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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 31 - Nr. 40 (8. Februar - 19. Februar)
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8







Hrfchelnt tagltoh mıf Mugnahme ber onnn unb %e{ertage.
Samfags mit Unterhaltungsbeilage, Preis vierteljährlich
. 1.20 ohne Trägerlohn ı. Doßanffdhlag. Beftelungen
hei den Voſtaͤnftalten ı. bei der Wrpebtiion Zmwingerfiraße 7,



Herautwortlicher ſtedakteur:
Yulins Yeder in Heidelberg.






2—

— 1








Beſtellungen
auf den „Pfälzer Boten“ für die Monate
Februar und März werden noch fortwähren bei ſämmt-
lichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen, ſowie in
unſerer Expedition Heidelberg, Zwingerſtraße?
entgegengenommen.

Ha der Krifis in Italien.*)

Es hat die allergrößte Mühe gekoftet, das Kabinet
Rudini zu Stande zu bringen. Und wenn ſich eine
Anzahl Blätter auch Mühe gegeben haben, die
äußeren Verhältniſſe, namentlich den Dreibund,
als Grund für die entſtandenden Schwierigkeiten hin-
zuſtellen, ſo iſt es doch für den Kenner der Zuſtände
in Neu Italien kein Geheimniß, daß der Grund ledig-
lich in inneren, beinahe kaum zu löſenden Fagen zu





ſuchen iſt. *
Man kann es den Gemäßigten nicht verdenken,
wenn ſie ſich gegen die Mitarbeit eines Mannes

ſperren, der, wie der „Corriere di Napoli“ ſagt, nur
lärmt, Alles und Jedes in den Koth zieht und dem
Wohle des Landes ſein perſönliches und ſein Partei-
intereſſe vorzieht. Und dieſer Mann, Baron Nicotera,
iſt von Rudini mit heißer Liebe umworben worden,
ſo zwar, daß dieſer in der Lage war, Bedingungen
zu diktiren, eine Thatſache, die für einen zukünftigen
Einfluß im Kabinette maßgebend bleiben wird. Das
Miniſterium des Innern in den Händen eines Nicotera
läßt alle Hoffnungen, die man auf das Kabinet
Rudini in kirchenpolitiſcher Hinſicht etwa hat ſetzen
können, auf den Gefrierpunkt herabſinken.

Denn Nicdtera iſt das würdige Abbild Criſpi's
in Bezug auf Rohheit und Leidenſchaftlichkeit der
Sprache Er giebt ihm nichts nach in gewaltſamer
Geſetzesverletzung und Auslegung, er übertrifft ihn in
der Entſchloſſenheit des Handelns. Zum Beweiſe
deſſen brauchen wir nur auf die Verwaltung Nicotera’8
als Miniſter des Innern vom 25. März 1876 bis
zum 25 Dezember 1877 zurückzugreifen. Und daß
er ſich ſeit jener Zeit nicht geändert hat, bewies vor
nicht ganz anderthalb Jahren ſein Feldzug, den er
mit Magliani und Traini gegen das Miniſterium
Criſpi unternahm. Obſchon damals nicht von Erfolg

ekrönt, zeigte dieſe Agitatiousreiſe doch den wahren
— des ſehr gewandten alten Volkstribunen












HobengeroldösecR,.
Ein hißoriſcher Roman aus dem 13. Jahrhundert
16 von Nachdr. verb.)
&Acohann Rarl Bempf,
Dr. phil,

Wie uns in der Folge die Etymologia Vocabuli, quod
bonum est argumentum apud historicos beftätigt, hat
diefer Gerold, Herzog von Schwaben, Graf von Buffan und
Markaraf in Oeſterreich das Schloß Hohengeroͤldoeck er-
bauen laffen, von welchem auch ſeine Nachtommen den
Namen führen, daß genannter Gerold römijcher Abkunft
ift, giebt endlich ein Vers auf einem in Stein gehauenen
Schild in der alten Kirche des Dorfes Empfingen vor dem
Schwarzwald wo die Grafen von Geroldseck bei Sulz ein
befeftigtes Schloß bejaßen, folgende Kunde und Beſtaͤtigung:

