Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

DOI Heft:
Nummer 13
DOI Artikel:
Meyer, Bruno: Das Urheberrecht der Künstler
DOI Artikel:
Galland, Georg: Das Frauenkostüm in der Kunst der letzten Jahrhunderte: ein Vortrag von Georg Galland
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0229

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. (3

-2- Die Runst-Halle


Tage die Neuheiten der Saison zur gefälligen Be-
sichtigung und Auswahl aufstellen werde; und ich
bitte um Ihren geneigten Besuch." Dann bemüht
sich der „geehrte Herr" dahin, sucht nach seiner
Renntniß von dem Geschmack und Bedürsniß seines
Abnehmerkreises das passend Erscheinende aus, und
ertheilt dem Reisenden stehenden Fußes den betreffenden
Auftrag, denl er dann mit Gemüthsruhe entgegen-
sieht, bis er aus dem ausgezeichnet organisirten und
sehr bequemen, wenn auch ein klein wenig lang-
samen „Buchhändlerwege" in seine Hände gelangt.
Jeder andere Weg, einer neuen kunsthändlerischen
Erscheinung Eingang in das Sortiment zu verschaffen,
vollends aber gar jeder Versuch, unmittelbaren Ab-
satz beim Publikum zu finden, ist erfahrungsgemäß
noch sehr viel umständlicher und kostspieliger; und
eine Genossenschaft wie die von Mannseld geplante
wäre zwanzigmal banquerott, ehe sie an dieser
„Usance" des Runsthandels etwas in ihrem Sinne
geändert hätte. Ein Angehöriger dieses Runsthandels
lacht sich krank, wenn er die Prophezeiung Mann-
seld's vernimmt: „Das Gehen oder Nichtgehen eines
Werkes wird nicht mehr von dem Willen des Ver-
legers abhängen." Nun, wie gesagt: das Nicht-
gehen wird er schwerlich durch seine Macht herbei-
führen; er könnte es aber, denn er brauchte nur
nichts für das Werk in korrekter Weise zu thun, so
würde selbst eine neue große Radierung von Mann-
feld liegen wie Blei, aus Wunsch bis zum Aus-
erstehungsmorgen. Aber aus das Gehen eines
Werkes, wenn es eben nicht gehen will, ist er ohne
jeden weiteren Einfluß. Da heißt es einfach: Ein
kleines Rind kann ein Pferd an's Wasser führen;
aber zehn starke Männer können es nicht zwingen, zu
sausen. Die Genossenschaft würde keinen Deut mehr
Macht haben. Sie würde höchstens vielleicht in
demselben Verhältnisse mehr Werken Eingang zu
verschaffen in der Lage sein, wie sie vielleicht mehr
verlegen würde. Es würde aber einer sehr großen
Weisheit in der Abfassung der Satzungen bedürfen,
wenn sie zum Letzteren nicht zu ihrem sicheren Ruin
und ohne jenen verhältnißmäßigen Erfolg gezwungen
sein wollte.
Der handel ist eine Macht, deren Bedeutung
Mannseld bei seinen Rombinationen in der ver-
hängnißvollsten Weise unterschätzt. Der Handel weiß
besser als die produzirenden (in unserem Falle:
besser als Rünstler und Verleger), was er braucht
und verbrauchen kann, d. h. was das Publikum
auszunehmen geneigt ist; und er ist ein nothwendiges
Mittelglied zwischen den produzirenden und dem
Publikum, das man respektiren, und vor dem man
sich bis zu einem gewissen Grade sogar beugen
muß. Zum Mindesten ist es selbstmörderisch, ihn zu
brüskiren. Ein einleuchtendes Beispiel liegt im
Augenblicke zur Hand, um diese Macht zu illustriren.
Die bekannte Runstverlagsanstalt (für plastische
Sachen) von F. Goldscheider hat seit mehreren
Jahren in Berlin einen offenen Laden, früher unter
den Linden, jetzt größer und eleganter in der Leip-
ziger Straße. Dort ist jetztch Ausverkauf; warum?
Große Aushänge in den Schaufenstern verkünden es
ganz frei: „In Folge andauernder Proteste meiner
ausgebreiteten deutschen Engros-Rundschast gegen die
Etablirung meines hiesigen Runstsalons . . ." Diese
Ronzession muß eine brillant Angeführte Verlags-
anstalt ihren Abnehmern im handel machen! Sie

