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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 10
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Kunstchronik
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Nr. (0

4- Die Kunst-alle

(55

Kuustchromfi.
* Berlin. Der Anatomie-Professor Geheimrath
Waldeyer hat kürzlich in einer Festrede, bei Gelegenheit
der Jubiläumsfeier der preußischen Akademie der Wissen-
schaften, von Untersuchungen der Gestalt und des Ant-
litzes König Friedrichs des Großen, zu welchen die
Werke heutiger Künstler Ad. Menzel, Uxhues, Magnussen
die Anatomen anregten, gesprochen. Der Grund, daß die
zeitgenössische Kunst so ungenügendes Material uns hinter-
lassen, liegt darin, daß der König, — wir entnehmen diese
Sätze einem Bericht der „Voss. Itg." — sich schwer bereit
fand, einem Künstler eine Sitzung zu gewähren. Der König
war von Mittelgröße (er maß 5 Fuß und 5—6 Zoll gleich
l Mtr. 69 Atm.) und hatte ebenmäßige Formen. Für des
Königs kräftige Konstitution spricht, daß er trotz des vom
Vater ererbten gichtischen Leidens, trotz der vielen Strapazen
und seiner vielfältigen und großen Arbeitsleistung bei seiner
keineswegs immer hygienischen Lebensweise ein hohes Alter-
erreichte. Ungemein fesselnd war Friedrichs Haupt und zu-
mal sein Gesicht. Der Zauber des lebhaften Mienenspiels
blieb Friedrich auch im Greisenalter erhalten. Auch wer
Friedrich nur von fern sah, wurde angeregt, sein Gesicht
zu zeichnen. Alles spricht dafür, daß auch Lhodowiecki ihn
vom gelegentlichen Ansehen her porträtirt hat. Uns steht
Friedrich so vor Augen, wie ihn Menzel, Schadow, Rauch
dargestellt haben, die in ihren Darstellungen in genialer
Vereinigung alles das hineinlegten, was an Friedrich be-
zeichnend ist. Im Hohenzollernmuseum befinden sich zwei
Todtenmasken des Königs, die Johann Eckstein abgenommen
hat. Die eine zeigt Friedrichs Gesicht mit geschlossenen,
die andere mit offenen Augen. Sie geben die willkommene
Gelegenheit, viel besser als dies an Bildnissen und Skulp-
turen möglich ist, Friedrichs Gesichts- und Schädelbildung
anatomisch zu studiren. An den Masken sind alle Einzel-
heiten zu erkennen. Friedrichs Schädel gehörte zu den
schmalgeformten, er war fast vollkommen symmetrisch, die
Stirn schmal, sie verlief mit dem Nasenprofil in einer Flucht.
Mund und Kinnpartie zeigten Besonderheiten. Oberlippe
und Kinn standen in gerader Linie; dabei war das Kinn
breit und energisch angelegt, scharf im Gegensätze zu der
schmaler! Stirn stehend. Die Augen ragten nicht mehr als
in der Norm hervor; das große offene Ange des Königs, -
das auf Alle wirkte, war der'Abglanz seiner Seele. Merk
würdig ist ein eigenartiger Zug an der Oberlippe des
Königs. Die Oberlippenrinne ist in ihrem oberen Theile
durch einen Vorsprung unterbrochen.
* Berlin. Atelier - Ausstellungen. Das Kgl.
Institut für Glasmalerei (Leitung: Direktor p. Bern-
hard) hat zwischen dem 9. und Februar eine Vor-
besichtigung der für Paris bestimmten Glasfenster, die
dort den Saal der Sozialen Wohlfahrtspflege im deutschen
Repräsentationshaus schmücken sollen, gestattet. Der Saal
und die Fenster (drei große und zwei kleinere kreisförmige)
sind von dem Lehrer am hiesigen Kunstgewerbemuseum,
Architekt Bernhard Schaede, entworfen worden. Die
figuralen Lheile der Fensterbilder stellen Religion, Ge-
rechtigkeit und Geduld, ferner Siechthum und Erziehung
dar. Die technische Ausführung basirt auf dem bekannten
Verfahren des Mittelalters, das die Kontoure in Schwarz-
loth einbrannte und die Farbenflächen musivisch zusammen-
letzte. Das bewährte Institut hat auch mit diesen schönen
Arbeiten wieder Pervorragendes geleistet. — Zu einer nur-
kurzen Atelier - Besichtigung seiner neuen malerischen und
plastischen Werke hat Kurt Stoeving unlängst eingeladen.
Als Maler wie auch neuerdings als Bildhauer huldigt
Stoeving einer idealen modernen Richtung; er verbindet sie
mit einer sorgfältigen Ausführung. Mehrere Bronzen,
Porträtreliefs und eine weibliche Büste erregten besonderes
Interesse.
* Berlin. Aus den Kunstsalons. Neuheiten bei
Honrath 6: van Baer le: von Enrique Serra ein mit
Feinheit durchgeführtes Motiv aus den pontinischen Sümpfen,
von Munoz zwei ganz helltönige Ansichten d.es Canal Oranäs
in Venedig, von Nerli eine Landschaft mit bizarren Berg-
formen, die Zyklopen - Inseln bei Sizilien darstellend, von
M. Barbasan eine im Tone etwas dunkle, aber sehr-

