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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 16
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Gold, Alfred: Wiener Kunstbericht
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Kunstchronik
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250

Die Nun st-Halle

Nr. f6

Abendroth, der wind- und rabenumfächelten Ackerkrume,
Allen ohne Ausnahme. L. v. Pofmann wird gerade in
seinen lumiuistisch feinsten Bildern („Frauen am Meer"
u. a.) kaum völlig gewürdigt uud in seiner tiefsten Ligen-
art, der Ligenart seines urmenschlich paradiesischen Frauen-
typs, kaum völlig verstanden. Und Slevogt endlich, dem
in Wien schon von früher her bekannten Münchener, ist
es mit seinem „Verlorenen Sohn" geglückt, nichts als
Gegner zu finden. Ich will hier Niemandem vorreden, daß
dieser „Verlorene Sohn" ein sogenanntes „schönes Bild"
ist. Aber bei einer ausführlichen Besprechung wäre doch auch
auf den malerischen Wurf dieser farbentechnischen Studie
und auf Slevogts überaus feine Lharakterisirungsfähigkeit
in der Richtung orientalischer Alterthümer (bekannt aus
der „Scheherezade" desselben Malers) einiges Gewicht zu
legen. — Unsere lieben Gefterreicher sind freilich vor-
sichtiger in ihrer Originalität, und wenn sie Niemanden
warm machen, stoßen sie dafür auch Niemanden ab.
Immerhin sind in anderem Sinn als die in meinem
letzten Bericht Erwähnten zu nennen: Andri mit seinen
reinlichen und doch sehr nüancenreichen Trockenstift
Zeichnungen aus dem Bauernleben; Friedrich König mit
ganz dünn und transparent gemalten Märchenbildern, die
allerdings nicht auf der pöhe seiner Zeichnungen stehen;
und Nowak mit wirklich prächtigen, auffallenden Land
schäften, die in jedem Pinselstrich Licht, Luft und Farbe
athmen. Lngelhart ist jedenfalls der vielseitigste Techniker
unter ihnen: er malt ein altes Ehepaar in skandinavisch
schottischer Auffassung, eine Rampenlichtszene in pointil
listischer Manier und Anderes anders. Die Grenzen seiner
Künstlerpersönlichkeit erweitert er damit nicht, und daß
man dies merkt, das nimmt seinen, an sich tüchtigen Ar-
beiten die beste Wirkung. Gleichfalls von Anklängen nicht
frei, aber dabei entzückend fein und abgetönt ist ein
Frauenporträt von Knirr. Der Gefterreicher Grlik ist
mit dem Ruhm seiner kleinen, echt malerisch empfundenen
Skizzen schon längst seinem engeren Vaterland entwachsen.
Von der Genossenschafts-Ausstellung im Künstlerhaus e
ist weniger zu berichten, trotzdem sie nahezu doppelt so
viel Nummern zählt wie die Sezession. Ohne Auswahl,
ohne parmonie in der Verkeilung sind bunte Schätze auf-
gestapelt. Am besten wirkt der Plastikensaal mit den be
kannten perolden von Maison, Gruppen von Lambeaur
und Gasteiger und eigenartigen kolorirten Gips-Reliefs
von Anning Bell. Unter den Malern treten vereinigt
auf: die Luitpoldgruxpe, die mit ihrem, schon auf drei
Meilen sichtbaren, gekünstelten Pathos nicht einmal auf-
merksame Betrachter findet; die Worpsweder, denen sich
Vinnen anschließt; ein paar Karlsruher, darunter Volk-
mann und Kalimorgen, und Engländer. Die letzteren
erwecken mit einigen praeraphaelitischen Werken das
größte Interesse: von Rossetti und Burne-Jones sind
nur Zeichenstudien da, aber Moira wirkt mit einer in
der bekannten Manier färben- und formenverschlungenen
Szene („pelleas und Melisande") schlechtweg bezaubernd.
— Die große Medaille und der populärste Erfolg fielen
einem perbstbilö von Franz Tourte ns zu.
Von der modernisirten wiener Landschaftergruppe
braucht hier nicht noch einmal gesprochen zu werden, trotz-
dem sie diesmal wiederum Fortschritte zeigt. F. L. Graf
und Ludwig Michalek mit einem feinen Pastell seien