H Inzwischen ist dort längst Alles beendet.

darf sich nicht einmal erlauben, in der Reichshaupt-
stadt neben ihnen auch selber Rleinhandel zu betreiben!
Das ist ein Fall, an dem zu lernen ist!
Die sozialistischen Ideen von der Verwerflichkeit
und Entbehrlichkeit des Zwischenhandels müssen von
denjenigen überwunden sein, die in die Organisation
der öffentlichen Verhältnisse einzugreisen sich vorsetzen.
Der unmittelbare Verkehr mit den Produzenten —
und nun vollends gar einer Zentral - Sammelstelle!
— verhält sich zu dem Verkehr durch das Mittelglied
der Händler ungefähr wie der Tauschhandel zum
Geldhandel. Das Publikum würde von der Existenz
und der Ouelle der wichtigsten und ihm erwünschtesten
Dinge in den meisten Fällen keine Ahnung haben,
— selbst wenn die Publizität durch Anzeigen und
Reklamen sich gegen das Jetzige verzehnfachen sollte.
Und was würde das kosten! ! Und von wem müßte
es bezahlt werden? Doch natürlich von dem konsu-
mirenden Publikum, — genau wie jetzt die Rosten
des gejammten Zwischen- und Rleinhandels. Nur
daß dieser erheblich intensiver für beide Theile und
bequemer hauptsächlich für den Ronsumenten das
Vertriebs-Geschäft besorgt.
(Fortsetzung folgt.)

Vas frauenkostiim in M I^unst
der leinen Mrdunclette.
Lin Vortrag von Georg Galland.
(Schluß.)
Eigenwilliger als die Maler waren noch die
alten Bildhauer. An einer beträchtlichen Zahl statuari-
scher Arbeiten kann man sehen, wie der Plastiker,
selbst da, wo er dem Ropse ganz individuelle Züge
verlieh und streng nach einein Modell arbeitete, das
Gewand häufig allein in der Art der strengen Gothik
oder der klassischen Antike modifizirte oder idealisirte.
Andererseits giebt es auch seit der Renaissance viele
ungeschminkt wahre Skulpturen.
Trotzdem hatte es vor einen: Jahrhundert der
bekannte Berliner Bildhauer Gottfried Schadow
noch für nöthig gesunden, die Frage zu erörtern, ob
das Zeitkostüm sich überhaupt zu Porträtstatuen em-
pfehle und er war, im Gegensatz zu Goethe u. A.,
zur Bejahung der damals „brennenden" Frage ge-
langt. Dieser Standpunkt erscheint uns modern, um
so mehr, als Schadows künstlerisches Wesen zu Adolf
Menzel leitet. Damals aber bekundete sich darin
eher eine reaktionäre Gesinnung, mehr der realistische
Geist der älteren sriderizianischen als der ideale der
Goetheschen Epoche. In der That haben die meisten
Rünstler, nicht nur die Bildhauer, damals selbst das
an und für sich schon einfache Frauenkleid noch weiter
präcisirt. Ja, Tanova stellte Napoleons Schwester
Pauline als Venus Vincitrix, Angelica Rauffmann
sich selbst als Vestalin dar und die Porträts einer
Mad. Recamier von David, einer Schauspielerin
Siddons als tragische Muse von Sir Joshua Reynolds,
die der Malerin Vigöe-Lebrun und selbst die Rauch-
 
Annotationen