wirksame Dorfszene mit einigen Kindern und reizvoller
Perspektive des bergigen Hintergrundes, von I. Gallegos
ein Interieur „Beim Notar", von Arturo Ricci ein
malerisch delikates und frisch wirkendes Interieur von
größerem Format „Rückkehr von der Laufe", ein Werk,
das natürlich auch kostümlich von nicht gewöhnlichem Reize
ist. Dazu kommen mehrere gute Stücke von wiener,
Düsseldorfer und Münchener Meistern, z. B. das von
Löwith gemalte Zimmer mit den Weintrinkern, eine Szene
der Zopfzeit. — Ernst Zaeslein hat sein Ausstellungs-
lokal von der Leipzigerstraße nach Potsdamerstr. f 29/1)30
verlegt und dort den Hauptsaal mit Bildern deutscher
Marinemaler eröffnet, wir werden demnächst auf diese
Kollektion zurückkommen. — Bei Fritz Gurlitt haben,
außer einer beachtenswertsten Sammlung von Landschaften
des Müncheners Fritz Baer, mehrere Damen ausgestellt.
Marianne Fiedler, Dresden, erscheint mit Gemälden, Aqua-
rellen, Lithographien, Fanny Levy, Berlin, mit zwei Todten-
tanzbildern; ferner sind Margarethe wachsen, Berlin und
Gertrud Berthold, München, vertreten. Ein ausführlicher
Bericht im nächsten Hefte. — In der neuen Ausstellung
von Ed. Schulte dürften die 2-f Porträts von PH. Laszlü,
unter denen sich die Bildnisse der Kaiserin, der Prinzessin
Viktoria Luise, des Kaisers Franz Joseph von Oesterreich,
des Reichskanzlers und vieler bekannter Persönlichkeiten
vom Hof und der Gesellschaft befinden, allgemeine Auf-
merksamkeit auf sich ziehen, weiter sandten Porträts ein
Fürst zu Wied, Joseph Oppenheimer, Louis Lorinth,
Leopold Braun (Porträt der Prinzessin Aribert von An-
halt) u. A. Kollektiv treten auf Ludwig Dettmann, Franz
Kruse, Wilhelm Trübner, Max Uth. Auch die Kollektion
von Leo Freiherr von König dürfte interessiren, wie ferner
die Werke von L. Adam Kunz, Karl Küstner, A. H. Schram,
Hans Schulze, Hermann Lorrodi, Elisabeth von Eicken,
die Skulptur von Else Fürst und drei Bildnisse von Antonio
de la Gandara (u. a. Herzogin von Mecklenburg). —
Hubert Herkomer wird am 20. Februar in Berlin ein-
treffen, um dort einige Porträtaufträge auszuführen und
seine große Kollektivausstellung bei Schulte für Anfang
März zusammenzustellen, welche Porträts in Oel
(darunter die berühmte „Dame in weiß" und „Dame in
Schwarz", John Ruskin), 8 Aquarellporträts englischer
Künstler, 3 große Oelgemälde, )0 Aquarelle, 9 Radi-
rungen, 5 Maler-Radirungen und 6 Werke in Emaille-
kunst umfassen wird.
* Berlin. Die Ausstellung der Schülerarbeiten
der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbe-Museums,
die sich eines lebhaften Besuches erfreut hat, wurde bis
zum t). Februar verlängert. Die durch Ankauf in Privat-
besitz übergegangenen ausgeführten Stücke blieben der
Ausstellung bis dahin erhalten; einige Emailmalereien
wurden neu hinzugefügt. *
* Braunschweig. Der hier geborene Maler E. von
Lschw ege hat in einein Saale des Museums eine Sonder-
ausstellung seiner Werke, Historienbilder, Porträts, Genre-
stücke und Landschaften, unlängst eröffnet. Die umfang-
reichste Leinwand ist ein Reiterbild Bismarcks, der auf der
Höhe von Sedan Umschau haltend gedacht ist. Auf einein
anderen Gemälde sieht man ein Lreigniß der Lokalgeschichte
vom Jahre )200 geschildert, einen Brückenkainpf. Unter
den Porträts ragt das des Vaters des Malers durch
frappante Ähnlichkeit und energische Malweise hervor.
Ganz besonders fesseln die zahlreichen landschaftlichen
Studien aus Tirol, dem Harz und Thüringen.
* Düsseldorf. Ueber die Ehrengabe, welche
Industrie und Künstlerschaft dem früheren Regierungs-
präsidenten von Rheinhaben darbieten, ist schon in
unserem Düsseldorfer Kunstbrief die Rede. Ueber die
künstlerische Theilnahme sind noch folgende Einzelheiten
nach der „Voss. Ztg." von uns nachzutragen: Die Truhe
ist nach Angabe von Prof. G. Oeder ausgeführt. Die
Bilderkollektion enthält Griginalwerke vom Akademie-
direktor Prof. Janssen (eine betende Schwester in Oel),
Pros. ,Ld. v. Gebhardt (Dame in altdeutscher Tracht),
Prof. Elaus Meyer (zwei Kinder im Kostüm von t8)3 aus
einein Figurenbilde von Schloß Burg a. d. Wupper), Prof.
Willy Spatz (eine thronende Madonna mit prächtigen Neben-
figuren, aus Schloß Burg), Prof. E. Dücker (Mole an der
 
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