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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 24
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Grünewald: Die Miturheberschaft in der bildenden Kunst
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Imhof, Franz: Grosse Berliner Kunstausstellung 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0427

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Nr. 2H

-4- Die Aunst-^alle -z-

373

ihnen richtig genannt, so ist die -.ojährige Schutzdauer von
der Veröffentlichung des Werkes an gewährt, hierunter
wird in diesem Sinne nicht etwa schon dessen öffentliche
Aus- oder Ausstellung, sondern nur die Herausgabe der
Vervielfältigung davon im Runsthandel verstanden. (8 9
des Runstgesehes.)
Bei Verletzung des Urheberrechtes steht jedem Mitur-
heber, unabhängig vom anderen, das Recht der Verfol-
gung sowohl im Zivilxrozeß- als auch im Strafprozeß-
verfahren zu. Letzterenfalls kann jedoch nur einmal auf
Strafe erkannt werden, während eine Buße, die Jeder für
sich bis zur Verkündung des Urtheils erster Instanz fordern
darf, in dem nämlichen Strafverfahren Jedem gesondert
zugesprochen werden kann. Doch dürfen die verschiedenen
Beträge der zuerkannten Bußen die Summe von 6000 M.
nicht übersteigen. Die erkannten Bußen schließen die
Geltendmachung weiterer Entschädigungen, etwa im Wege
des Zivilxrozesses, selbst wenn ein höherer Schaden nach-
weisbar wäre, aus. (vergl. 88 (8 und 28 Ges. vom
Juni (870.)
X
keMim HulMaumellung iyoo.
X. Frankreich, Belgien und bsoll and.
Das Ausland ist, wenn inan genauer hinsieht,
stärker und besser vertreten, als es anfänglich hieß
und auch jetzt noch allgemein empfunden wird, vor-
an steht Frankreich, dem auch die Auszeichnung
einer großen goldenen Medaille zugefallen ist. Sie
hat sich auf Jules Lefebvres Bildniß des Archi-
tekten E. Torroyer niedergelassen, was zu sauersüßen
Bemerkungen Anlaß gegeben hat. Wohl wahr, daß
hiermit weniger ein Werk als ein bekannter Meister
geehrt erscheint. Indessen hat die Zuerkennung auch
einen gewissen programmatischen Charakter. Ls ist
dem Neklamelärn: und dem benebelnden sdhrasen-
dunst der ganz „Modernen" und ihrer Schildknappen
schon allzu sehr gelungen, die wahrhaft großen (Qua-
litäten von erprobt bleibendem Werthe beim.großen
bsaufen in Mißkredit zu bringen und den aufdring-
lichen Blätzchen einen konventionellen Kurs zu geben,
so daß es wohl Noth thut, wenn die bsochmögenden
unbeirrt durch gemachte Tagesstimmei: das Gediegene
und Gesunde mit nachdrücklich hindeutendem Finger
hervorheben.
Im Uebrigen läßt es die diesmalige Vertretung
der französischen Kunst an der Behauptung ihres
alten Ruhmes in der Bildnißknnst etwas fehlen. Das
Beste sind noch die drei Bilder von Jean-Jossphe
Benjamin-Tonstant. Doch steht nur das weib-
liche auf voller chöhe; während namentlich der eng-
lische Gesandte in h)aris, Lord Dufferin, unerträglich
manierirt in der Farbe ist. Albert Besnards
Damenbildniß in ganzer Figur beweist wohl nur, zu
wie maßloser Ueberschätzung man sich bei diesem
Künstler durch die ersten mit ungeheuerlicher Dreistig-
keit auftretenden Werke hat verleiten lassen. Auch
Edinand-Fran^ois Aman-Jean kann durch seine
gute Fernwirkung nicht über den Mangel an allem
Tieferem Hinwegtäuschen. Bei bsenri Fantin-
Latour bedauert man es fast, daß er sich selbst im
Bildnisse vorgestellt hat; es ist schwer, über gewisse