genannt. Der Stärkste unter ihnen Allen, der phantastische
Wilhelm pes da, hat sich nur als Plastiker eingestellt.
„Der Menschheit letzter Sproß" heißt seine Gruppe aus
kolorirtem Gips: Der Tod- den eine Gruppe von ver-
zweifelten am Laken festzuhalten vergeblich sich bemüht,
reitet auf seinem treuen Pferde unerbittlich aufrecht
dahin; ein neugeborenes Kind hält er in den Armen.
Der Titel wird nicht ganz verständlich, aber die «Dualitäten
des Werks leiden darunter nicht. — Zwei junge Gester-
reicher der slavischen Provinz, pudecek und Slavicek,
verdiene:: Beachtung wegen ihrer feinen koloristischen
Tönung. Zu ihnen gesellt sich nun, in einer Sonder-
Ausstellung bei Artin, ein dritter Prager: der als Zeichner
uud Illustrator bekannte I e t t m a r. Seine Sammlung
ist sehr sehenswerth und mehr als das: die einzige sehens-
werte unter den paar Sonderausstellungen, die wir in
diesem Augenblick haben.

RunstchroniK.
* Berlin. Die II. Ausstellung der Berliner
„Sezession" wurde am 9. Mai Mittags mit einer Feier
eröffnet. Es wäre zu viel gesagt, sie eine internationale
Ausstellung zu nennen, wenn auch neben einigen Schotten
und Schweden eine Anzahl pariser Künstler, Mitglieder
der wenig bekannten „8ociets Uouvells äs ?siutrs8 st äs
Ssulpteurs" die Theilnahme des Auslands verrathen. Ganz
abgesehen von dem unbestreitbar hohen Werth mehrerer
Kunstwerke muß doch von vornherein konstatirt werden,
daß es für ein feiner organisirtes Auge nichts Abstoßenderes
geben kann, als den Anblick von sieben ziemlich niedrigen,
ganz schmucklosen Räumen, deren wände von unten bis
oben mit Gemälden jeden Formats, jeder Art von Farben-
wahl dicht bedeckt sind. Ls wird aber gewiß auch Leute
geben, die von diesem Arrangement so entzückt sind wie
von dem „tiefen Sinn" der Phrasen, die dem Katalog als
Einleitung vorangestellt sind. Da heißt es z. B. „Anderer-
seits, da es keine bestimmte Norm für das, was Kunst ist,
giebt, sondern der Geschmack allein entscheidet; dis
fortwährende Umwerthung der Kunstwerke: was heute noch
verlacht, sehen wir morgen angestaunt und bewundert."
wie geistreich und wohlklingend! . . . Unser Referent
wird gewiß auf manche beachtenswerthe Einzelheit näher
eingehen. Zu irgend welcher aufregenden künstlerischen
Ueberraschung wird freilich kaum Stellung zu nehmen sein,
wir unterlassen es aber schon jetzt nicht, auf Pans Thomas
herrliche Gemälde hinzuweisen, die, neben Böcklins Schö-
pfungen, zu denen ein wohl erst kürzlich vollendetes Lriptychon
gehört, und mehreren unvollendeten Arbeiten des längst
verstorbenen Pans von Marees, ganz zweifellos die am
stärksten fesselnden Stücke der Sammlung bilden. Die
Arbeiten von Uhde sind zum Theil geradezu schwach; Stuck
ist mit zwei kleinen Sachen nur ungenügend vertreten.
Ebensowenig befriedigt Dill. Unter den Münchenern ragt
jedenfalls der junge Louis Corinth am meisten hervor:
seine üppige Salome-Darstellung ist bereits verkauft. Unter
den Berlinern aiebt Skarbina Gutes, aber nichts Pervor-
ragendes; die Badeszene von Liebermann ist nur mäßig;
ein Porträt von Lepsius wirkt manierirt. Ein Damenbildniß
in ganzer Figur von Lavery ist ausdrucksvoll, einfach; ein
Mädchenbildniß mit rosigem Gesicht, von Whistler gemalt,
kann nur enttäuscben. Von A. Zorn haben wir schon
Besseres gesehen als „die Wäscherinnen". Diese wenigen
Bemerkungen mögen für heute genügen.
* Berlin. Die Festdekorationen beim Einzug des
Kaisers Franz Joseph von Oesterreich gipfelten in einem
kolossalen Triumphthor und doppelten blumengeschmückten
Pylonenreihen, die nach den Entwürfen des Stadtbauraths
Ludwig poffmann auf dem Pariser Platz in kürzester
Zeit aufgeführt wurden. pierher wurde der offizielle
 
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