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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 2
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0035

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Die Aunst - L) alle

Nr. 2

25

Neben Giovanni Segantini, dein der grausame
Tod kürzlich den Pinsel aus der eyffiger: pand nahm und
dessen Andenken im Salon Schulte mehrere Pastelle und
Zeichnungen ehren, die nicht allzuviel sagen wollen, hat
die italienische Alpenwelt noch einen zweiten Südländer
ähnlich beeinflußt, den wir hier zum ersten Male kennen
lernen: vittore Grubicy de Dragon aus Mailand.
Ganz sicher stand der arme Segantini, aus dessen düstern
Zügen man wirklich die Melancholie seiner Landschaften
heranslesen kann, Pathe bei diesem Zyklus von neun
kleineren Bildern des perrn Grubicy de Dragon, dessen
Technik und Auffassung sehr an die Art des verstorbenen
Meisters erinnern, nur daß dieser: Szenerien der große
epische Zug fehlt. „Winter im Gebirge" nennen sie sich,
vorn stehen dünne entlaubte Bäume, im Mittelgründe ist
Alles grün, aber es schwebt ein eisiger todter pauch über
dem Ganzen, namentlich da, wo sich kein lebendes Wesen
erblicken läßt. Dahinter dehnt sich die weiße oder bläuliche
bizarre Bergkette der Alpen aus, wie schor: aus den Ge-
mälden der alter: Lombarden. Der Künstler hat offenbar
auch Millet und die Japaner studirt; aber es ist ihm ge-
lungen, eine einheitliche und charakteristische Wiedergabe
jener Natur zu geben, so wie sie sich ihm in einem poetisch
erregter: Seelenzustand enthüllte und wie sie uns eine selt-
same Stimmung einflößt.
Die diesmalige Ausstellung des Salons ist vielseitig
und fesselnd. Ich sehe mit Vergnügen das Porträt des
Prinz-Regenter: von Bayer,: in blauer Uniform, das panns
Fechner im voriger: Jahre mit seinem reifer: Können
malerisch wirksam gestaltete. A. Böck lins „Madonna
mit Kind" in den Wolken schwebend ist dagegen für uns
kein Novum mehr, von pudert perkomer gehören drei
bayerische Studienköpse in Aquarell zu einer Kollektion
britischer Werke. Die meisten andern Londoner verren,
besonders Allan, Bartlett, Last, Lecil Rea, Little, zeigen,
wie tief die schottische Farbenempfindung und koloristische
Behandlung neuerdings in die englische Kunst eindrang.
Allans „Abend in Moret" wirkt mit seinen verschwimmen-
der: Tinten, seiner vornehin ernster: Tonigkeit so schottisch
duftig wie Alfred Lasts neblige pügellandschast, aus der
einige fahrig hingestrichene Bäume in der: grauen Pimmel
ragen. Charles w. Bartletts großes Tableau „Die
Alten", d. h. drei alte Mischer an: Kanal plaudernd, ist ein
koloristisch ir: jenen: Farbengeschmack modistzirter Gari
Melchers, jedenfalls keir: Freilichtstück. Lecil Reas ideale Szene
„Narziß und Lcho" zeigt ebenfalls einer: gedämpften Gobelin-
ton. Jul. Rolshoven hat ein kleines Mädchen in: Heller: langer:
Großmutterkleide aus rother Drapirung breit und wirkungs-
voll gemalt. Lehrreich ist es, diese rasfinirten britischer:
Koloristen hier mit der begabter: Dänin Bertha weg-
man zu vergleichen, die als Realistin so ungemein scharf
aus das Detail eingeht, namentlich bei den Stillleben und
Landschaften, deren Blümer: botanisch genau zu bestimmen
sind. Bei den Porträts, die diese Künstlerin hart konturirt
und dann in gedämpften Farben mit vorherrschendem
Blau-Grau sorgsam kolorirt, läßt ihre famose Lhrlichkeit jede
ästhetische Rücksicht aus das Modell fallen. Sonst sielen
mir noch zwei Bildchen vor: Karl Marr, Szenen aus der
Zopfzeit, und drei größere Malereien des venetianers
Luigi Nono, „Sonntagmorgen", „Abendläuten" und
„pühnersamilie" besonders aus, die ihrer virtuoser: Be-
handlung wegen Lob verdienen. F. I.

