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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 15
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Galland, Georg: Zur Erinnerung an Gottfried Schadow
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Meyer, Bruno: Das Urheberrecht der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0267

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Nr. (5

Die Aun st-Halle

23s

schauungen gerathen: Er hat hier vom Zeitkostüm
abgesehen und Alles antikisirt. Auf dem Relief
„Bellealliance" z. B. trägt der Held über der langen
Hose eine römische Tunika und auf Brust und
Schultern Kopf und Fell eines Löwen als symbolischen
Ausdruck des Löwenmuthes.
Dieses so freundliche Verhältniß zu den: Dichter,
das auch in 2 Büsten und s Medaille damals Aus-
druck fand, beendete gleichzeitig einen früheren Kon-
flikt, aus dessen Anlaß er einmal schrieb: „Herr von
Göthe hatte Grund; mir nicht freundlich zu sein.
Zn den Propyläen hatte er das Kunsttreiben
Berlins als prosaisch geschildert; in einer anderen
Zeitschrift hatte ich hierüber eine andere Ansicht ge-
geben, und er war damals dergleichen Dreistigkeiten
nicht gewohnt".
Göthe widmete nämlich damals (s80s) in einer
„flüchtigen Uebersicht über die Kunst in Deutschland"
Schadows Heimath die folgenden scharfen Worte:
„Zn Berlin scheint ... der Naturalismus, mit der
wirklichkeits- und Nützlichkeitsforderung, zu Hause zu
seyn ünd der prosaische Zeitgeist sich am meisten zu
offenbarem Poesie wird durch Geschichte, Charakter
uud Zdeal durch Porträt . . . das allgemein Mensch-
liche durchs Vaterländische verdrängt, vielleicht
überzeugt mau sich bald: daß es keine patriotische
Kunst und patriotische Wissenschaft gebe. U. s. w."
Schadow, im Bewußtsein, Werke wie senes Grabmal
von der Mark und die Prinzessinnengruppe geschaffen
zu haben, konnte sich wohl am meisten getroffen
fühlen; und seine Antwort in der „Eunomia, Zeit-
schrift des ss>. Zahrhunderts" war ebenso deutlich
wie erschöpfend. Das also war der Grund der Ver-
stimmung des Dichters; aber wir haben sa erfahren,
daß er die Genugthuung erhielt, seinen ehemaligen
Gegner später gefügig einlenken zu sehen.
Schadows Verdienste um das heimische Kunst-
leben seiner Zeit waren aber zum Glück groß genug,
um nicht Gefahr zu laufen, durch eine derartige
Znkonsequenz herabgemindert zu werden. Bekannt-
lich rechnet man zu diesen Verdiensten auch seiue
Thätigkeit als Direktor der Berliner Akademie; sie
umfaßte von s8s6 bis an sein Lebensende volle
3^ Zahre. Aber sie darf nicht überschätzt werden
wie überhaupt die Bedeutuug der damaligen Akademie,
die unter Schadow nichts weniger als die pflauz-
jchule bedeutender Zngenien gewesen ist. Schadows
Schuld war es jedenfalls nicht, daß der Unterricht
unter seiner Leitung noch immer nach einem sehr
veralteten Reglement gehandhabt wurde uud daß
daher die jungen Talente lieber in die Privatateliers
gingen, welche in Folge der verzopften akademischen
Zustände blühten: so die Maler zu wach, Karl
Begas, Hensel, August von Klöber und die Bildhauer
zu Rauch, aus dessen Lehre in der That die besten
Kräfte der Folgezeit hervorgingen.

An den Unterricht des „alten Schadow" knüpfen
sich ja die meisten amüsanten Anekdoten, die man
von ihm erzählt. Denn hier pflegte er zwanglos in
seiner heimischen Mundart zu plaudern und im Gegen-
satz zur weltmännischen Art Rauchs vor seinen auf-
horchenden Schülern sich gern seiner bescheidenen
Anfänge zu erinnern: nicht etwa, um mit seiuer Er-
rungenschaft zu prahlen, sondern um den Lernenden
vorzuführen, was für einen Zeden von ihnen durch
unaufhaltsame ernste Arbeit wohl erreichbar wäre.
Schadow gehörte zu jenen Kunstlehrern, die sich nicht
auf die objektive Lehrmethode d. h. die an der
Akademie gegebenen Hilfsmittel verließen, sondern
vor Allem subjektiv wirken wollten: durch persön-
liche Anregungen und durch die Gelegenheit, die
er den Schülern bot, durch eigene Wahrnehmung
sein künstlerisches und technisches Verfahren zu studiren.
So ist es denn die interessante Persönlichkeit,
auf die wir schließlich wieder hingelenkt werden. Die
Persönlichkeit, die so sehr das hohe, niemals verblaßte
Ansehen des Meisters bei seinen Zeitgenossen erklären
hilft und an die auch wir heute immer denken müssen,
wenn wir seine Bildwerke, Zeichnungen oder seine
Schriften vor Augen haben. Znuner tritt uns das
ehrwürdige Haupt mit dem jovialen Ausdruck sym-
pathisch entgegen, und wir erinnern uns dabei wohl
der prächtigen Charakteristik von Theodor Fontane, der
das Wesen des alten Schadow bezeichnete als eine
Mischung von Griechenthum und Märkerthum, ver-
bunden mit jenen: wundervollen altenfritzigen Humor,
der so sehr zur volksthümlichkeit dieses Künstlers bei-
getragen hat.
X
va; Mebmecbt üer Wimier.
Von Bruno Meyer.
(Fortsetzung).
Und damit komme ich nochmals auf das ver-
hältniß Manufelds zur Heliogravüre. Sein Haß
gegen dieselbe ist leidenschaftlich, fanatisch; aber er
ist unbesonnen. „Die Herstellung der Heliogravüre
ist Zndustrie, die Herstellung des Stiches, der Ra-
dirung, der Originallithographie, oder Allgraphie ist
Kunst." Das ist richtig, und auch uoch von Nie-
mandem bestritten. Das weiß auch sogar das
„Publikum". Ls ist also völlig überflüssig, es mit
Feierlichkeit zu verküuden. Aber: „Die Kuustzeit-
schriften fingen an, unter dem Einflüsse der Helio-
gravüre zu degeneriren, sie hörten aus lKZK liks zu
sein und wurden Demi-monde". (S. 20.) Es war
in ihnen jetzt „eine erdrückende Fülle von Dar-
stellungen, — ein Potpourri — ein Zahrmarkt, aber
Kunstwerke, wirkliche Kunstwerke — keine!" (S. 2s.
„Der Kunsthändler, welcher Heliogravüre vertreibt,
wird auf diesen Titel künftig verzichten müssen, da
er dann nur als Händler in der Luxuspapier-
Branche rangirt." (S. 38.) „Demi-monde" — „Kunst-
werke — keine" — „Luxuspapier-Branche" — ja,
was mögen nur zu dieser werthung die Künstler)
 
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