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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 6
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Düsseldorfer Kunstbrief
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86

4- Die Aunst-Halle

Nr. 6

Münchener Mriek.
von Leopold Gustav.
^<^^as neue Kleid, welches Lenbach und Thiersch den
Kunstvereinsräumen angelegt haben, präsentirt
sich nun den Beschauern. Der Stuck der Deckenwölbung hebt
die Dimensionen und es ist so viel besser und schöner ge-
worden, daß man zuerst in ganz neuerbauten Sälen zu
sein glaubt; prächtige Räume — ganz im Sinne Lenbachs
— von denen sich die Gemälde, dank der sehr glücklich ge-
stimmten Wandbekleidungen, sehr wirkungsvoll abheben.
Unnöthige Thüren sind verschwunden, dafür ist eine Pforte
entstanden, welche Düll, Pezold und' Peilmeier — das
Autoren-Trio des Münchener Friedensdenkmals — in
venetianischem, aber doch eigenartigem Geschmack aus-
geführt haben.
weitere Einzelheiten der Ausstattung dürften wohl
auswärts kaum interessiren, deshalb von Rahmen zum
Bilde. — Die erste Woche ließ sich sehr vortheilhaft an,
obwohl nicht nur erste Namen ausgestellt hatten, aber
Lenbach hatte die Bilder weit gehängt, so daß jedes zu
seinem Rechte kam. Jetzt in der zweiten Woche stehen die
Gemälde leider wieder in eng nachbarlichem verhältniß.
Lenbachs Bild seiner über den Bambino gebeugten Frau
ist entschieden das trefflichste seiner Kollektion. Nur mit
wenigen Strichen auf den Karton hingelegt, tritt das
Ganze uns doch mit greifbarster Plastik entgegen und in
dem vorgebeugten Frauenkopf ahnen wir den Rhythmus
der Bewegung. In den zwei Porträts Nansens betont er
besonders die Energie des Nordpolfahrers. Die weiteren
Bildnisse sind entweder nicht ganz neu oder man wird sie nicht
in die allererste Reihe stellen, wenn man über die Werke
des schaffensfrohen Meisters kunstgeschichtliche Peerschau
hält. Frostig in den Farben wirkt diesmal Albert v. Kellers
„Tänzerin". Paxperitz bringt das Porträt des Regenten
und einige Damenbildnisse, farbenkräftig und elegant wie
immer; tiefer wie gewöhnlich ist der Pastellkopf, den Tini
Rupprecht gesandt hat. Auch Korzendörfer und Lrdtelt
bringen Porträts, ungezwungen in der Packung, treffsicher
hingemalt. Das Gegentheil hierzu ist Gampenrieder; diese
Damen mit den riesigen picken haben in der Packung etwas
Unfreies; sie haben „Photographiegesichter" aufgesetzt.
Buttgereit ist uns bis jetzt nur durch frische, manchmal
sehr geklerte, aber immer temperamentvolle Landschaften
bekannt gewesen; auch in den Pastell-Porträts junger Damen
zeigt sich frisches und meist glückliches Aufgreifen des
wesentlichen. Rettigs Temperagemälde ist ja ganz fidel
gemacht, aber es spricht doch sehr Manier daraus, peinrich
Rasch bringt uns eine Reihe Strandbilder von Katwyk,
Dordrecht und Amsterdam. Die große Leinwand „Stürmische
peimkehr" repräsentirt sich hier viel wirkungsvoller, wie
im Sommer in einem allzu bunten Theile des Glasxalastes.
Auf den zahlreichen Skizzen und Bildern ist das Meer
wieder mit glücklicher Technik bewältigt und die Leute am
Strande — die strickende Bauersfrau zum Beispiel — sind
ohne Schminke gesehen, und echte Bauerngestalten durch
und durch. — Seine dreitheilige Marine überschreibt
Vincenzo Migliaro: Alba — Mezzogiorno — Erepuscolo
— die drei Studien sind ja sehr fein gegeben, aber das Ganze
wirkt doch wie drei zu Unrecht zusammengekoppelte Gemälde.
Die Technik ist gewandt, aber etwas glatt für unseren

