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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 17
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Münchener Brief
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0306

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266

4- Die Nun st-Halle -z-—

Nr. s?

man füglich psychologische Vertiefung nicht fordern. Immerhin
ist die Vielfarbigkeit der Kavalkade durch den Dunst des
jungen Morgens gut abgestimmt. Die große Leinwand
wird als Geschenk des Magistratsrathes Schönner im Nürn-
berger Nathhause ihren Platz finden, Hundertsünfzig Bilder
von einem und demselben Künstler ist ein bischen viel.
Paul Webers Kollektion kleiner Landschaftsstudien würde
im Umfang von nur etwa 20 sorgfältig ausgewählten
Bildchen günstigeren Eindruck machen; das Meiste ist ange-
nehmes Mittelmaß. Bratkowskis Landschaften sind zwar
durchweg interessant, lassen aber vorläufig noch wünsche aus
größere Vollendung unerfüllt. Jos. Weiser sucht in seinen
Landschastsskizzen mit Vorliebe alte romantische Gemäuer
zu gestalten. Seine Genrebilder, Mönche und Kircher:
reinigende Mägde, entspringen offenbar der Neigung für
malerische Kircheninterieurs. Auch in moderner Innen-
dekoration ist der Künstler zu Hause, ohne bisher Eigenes
sagen zu können. Rückhaltloses Lob verdienen die beiden
schlichten Selbstporträts; auch das kleine Frauenbildniß
hat intimen Reiz. Aehnlich scheinen die beiden großen
Männerporträts dieses Künstlers zu sein. Sogar Plastik
ist von ihm vorhanden: ein Schlittsuh lausendes Paar und
ein Kugelsxieler. von Alerander Ehrl ist hier ferner eine
flotte Büste des bayerischen Prinzen Alphons, die in kecken
Zügen die Physiognomie des jovialen hohen Herrn ausdrückt.
Gndrusek bringt eine Reihe scharf charakterisier Männer-
und Frauenköxfe, welche durch treffsichere Zeichnung sich
auszeichnen. Schönes Können und echte Empfindung sprechen
aus den Landschastsradirungen von Anna Duensing.
Die Heinemannsche Kunsthandlung hat zwei Bilder
von M. Nunkacsy ausgestellt; ein im besten Sinne erhabener
Lhristuskops und „Wäscherinnen". Beide Gemälde gehören
einer sehr guten Epoche des Ungarn an. Das Genrebild
ist ungemein fein in der dunklen Tönung des seuchtdunstigen
Abends.
M. Kleiter hat im Tutzinger Todtenhaus zeichnerisch
interessante Profilskizzen von dem verstorbenen Sänger
Heinrich Vogl geschaffen. Diese bei Litt au er ausgestellten
Studien haben,ästhetisch genommen, einen beschränktenwerth,
denn der Gleichmacher Tod zeigt in dem dahingeschiedenen
Manne wenig von dem großen Künstler, der noch in unserem
Gedächtnisse lebt. In dem gleichen Salon finden wir ein
neues Porträt von Stuck. Der Künstler giebt hier den Zügen
seiner Fran eine pallashafte Herbheit; das Bild hat gewiß
manche Vorzüge der Stuckschen Kunst, aber Mache ist auch
dabei.
— — Der Süddeutsche Photographenverein
hat bei „Littauer" eine kleine Ausstellung von „Kunst-
photographien" veranstaltet, die höchst erfreuliche Leistungen
zeigt. In Landschaften, wie in Porträts finden wir Photo-
graphien so sein im Ton und so günstig ausgenommen,
daß man geradezu von künstlerischem Genüsse sprechen
kann. von den Landschastsphotographen nennen wir
F. Frey (Abendlandschast mit einer Herde), Raupp und
Hümmer; von den Bildnißausnahmen sind diejenige von
Dittmars (Prinzregent Luitpold) und Hahn die bedeutendsten.
Leopold Gustav.
KunstchroniK.
* Große Berliner Kunstausstellung lyoo. Die
Kunstwerke der Münchener „Luitpoldgruppe" sind ein-
getroffen und in ^Räumen zur Ausstellung gelangt. — Die
„ Gösterreichische" Abtheilung wird voraussichtlich Mitte
kommenden Monats eröffnet.
* Berlin, vom Künstlerhause. Die vielbeachtete
Lschke - Ausstellung ist am ;8. Mai, ebenso wie die
übrigen daselbst stattgehabten Kollektivausstellungen von
H. Hartmann, A. v. Suckow, A. Nossig u. A. m. geschlossen
worden. Am 20. Mai hat ein neuer wechsel von Kunst-
werken stattgesunden. — Bei Ed. Schulte sind mehrere
Kollektivausstellungen neuerdings hinzugetreten. Ls sind
mit Linzelarbeiten erschienen die Münchener Hans von
Hayek, L. Hegenbarth, Rudolf Schramm-Zittau, Prof.
Heinrich Zügel; mit ganzen Sammlungen u. a. Jul. Breetz,

