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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 14
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Der Amateur-Photograph
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222

Die Aun st-Halle

Nr.

meinte, daß sie die Aufgabe der Porträtmalerei von heute
viel schwieriger gemacht habe, als sie sich bei den alten
Meister zeigte, insofern, als was in früheren Zeiten als
ähnlich hinging, fetzt leicht angesehen werden könnte als
treuer Eharakterisirung entbehrend. Der psychologische
Standpunkt der Beobachtung, sagte er, sei eine moderne
Entwicklung und das Volk hätte gelernt, mit anderen Augen
zu sehen als in vergangenen Zeiten. Der beschränkteste
Gassenkehrer wäre heute fähig, ein Urtheil abzugehen über
ein Bildniß einer königlichen Persönlichkeit, so vollständig
wäre die gedruckte Photographie allen Massen der Gesell-
schaft vertraut geworden. Demnach hat die Photographie
das Auge des Volkes zu einem höheren Grade kritischer
Fähigkeit erzogen und das Resultat davon ist, daß die
Porträtmalerei größere Anforderungen an die Geschicklich-
keit des Künstlers, ein Bildniß festzulegen, stellt, als an
feine Fähigkeit, ein monumentales Porträt herzustellen, wie
es aus den fanden eines velasquez oder Reynolds hervor-
ging. Der lebendige Ausdruck im Gesicht solcher Werke ist
keine Bürgschaft für eine absolute Ähnlichkeit. Der Vor-
tragende bemerkte ferner, daß noch eine andere Schwierig-
keit für die Erlangung des Großen und Malerischen dieser
monumentalen Porträts in der Scheußlichkeit der modernen
männlichen Tracht liege. Er sagte, es wäre interessant
gewesen, wenn man hätte sehe können, was ein Tizian
aus einem schwarzen Frack und Beinkleidern von heutigem
Schnitt gemacht hätte, wenn sie an die Stelle des Kostüms
eines seiner Modelle gesetzt worden wären.
Professor perkomer widerräth strengstens den Gebrauch
der Photographie seitens der Studirenden der Kunst-
akademien, für welche nichts die Skizzen und Studien nach
der Natur ersetzen könne. Er faßte das in den Ausspruch zu-
sammen: „Die Photographie ist nichts nütze denen,
die nicht ohne sie auskommen können." Von dem
vorgeschrittenen Künstler, der ein vollständiger Meister
seines pandwerks sei, könnte sie dagegen mit ungeheurem
Vortheil benutzt werden, um sich von mechanischen Placke-
reien zu entlasten und er gab auch ihre Brauchbarkeit zu,
für Momentaufnahmen von dem Modell während der
Unterhaltung, so daß die charakteristische Pose und Be-
wegung festgestellt werden kann, bevor das Bild begonnen
ist. Solche Pose ist oft zu flüchtig zum Festhalten selbst in
der schnellsten Skizze oder im Gedächtniß. Die Photo-
graphie sei indessen unverwendbar beim thatsächlichen
Malen, da ihre Perspektive, wenn sie von dem Arbeitsplatz
des Malers aus ausgenommen wurde, zu sehr übertrieben
sei. Es wurde ausgeführt, daß eine Photographie im besten
Falle nur die äußere Erscheinung eines Modells in einen:
bestimmten Moment wiedergeben könne. Des Malers Auf-
gabe sei es, mehr zu sehen, den Ausdruck wiederzugeben,
durch den das Modell bei seinen Freunden bekannt sei, die
ihn in seinem Leben und Wirken sahen, bei Tische und im
Gesellschaftszimmer und es nicht nur zu malen wie er gerade
in dem kalten Licht des Ateliers erscheint.
Der Vortragende gab zu, daß die Photographie jetzt
von allen Künstlern benutzt werde. Auf dem Kontinent gäbe
man diese Thatsache freimiithig zu; in England scheinen
immer noch einige kleine Bedenken dagegen zu bestehen.
(Phot, wochbl. Nr. 9 nach Photograxhy, l.8. Ian.).
Anm. d. Red.: Wir stimmen nicht in allen Punkten
nut perrn v. perkomer überein. Können auch nicht
finden, daß die Photographie in der Gegenwart die Auf-
gabe des Porträtmalers erschwert habe. Ein gutes Bildniß
zu malen ist jetzt genau so schwer wie ehedem, und der
ganze Unterschied ist nur der, daß heute Weniger da sind,
die es können. . Was den „Gassenkehrer" heutzutage klüger
macht, sollte das nicht auch dem Künstler und ihm be-
sonders zu Gute gekommen sein? Auch scheint mir die
moderne Tracht des Mannes nicht gerade „scheußlicher" zu
sein, als z. B. die weibliche eines Velazguez. Lin gutes
Bildnißgemälde hängt doch wohl sehr wenig von dem Reiz
des Stofflichen ab, und Rembrandt wie Lenbach haben
grade in ihren monoton kostümirten Männerporträts die
größte Schönheit erreicht.
* Lin neues Umdruckverfahren haben sich
Johann Rottach in Wien und Josef Hansel in Gratz
schützen lassen. Das Verfahren besteht nach einer Mit-
theilung des Patentbureaus von p. öc W. Pataky, Berlin,

darin, daß zunächst auf gehärteten Gelatineflächen eine
Zeichnung in lithographischer Kreide oder Tusche ausgeführt
wird, die nach Behandlung mit Gummilösung, Linschwärzen
nut Umdruckfarbe und Abwaschen auf die als Druckfläche
dienende Platte übertragen wird.
(Phot, wochenbl. t2., t900.)
Unsere MtMung.
Der diesem Pest beigelegte „weibliche Studienkopf"
von Prof, Pauns Fechner bietet außer der formalen
Schönheit der Züge auch einen gelungenen, höchst indi-
viduellen beseelten Ausdruck. Die Autotypie ist nicht nach
dem Original, sondern nach einer Photographie von der
„ Graphischen Gesellschaft," Berlin 8 VV., Lind enstr. 1 s/ l 7
hergestellt worden.
Pedler vmcdtigung.
In vorigem pefte (Nr. l3) lese S. l9? Spalte II
Heile 6 von unten: gräzisirt (statt präzisirt).
Lur Nacbricbl:
Die neu hinzugetretenen Abonnenten erhalten
auf Wunsch die pefte ll und l2, welche den Anfang
zweier in Nr. lö fortgesetzten Aufsätze enthalten,
gratis und portofrei
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Zeitschrift „Die Kunßhatte" Kertiu M.

An folgenden stellen in öerlin sind die pefte der Zeit-
schrift stets vorräthig:
1. Geschäftsstelle äer „st. ff." ff. M. starlstr. 25.
2. Max jjohn, «erlag, TI. Leip?igerstr. 29.
Z. llmelang'sche öuchhlg., M. öotsclamerstr. 126.
4. öehr'sche öuchhlg., ff. M. Unter clen Linäen 47.
5. Iran? öarschall, öuchhlg., M. sturMrstenäamm 24Z.
 
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