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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 3
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Haenel, Erich: Künstler und Konkurrenzen
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Zur Bilderpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0049

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Nr. 3

-z- Die Aunft-Halle -z-

37

ein sogenannter unumschränkter Wettbewerb. Lin
williges, hingebungsreiches Arbeiten unter Aufbieten
der höchsten Kraft wird da an: sichersten zu erwarten
sein, wenn dem Künstler ein Entgelt für seine Mühen,
an dem oft genug seine und der Leinen Existenz hängt,
von vornherein gewährleistet wird. Lind die Mittel
vorhanden, einer Mehrheit von Künstlern Arbeit zu
verschaffen, so bleibe man doch möglichst bei dem
Grundsatz der sicheren materiellen Entschädigung und
verspreche außerdem demjenigen, der sich wirklich als
der Fähigste erweist, die Ausführung, die ihm neben
der allgemeinen künstlerischen Befriedigung auch noch
eine mehr oder weniger reichliche Einnahme gewährt.
Jedenfalls wird man sich den Dank der Künstler
selbst eher erwerben, wenn man den Kreis der Be-
rechtigten enger umgrenzt und dafür eine gxößere
Aussicht auf Erfolg und wenigstens eine sichere auf
eine, wenn auch kleine Entschädigung eröffnet, als
wenn man die Allgemeinheit einlädt, unter die dann
die wenigen Preise schlecht und recht ausgetheilt
werden, praktisch würde ich mir das Verfahren so
denken (und es wird sa auch manchmal so angewandt),
daß man die Bewerber persönlich auffordert, dabei
aber nicht nur immer wieder die anerkannten Größen
heranzieht, sondern auch an die mehr Zurückstehenden
denkt, deren Manchem sicher oft nur die Gelegenheit
gefehlt hat, sein Können an einem größeren Werke
zu zeigen. Zn zweiter Reihe umgrenze man die Zahl
der Künstler, die etwa in Frage kommen, noch mehr
als es bisher geschehen, dadurch, daß man die Zu-
gehörigkeit zu einer Ltadt oder irgend einer anerkannten
Vereinigung, oder auch zu einer gewissen Altersklasse
fordert. Man mache nur einmal den Versuch, einmal
die Züugeren allein bis zu 30 oder siO Zähren zuzu-
lassen, und Mancher, den die Lcheu vor der größeren
Gewandtheit der Aelteren sonst zurückhielt, wird sich
an eine Arbeit wagen, wenn er weiß, daß nur Ltreiter
gleichen Alters, also annähernd gleicher Reife und
gleicher Fähigkeiten mit ihm auf den plan treten.
Gerade solche Werke, die sich, wie wir oben aus-
führten, durch eine gewisse glatte, gleichmäßige Hübsch-
heit das allseitigste Wohlwollen und somit den Preis
erringen, stammen oft von Künstlern, die sich im
Laufe der Zahre die Routine des Nicht-Aneckens und
eine Kenntniß des populären Geschmacks erworben
haben, aber nicht fähig sind, mit einem kraftvollen
und eigenartigen Entwurf hervorzutreten. Das aus-
gereifte und wirklich verdiente Alter in Ehren, aber
weg mit der schalen Mittelmäßigkeit und freie Bahr:
für die junge, unausgegorene Kraft und das frische
Draustosstürmen! Gebt dein schwanken Bäumchen
nur einen kurzen, aber festen Ltamm zur Leite,
und es wird sich daran festigen und sicher empor-
wachsen, und eher Früchte tragen, als ihr ahnt. Zm
dichten Walde aber, wo Hundert sich danebendrängen,
verliert es Luft und Licht und geht ein, ehe es sich
überhaupt ganz aufrichten konnte. Die Ausstellungen

der Arbeiten allgemeiner Konkurrenzen gleichen dichten
Wäldern, wo Bäume jeder Art, große und kleine,
wetterfeste und zarte, Lträucher und Büsche, auch
Gestrüpp und Unkraut üppig in engster Umschlingung
emporschießen, alle hinauf in den Aether, wo ihnen
Lebenslust und Raum zu freiem Ausbreiten winkt.
Da gilt es, von vornherein den Boden zu bereiten,
das Land sorgsam abzustecken und gleichmäßige
Furchen zu ziehen, damit nicht eins das andere todt-
drückt, der breite Ltamm den schlanken Lchößling
verdrängt, und das schnell aufwuchernde Gebüsch
dem langsamer sich entwickelnden den besten Nähr-
boden entzieht. Die heutigen Konkurrenzen sind nicht
das, was sie sein könnten, sie geben den Künstlern
nicht die Unterstützung, die ihrer Arbeit entspräche
und sie lassen nicht Werke entstehen, die bleibenden
Werth auch für die Nachwelt haben. Zst eine Lumme
für die Kunst bestimmt, so wähle man nach bestem
wissen und Gewissen einen Künstler und gebe ihn:
die Arbeit, und er wird das Beste hergeben, was er
vermag, um des Vertrauens werth zu sei::. Man
werfe aber nicht ein paar Preise unter eine große
Lchaar wie ein paar Körner unter einen Lchwarm
Vögel. Zede Arbeit ist ihres Lohnes werth, auch
jede, die ohne äußeren Anstoß geleistet wird, wie viel
mehr noch die, zu der eine bestimmte Anregung ge-
geben wird, richte sich diese nun an einen Einzelnen
oder an eine Mehrheit. Der Kampf ums Dasein, in
dem der Ltärkere, Widerstandsfähigere allein besteht,
beherrscht die Menschheit, sein Dasein liegt in der
Natur begründet und es wäre Thorheit, ihn künstlich
beseitigen zu wollen, wo aber die Möglichkeit ge-
geben ist, dein Zndividuum ein freies Ausspielen seiner
Kräfte zu gewähren, da freue man sich dessen, und
sei gewiß, daß das Resultat eines solchen harmonischen
Lchaffens hinter dem der ewig im Wettstreit mit den
Mitmenschei: vorwärtsgepeitschten Konkurrenzarbeit
nicht zurückstehen wird. Gerade in der Kunst wird
die göttliche Flamme, die die Menschheit erleuchtet
und erwärmt, so leicht nicht verlöschen, auch wenn
wir einmal ein Lcheit mehr hineinwerfen als wir es
sonst zu thun pflegen. Gebe!: wir der Kunst mit
offenen Händen, soviel wir vermögen, ohne Vorbehalt
und Bedingungen; um so reichlicher wird sie es uns
lohnen.
Di
Zur HiläerpkleZe.
T. TO I ie die Liebe zum Menschen nothwendiger weise
zur methodischen Krankenpflege hat führen müssen,
so wird auch die Kunstliebe folgerichtig die pflege der
Kunstwerke nicht übergehen dürfen. Zeder Beitrag zu
solchen Lrkenntniß, der auf Studium und Erfahrungen
basirt, wird von vornherein Beachtung finden, und wir
freuen uns, dieses Mal die Aufmerksamkeit auf ein Büchlein
 
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