zu entbehren hätte, wem: heute
noch die Werke derjenigen Künstler, Dichter, Musiker
u. s. w. geschützt wären, welche bereits länger als
30 Jahre todt sind; ob sie wünschen könnte, daß auf
die billigen Ausgaben, die kritischen Bearbeitungen,
die ungehinderten Aufführungen und was dergleichen
mehr ist, noch zwanzig Jahre zu warten wäre.
Danach, nicht nach den überwiegend imaginärer:
Vortheilen jener Schutzverlängerung ist besonnener-
weise die Frage zu entscheiden. Denn imaginär sind
jene Vortheile in der That zumeist. wie viele
Schaffende Habei: mehr als dreißig Jahre nach
ihrem Tode noch Nutznießer ihrer Rechte, an denen
ihnen etwas liegt? In demselben Maße aber, wie
der Schutz sich verlängert, erlahmt auch das Inter-
esse an Werken, die, ohne ganz allerersten Ranges
zu sein, immer noch mit Schwierigkeiten und Opfern
zugänglich sind; und dann haben sie um so weniger
Aussicht, als noch lebensfähige Schöpfungei: die
Schutzfrist zu überdauern. Es liegt daher in: idealen
Interesse der Schaffenden, d. h. es ist zu Gunstei: ihrer
Dauer im lebendigen Gedenken der Nachwelt, wenn
sie nicht zu lange ein Eigenthumsrecht an ihren
Werken geltend machen. Zu verkennen ist allerdings
nicht, daß es Werke giebt, auf deren Popularität es
ziemlich ohne Einfluß bleibt, ob sie noch geschützt
sind oder nicht. So werden unzweifelhaft die
wagner'schen Musikdran:en zwüchen s9s2 und s933
wohl ebenso oft aufgeführt werden, ob wir inzwischen
den fünfzigjährigen Schutz bekommen haben oder
nicht. Aber gerade bei solchen Werken ist voi: einer
Ungerechtigkeit gegen den Schöpfer und seine Erben
«oder sonstigen Rechtsnachfolger) nicht zu reden; denn
die Berechtigte,: haben von so sieghaften Werken
durch laiige Zeit so riesige Genüsse gehabt, daß nun
 
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