Donrath, Glos Jernberg, Düsseldorf, F. Klein-Lhevalier,
Berlin, H. Meyer-Lassel, Leo Samberger, München, Therese
Schwartze, Amsterdam. Frithjof Smith-Hald, Bergen, und
Marianne Stokes, London. — Bei Amsler Ruthardt sah
man dieser Tage eine Sonderausstellung der neuen sog.
Steinradirungen von R. Schulte im Hose.
* Berlin, vom Dombau. Die Frage der male-
rischen Dekorationen des Innern scheint in ein neues
Stadium gerückt zu sein. Man meldet: Pros. A. von
Werner hat für die Innenkuppel des Doms, welche in acht
mit Mosaikbildern geschmückte Felder getheilt werden soll,
ebensoviele Skizzen angefertigt, nach denen die Naße und
Farben der Bilder bestimmt werden sollen. Die betreffenden
Entwürfe haben „die Seligpreisungen" zum Vorwurf; in
einer der Skizzen ist Kaiser Friedrich als Idealgestalt dar-
gestellt. Nach der Rückkehr des Kaisers werden die Bilder
dem Monarchen vorgelegt werden.
* Weimar. In der Ausstellung des Museums
giebt es außer neuen Gemälden von Bunke, Starke u. A.
eine Anzahl schöner photographischer Ausnahmen von
Rembrandtschen Selbstporträts. — In der „Ständigen"
bilden eine große Landschaft von Kallmorgen neben zahl-
reichen Studien des Freiherrn von Lschwege den Mittel-
punkt der diesmaligen Zusammensetzung.
* Plauen i. v. Im Kunstverein haben zuletzt
ausgestellt mehrere Mitglieder der Dresdener Kunst-
genossenschaft, darunter das erste Mal ein Danziger,
A. Bendrat, Schüler von G. Kühl, der sich durch seine Land-
schaften vor seinen jüngeren Genossen vortheilhast bemerkbar
macht. Außerdem zeigt Hans Völcker, München, derzeit
in Wiesbaden, eine Anzahl Bilder in Gel und Gouache.
* Leipzig. Die Mai-Ausstellung des Kunstsalons
Nittentzwey-Windscheid enthält u. A. eine Kollektion
von ca. 20 Werken des Berliners F. L. wolsrom, außerdem
noch eine Sonderausstellung von F. Walter Sohn, Dresden,
mit 8 Gemälden.
* Jena. Für ein neues Universitätsgebäude
bewilligten die Karl Zeiß-Stiftung 500000 Mark, ein unge-
nannter Bürger 1.00000 Mk. und die Stadt Jena tso 000 Mk.
* Frankfurt a. M. Die kürzlich stattgefundenen
Verhandlungen des Kongresses über den Schutz des
gewerblichen Ligenthums. haben auch das künstlerische
Gebiet berührt, aber mit ihrem Ergebniß nicht die
Zustimmung aller Knnstkreise gesunden. Pros. G. Eckmann,
Berlin, glaubt, als Vertreter der kunstgewerblichen Kreise,
in einem Berliner Blatte den in dem Kongreß nicht besei-
tigten älteren Gesetzesstandpunkt bekämpfen zu sollen: daß
es nämlich falsch sei, bezüglich des Schutzes zwischen hoher
und angewandter Kunst zu unterscheiden. Für die erstere
sei schon genug geschehen; die letztere sei nach wie vor
der Willkür durch die Nachbildung überlassen. Auch wir
stehen vollkommen auf dem Eckmannschen Standpunkt und
halten jene Unterscheidung von hoher und angewandter
Kunst in der Frage des Schutzes schöpferischer Thätigkeit
für sehr bedenklich.
* Wien. Zur staatlichen Förderung der Kunst beschloß
der österreichische Kunstrath des Unterrichts-Ministeriums,
der aus Direktoren aller Museen, Gelehrten, Künstlern,
Sammlern besteht, der österreichischen Regierung folgende
Vorschläge zu unterbreiten: Schaffung einer Zentralstelle
im Unterrichts-Ministerium für künstlerische Angelegen-
heiten, Staatsbauten, künstlerische Aufträge und Bestellungen,
Ankauf von Kunstwerken aus Staatsmitteln. Ferner beantragt
der Kunstrath die Gründung einer modernen Gallerte für
Werke zeitgenössischer österreichischer und auslänidscher
Künstler in Wien, wofür ein eigener neuer Galleriebau
aus Staatskosten zu errichten wäre; schließlich die Einsetzung
eines Kuratoriums für den Ankauf moderner Kunstwerke
aus Staatsmitteln.
* Brüssel. Das Museum der dekorativen Künste,
an der Peripherie der Residenz gelegen, welches zahlreiche
Kartons von Meistern wie Puvis de Ehavannes, v. Galland,
Geselschap, Guffens, Degroux u. A. besitzt, hat nun auch
drei Kartons von Hermann Prell, Dresden, erworben.
Sie beziehen sich auf ' den Freskenzyklus im Trexxenhause
des Breslauer Museums, den Prof. Prell Anfang der
neunziger Jahre gemalt hatte. — Der städtische Gemeinde-
rath hat im Einklänge mit dem Magistrat beschlossen, die
 
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