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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 11
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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(70

4- Die Aun st-Halle -4-

Breite bei der Detaillirung in so minimen Maßstäben noch
nicht völlig abgelauscht zu haben scheint. Aber er ist aus
dein besten Wege dazu. Ein recht malerisches Gewässer,
belebt mit größeren Fischerboten, die ihre Segel schlaff zuin
trocknen ausgezogen haben, schildert auch mit anmuthen-
dem Lustton Johann Larssen. Endlich fällt noch ein „Markt-
tag" von L. Munthe auf, der gerade nach dem eben über-
standenen Wetter recht verständnißvoller Anerkennung seiner
großen Naturwahrheit sicher sein dürfte. Warum der
Künstler aber dem modernen Zuge nach Verallgemeinerung
aller Formen so sehr viel weiter nachgab, als es seiner
bewährten Vergangenheit zu entsprechen scheint, möchte zu
fragen sein! — Von figürlichen Werken ist nur ein Bild
von Pans Thoma zu erwähnen, der damit zum ersten
Male sich als „Karlsruher" vorstellt: „Erica", ein mit
abgelegtem Pelm müde dasitzender schwergepanzerter Ritter,
zu dem eine eben so müde weibliche Gestalt mit einein
Bündchen paidekraut in der pand tritt. Das Bild, das
auch aus der Jubiläums-Ausstellung zu Frankfurt im
Oktober v. I. zu sehen war, bedarf eines speziellen Thoma-
Kenners oder -Liebhabers, um recht gewürdigt zu werden,
und mag daher solchen empfohlen sein. B. M.
3. Sakon Gurkitt.
Pier dominiren zur Zeit zwei Damen. Fanny Levy-
Berlin bringt zwei riesige Stücke, überaus tiefsinnige Pen-
dants: ein am Boden kauerndes nacktes Weib ergreift die
Knochenhand des aus sie zukommenden Todes (korrekt als
Gerippe gebildet); darunter in Noten und Text der An-
fang einer Backfischen Lantate „Komm, süßer Tod, komm
sel'ge Ruh!" — daneben derselbe Tod, einermöglichst kurz-
geschürzten Balleteuse nahend, die sicher die Absicht hat,
ihre entschiedenste Abneigung gegen diese Heimsuchung aus-
zudrücken; darunter ebenso „Gieb deine pand . ." („der
Tod und das Mädchen" von Schubert). Ich habe der
Frage nicht auszuweichen vermocht, was wohl die beiden
Tondichter sagen würden, wenn sie ihre Weisen hier als
Motto sehen müßten Ich wage zu glauben, daß sie Beide
reichlichen Grund zur äußersten Unzufriedenheit finden
würden. Bei dem ersten Bilde nun vermag eine nicht in
solcher weise voreingenommene Lmpfindungsweise (unter-
allen möglichen Vorbehalten) am Ende noch mitzukommen.
Man würde nur der Schwächlichkeit die Berechtigung zu
der hier affektirten Größe in jeglicher Richtung absprechen
müssen. Bei dem anderen Bilde aber ist es unmöglich, ernst
zu bleiben; zumal zu allem Unglück auch noch die Beine
und der Oberkörper des windigen weiblichen Wesens völlig
unabhängig von einander im Raume eristiren. — warum
aber solche Gewaltstreiche? Dieselbe Dame stellt das
portrait der Malerin Fräulein Käthe Münzer aus, in
flotter Pose sitzend, ganze Figur, den Schirm über die Knie,
das Gesicht durch einen durchsichtigen Schleier pikant halb
verhüllt, schwarzer Anzug, etwa halbe Lebensgröße, wie
selten sieht man etwas so packend Sympathisches! wie ist
das sicher und treffend in jedem Zuge hingeworsen! wie
sprüht das Leben und jugendliche Frische! Und das ist
kein zufälliger Wurf. Wenn die „Mimosa", stehendes
weibliches Kniestück im Profil, auch einen schweren Stand
neben jenem Bildniß hat, so liegt das wesentlich an dem
minderen Reiz des Gegenstandes, während die Kunst der
Darstellung aus der gleichen pöhe steht, wozu aus einem
Kreise hinausschreiten, den man mit Anmuth beherrscht,
und sich aus ein Gebiet wagen, dessen dornenvolle Pfade
nur zu bekannt sind?!
Die andere Dame ist Marianne Fiedle r-Dresden. Sie
ist mit Dutzenden von Arbeiten, Landschaftlichem und
Figürlichem, in Aquarell und Pastell, sowie in schwarzer
und Röthel-Zeichnung, vertreten und macht einen ent-
schieden gewinnenden Eindruck. Aber sie bedarf dringend
der Selbstzucht. Sie darf sickfis nicht gestatten, von ihrem
ganz soliden Können aus bloßer Fahrlässigkeit und — wie
es wirklich manchmal den Anschein hat — aus Koketterie
abzusehen, die verschiedensten manieriftischen Mätzchen zu
probiren, sich in jeder Laune oder nach jedem Winde einer
äußeren Anregung beliebig gehen zu lassen. Sie nehme
einmal ihre sämmtlichen hier vorhandenen Porträt-Studien
— der Vereinfachung wegen mit völliger Ignorirung der
bloßen Zeichnungen — vor, und überlege, ob bei solcher