persönliche Eindrücke Hinwegzukommen; und seine
Kunst ist oft so unsympathisch! Freilich, für die
Stilisirung unserer alten bseidengötter st la Aroo^ns
in seinem Finale des „Nheingold" wird er uns nicht
gewinnen, so ansprechend auch der bildliche Eindruck
ist. Aber seine Original-Lithographien, in der Technik
fast ein wenig an jXudhon erinnernd, sind zum Theil
von bestrickendem Reiz und interessiren uns auch
durch die Gegenstände: Huldigungen für Schumann,
Wagner, Brahms. I. E. Blan che, der auch in der
Sezession vertretene unermüdliche Maler der „Lucie"
in allen möglichen Situationen und Umgebungen,
führt sein Ideal außer in zwei reichlich reizvollen
Interieurs auch lebensgroß in weißer duftiger Toilette
vor, — so ansprechend und tüchtig, daß man nicht
recht begreift, warum er sich sonst so arg gegen
seinen „Gegenstand" vergeht. —- Außerdem hat das
Genre im weiteren Sinne namhafte Vertretung. Der
berühmteste Name ist hier Iean-Lson Gerinne,
der, wenn die Erinnerung nicht trügt, seit Dezennien
in keinem Berliner Kataloge zu finden ist. würde
man auch mit seiner „Anrufung Buddhas" Nieman-
dem seinen großen Ruhm verständlich machen können,
so ist es doch ohne Frage ein bemerkenswerthes Bild
von meisterhaften: Zuge. Aber seine „Wahrheit"?!
dieses nackte Weib, das nut verwirrtem bsaar und
verwilderte:: Zügen, eine Art Geißel in der Gand,
verzweifelt schreiend über einen Brunnenrand steigt! Es
erinnert unwillkürlich an eine wahnsinnige, die vor
einige:: Jahren in Köln war es ja wohl — sich
nackt in den Eisbärenzwinger des zoologische:: Gartens
hinabließ. Merkwürdig, wie schlecht den Franzosen
meist, auch ohne daß sie von den Extravaganzen des
modernsten Naturalismus befalle:: sind, der Flug zum
Idealen gelingt! Freilich, das spaßhafte Fiasco von
Edgar Maxence — „das Murmeln der Ouelle" —
kommt wesentlich auf die Rechnung ganz moderner
Wunderlichkeiten. Aber auch „der Dichter" Ra-
phael Tolli ns nut den: cheind bis auf die Fußspitzen
gemahnt nur komisch. Besser gelingt schon eine
„poetische Begeisterung", wenn als solche blos ein
halbnacktes von: Rücken gesehenes Mädchen gegeben
wird. Da ist wenigstens doch in der hübschen Stel-
lung Erholung für das Auge zu finden. Aber wohin
mag nur die schmale, roh gezimmerte Thür führen,
die jenes gelangweilte Mädchen in „Erwartung"
ganz ausfüllt?!
Schade, daß das Nachtgespenst der lex Heinze
selbst die Franzosen vorsichtig in der Vorführung
ihrer virtuosen Lieblingsbeschäftigung — den nackten
weiblichen Körper zu malen — gemacht hat! Nur
Edouard Rosset-Granger wagt sich an einen
bsalbakt, wie ihn selbst die Berliner Polizei duldet —
in Rückenansicht. Er ist in ganz zarten: Vortrage
brillant modellirt. Entzückend aber ist desselben
kleines Rundbild „die Wiege" nut den: wonnigen
Kinderköpfchen. — Einen originellen und feinen
kleinen männlichen Akt, gegen einen Baumstamm be-
denklich schräg gelehnt, hat Gustave Tourt ois in
eine verwunderliche Landschaft „am See" — vorn
eine braune Sauce, der bsintergrund süßlich — hin-
eingestellt. was ist dagegen der „Brunnen der
Madonna del Sasso in Locarno", mit den: hl. Fran-
ziskus in der Nische, für ein delikates Stück! Das
erinnert in dem kecken Vortrage und dem Feuerwerk
blitzender Farbenflecke an gewisse Spanier.
Eine hervorragende Stelle nimmt das militärische
Genre ein, wenn es auch der Zahl nach nicht stark
besetzt ist. bfier schildert Tharles Meissonier ein
 
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