3. Sakon Gurkitt.
Die perbstausstellung steht sichtbar im Zeichen des
Neuidealisrnus; Feuerbach, Thoma, L. v. posrnann be-
stimmen den Eindruck der Räume, wem es noch nicht be-
wußt war, daß die Naturanschauung vor: Böcklir: und
Thoma nahe verwandt ist derjenigen Feuerbachs und
anderer gleichaltriger Meister, lernt es hier aus der: beiden
Landschafter: des Letzterer: kenne,:: einer heroischer: und
einer norditalienischen Landschaft, deren grünlich-braune
Farbengebung die Wirkung herber Großartigkeit der ge-
wählter: Formationen unbedingt erhöht. Thoma erscheint
in dieser: drei landschaftlichen Werken, die ihrer: Titel
„Der Tod un^ das Mädchen", „Dämmerung im Walde"
und „Das Lorbeerthal" wohl kaum vom Künstler selbst er-
halte,: haben, kräftiger phantastisch als ir: manchem ander,:
Bilde, voll romantischer Poesie ist das dunkeltonige
Lorbeerthal mit den blauer: und gelben Blümelein im
vorder,: Wiesengrunde; düsterer ist die Stimmung auf der
zweiter: Leinwand, wo hinter dem Mädchen der Tod als
Schnitter schreitet und ein lichtgrauer Pimmel sich vor: dem
Dunkelgrün der Büsche absetzt. Durch die Bezeichnung
scheint die „Dämmerung im Walde" mit dem flöteblasender:
bekränzten Pan wie ein Pendant zu Böcklins „Schweiger:
im Walde", das ja ähnlicher: Formats ist; hinter den
Bäumen leuchtet noch etwas die scheidende Sonne und
man erkennt deutlich zwischen den Stämmen einen ge-
panzerten Reiter und vorn pirsch und Reh still gelagert.
vor: jüngern Malern, die das Kolorit ihrer Land-
schaften ideal steigern, ist neben von posrnann Karl
Langhammer hier zu Worte gekommen. Jener liebt
es, in den Vordergrund eine jugendliche Figur, z. B. eine
wild bewegte Mänade oder einen Mädchenkopf zu stellen
und die Landschaft mit hohem Augenpunkt nur als Staffage
zu geben und zwar, ohne Rücksicht aus glaubhafte Wahrheit
der Wirkung, mit so breit ausgetragenen kräftig leuchten-
den Tönen, daß eben dadurch der ideale und dekorative
Lharakter der Malerei vervollständigt erscheint. Lang-
hammer hält sich in seinem „Sommertag" und den „Aus-
steigenden Wolken" weit mehr an die einfache Wirklichkeit,
wie sie in besonders glücklichen Momenten allerdings ideal
gestimmt wirkt. Berth. Mangold giebt als Füllungen eines
modern geschnitzten Gerähms ein und dasselbe schlichte
poetische Motiv, die Ufer eines Baches „im wechsel der
Jahreszeiten", einen liebenswürdigen Gedanken in vier-
facher Variation. Neu sind auch drei Spreewaldland-
schaften von I. Schweminski, mit seiner Empfindung
für die eigenthümliche Waldnatur dieser Gegend und liebe-
voller Versenkung in die Einzelheiten gemalt. Dagegen
war für die beiden großen panneaux von Rud. Ribarz,
Wien, in ihrer für ein Speisezimmer gedachten Verbindung
eines landschaftlichen und Stillleben-Motivs lediglich der
dekorative Gesichtspunkt maßgebend.
In: Salon Gurlitt sind zur Zeit weiter bemerkens-
werth drei Arbeiter: vor: Lenbach, darunter ein älteres
Selbstporträt, das weder die freie künstlerische pandschrist
noch eine Ähnlichkeit mit dem heutigen Kopse des Meisters
bemerken läßt. Erwähnt sei ferrrer das jüngste Werk vor:
Pros. p. Knacksuß „Einzug des Kaisers in Damaskus",
eine höchst lahme Schilderung, die uns trotz der Farbensülle
der Leinwand und der Echtheit des Kostümlichen gar
keine rechte Theilnahme für der: Reiz der Situation
einflößt. Auch das werk' „Marine" vor: Fr. Thaulow
 
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