Geschmack. Anderfen-Lundby begegnen wir diesmal auch
mit einer Marine, die bedeutendes Können verräth. Eigen-
artiger ist freilich sein Fuhrwerk auf der regennaßen Land-
straße. panna Porst bringt einige perbftbilder, bei denen
jedoch die Farben des gelben und rothen Laubes eine noch
zu aufdringliche Sprache führen.
Graf Bülow v. Dennewitz hat eine große Anzahl
Aquarelle, Zeichnungen und Studien, meist ostpreußische
Motive, ausgestellt, vermögen wir in seinen Genrebildern
nicht immer allzu persönliche Noten zu entdecken, so freut
es uns um so mehr zu konstatiren, daß diese Studien eine
Menge gut gesehene, fein aufgefaßte und ernst ausgeführte
Landschaftsmotive enthalten, parburger bringt wieder
mit feinem pumor charakterisirte Bauerngestalten, F. v.
Lo8n eine gute Winterlandschaft und Marg. Bodemer be-
weist durch ihre Malerei des grellen Sonnenlichtes wie
des Nebeldunstes tüchtiges Können. Auf altmeisterliche
Anregungeu stützt sich das „Andacht" benannte Bild einer
Matrone, in deren Gesicht Helles Licht fällt. Ls erhebt
sich jedoch weit über die einfache Nachahmung, so daß
dieses Bild von Lepel-Geitz hier zum Schluffe noch zu er-
wähnen war.

Vösseldorker ^unskbrief.

eitdem vor etwa zwei Jahren an dieser Stelle als
unabweisbare Nothwendigkeit für die Entwicklung
des Düsseldorfer Kunstlebens u. A. die Errichtung eines
großen Ausstellungsgebäudes bezeichnet worden war,
ist mancher Tropfen Wasser den Rhein hinuntergeflosfen;
aber es ist auch Mancherlei geschehen. Das Projekt des
Ausstellungspalastes hat den alten Plan einer Düsseldorfer
Weltausstellung wieder wachgerufen und dank des energischen
vorgehens einiger geistig und materiell an der Sache
interessirter Leute ist die Weltausstellung tfiO2 gesichert
und mit ihr die Erbauung eines ständigen Gebäudes zu
Ausstellungszwecken der Künstlerschaft. Das Recht an der
Nutznießung dieses Gebäudes, das auf dem zum Theil
neu aufgeschütteten Gelände an der sogenannten Golz-
heimer Insel errichtet werden wird, sollte die Künstlerschaft
durch Zuzahlung von 60 000 Mark erwerben, und diese
Summe wiederum ist durch einen überaus glänzend ver-
laufenen Bazar lam 29., 30. November und z. Dezember)
mit damit verbundener Lotterie von Kunstwerken ohne
allzugroße Schwierigkeiten aufgebracht worden.
Mit dem in diesem Jahre allerdings auffallend langsam
und milde hereinbrechenden Winter hat denn auch das
während der guten Jahreszeit hier immer stockende Aus-
ftellungswesen einen gewissen Aufschwung genommen. Der
„Salon Schulte", dem von der Kunsthalle immer
weniger Konkurrenz gemacht wird, stellte verschiedene ältere
und neuere Bilder von größerem oder geringerem Interesse
aus. Trübner wirkte allerdings mit einer Kollektion er-
schreckend altmodisch; der stiere Ausdruck seiner Porträts
und Studienköpfe hat etwas überaus Unbeholfenes, und
die einst so bewunderte Mosaiktechnik ist — eben nicht
mehr Mode und zieht nicht mehr. Unter den französischen
Bildern, die bei Schulte seit einigen Wochen zu sehen sind,
befindet sich manches gute, aber auch sehr viel Mittel-
 
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