Nr ft

„Vielseitigkeit" so etwas wie ein künstlerischer Charakter,
eine ausgeprägte Eigenart, oder auch nur eine leidliche
Sicherheit des Könnens möglich bleibt. Man sollte meinen:
nein! Und warum das? Bloß um irgend etwas zu sein,
woran sie gar kein Interesse hat? irgend Jemand oder
irgend etwas Anderes? wäre es nicht ganz hübsch, in
der Weise etwa der „Llsteraue" festen Fuß zu fassen? oder
eine Prägnanz der Zeichnung wie in dem „lachenden
Kops" zu kultiviren? und dann sich auch nicht wieder von
solchen Errungenschaften abwendig machen zu lassen? —
was ja um des Pimmels willen nicht etwa heißt: sich aus
die Bärenhaut strecken und das Streben einstellen. Aber
es ist selbst das noch tausendmal besser als blos nach
„Neuem" oder gar Absonderlichem jagen und darüber sich
selbst ausgeben. . .
Vor den beiden schmalen Zimmern sollte eine Warnungs-
tafel angeschlagen sein: doch kann sie auch vielleicht ent-
behrt werden. Die dem Eingänge gegenüberhängende „Ge-
witterstimmung", der Abdruck einer übergeschnappten
Palette, kann sie ersetzen. Dies und die übrigen „Bilder"
dieses Raumes wollen von Fritz Baer-München verant-
wortet werden. Er braucht sich nicht in Unkosten zu stürzen:
Da wendet sich der Gast mit Grausen!
B. M.
Hr
Aunsteßromk.
* Berlin. Im Künstlerhause wird am Z. März
eine neue Ausstellung eröffnet werden. Zunächst eine
Kollektivausstellung des pistorienmalers Friedrich Ernst
wolsrom, welche diesen begabten Koloristen in seiner
jüngsten erfolgreichen Entwickelung Vorführer: wird. Der
künstlerische Nachlaß des verstorbenen Pros. p. Lschke wird
sicherlich weite Kreise interessiren, ebenso eine stattliche
Sammlung von Kopien alter Meister, dieFritzRoebbecke,
zürn Theil im Auftrag des Prinzen Georg von Preußen,
im Louvre und in italienischen Sammlungen mit seineirr
hervorragenden Können geschaffen hat.
* Berlin. Aus den Kunstsalons. Im Salon
Keller 6: Reiner sind folgende Kollektiv-Ausstellungen neuer-
dings hirrzugetreten: Etienne Moreau-Nölaton, Paris (Land-
schaften und Straßenansichten), Fernand Khnopff, Brüssel
(Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Studien), Bernhard
wenig, Berchtesgaden (Gemälde und Kunstgewerbliches),
Rud. Schulte im Pose, Berlin (Steinradirungen), w. Leisti-
kow, Berlin (Gemälde, Aquarelle, Pastelle), w. Meyer-
Lüben, Berlin (Gemälde), T. Johannsen, Berlin (Gemälde),
Müller-Kurzwelly, Berlin (Gemälde), Franz Metzner, Berlin
(Keramik, Bronzen), Arthur Lewin-Funcke, Berlin (Klein-
plastiken). Anter diesen Künstlern findet der bizarre Vläme
Khnopff mit seinen theilweise unerträglich gesuchten, durch-
aus perversen symbolischen Bildern den stärksten Widerspruch,
bei Einigen freilich „weihevolle" Begeisterung. Diese Art
Begeisterung ist pathologisch, krank, wie der Gegenstand,
dem sie gilt, — oder sie ist gemacht. Reizvoll sind die
plastischen Arbeiten des tüchtigen Bildhauers Arthur-
Lew in-Funcke und technisch wie künstlerisch von Belang
die unseren Lesern ans verschiedenen Berichten genau be-
kannten Steinradirungen von Rud. Schulte impose,
die auch an dieser Stätte die Würdigung finden, die ihnen
zweifellos gebührt.
* Eisenach. Am (. April wird eine ständige Aus-
stellung für Kunst und Kunstgewerbe Seitens des
Thüringischen Ausstellungsvereins bildender Künstler in
Weimar in den Räumen des Gewerbehauses eröffnet werden.
* Dresden. Für die Internationale Kunst-
ausstellung (sto; hat sich bereits die Kommission kon-
stituirt. Derselben gehören an: Professor Gotth. Kuehl
als erster, Professor Perm, prell als zweiter Vorsitzender,
posrath Professor Kießling als erster, Bildhauer Offer-
mann als zweiter Schriftführer, Kommerzienrath V. pahn
als Schatzmeister, sowie die perren Geh. posrath Professor
Dr. Treu, Professor Rob. Diez, Baurath Stadtrath Richter,
Professor Gußmann, Architekt Kreis, Maler Franz Poch-
mann, Bildhauer Paul, Kupferstecher Büchel, Maler
 
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