De platea in Roma Geroldzeck
ibi dicta stirps est progressa,

Gerold war ein Ritter ohne Furcht und Tadel, gera-
den und ſtolzen Wuchſes, gütig gegen Fremde, aber grimmig
und unerſchrocken gegen Feinde Preis, Ehr und Lob er-
raug er ſich vielfach und ſtund bei Kaijer Karl dem Großen
in Gnaden und hohem Anfehen.

Aufs tapferite hielt ſich Gerold als Feldhauptmann in
dem Sachfenkrieg, indem er den Sachfenfonig Withigund
und viel andere Streiter mit eigener Hand niederhub, die
äbrige Mannſchaft zum Rüczug und in die Fucht brachte
und jo dem Kaijer Kari zum Sieg verhalf. Seit diefer
Zeit ſind die Schwabenfireiche wohltannt und die Schwoͤben
haben bei der Krönung eines römijchen Kaifers oder Königz
Der im Krjege, den Vorzug nicht nur ein, f{ondern zwei
Banner, nämlih St. Jöras FJahuen und den AWdler, des
rbmiſchen Reiches Banner, — zu tragen

Als Lohn für die ritterlichen Thaten und ausgezeich-
neten Dienſte ernannte der Kaiſer Gerold zu einem WBre-
fektum und gewaltigen Regierer des ganzen Landes
Schmaben. }

Nicht minder tapfer ſtritt Gerold gegen das ungläubig,
unchriftiiche Hunnenvolk, um dieſe zum wahren Lidht und
Glauben zu bringen. Dem in die Flucht geſchlagenen,










Auf jeden Fall haben wir e& nicht mit einem Mini-
ſterium Rudini, ſondern im beſten Falle, wenn Rudini
genügend Energie beſitzt, um ſich nicht ganz bei Seite
ſchieben zu laſſen, mit einem Kabinet Ruͤdini⸗Nicotera
zu thun.

Angeſichts der Schwierigkeiten der parlamentariſchen
Lage, die aus der Zuſammenarbeit der alten Parteien
der Rechten und Linken nothwendig entſtehen müſſen,
war der König gezwungen, dem neuen Miniſterpräſi-
denten die Erlaubniß zu bewilligen, die Kammer nach
Gutdünken aufzulöſen. Daß in dem neuen Programm
des Kabinets viel Neues enthalten ſein wird, iſt aus
mneren und äußeren Gründen unmöglich. Man wird
halt, ſo gut es eben geht, eine kleine Summe von
Erſparniſſen herauszupreſſen ſuchen und mit Verſprech-
ungen auf die Zukunft das Land vertröſten. Ich habe
guten Grund anzunehmen, daß im Programme die
Stellung von Staat zu Kirche nicht beruͤhrt werden
wird. Rudini iſt zu klug, um gleich beim Amtsantritt
dieſe Frage aufzuſchneiden.

Die Stellung der öffentlichen Meinung, ſoweit
dieſelbe in der Preſſe zum Ausdruck kommt, iſt mit
der Ausnahme der extremrechten Blätter eine
abwartende. Die gemäßigt-liberalen Blätter,


der Rechten erträumt hatten, ſchonen Rudini
nicht mehr, nachdem er den Pact mit Nicotera
geſchloſſen hat. Sr iſt für ſie der Renegat und ſie
kündigen ihm die Freundſchaft. Man muß nun jedoch
abwarten, was aus dieſer Oppoſition wird, wenn
einmal die geheimen Fonds in den betreffenden Re-
daktionen ihr Recht geltend gemacht haben. Der
„Popolo Romano“, unter den römiſchen Blättern
das angeſehenſte, vollzieht ſeine Schwenkung zum
neuen Kabinette mit anerkenneswerther Pünkttichkeit,
während der Dauer der Kriſis war e& ein wahrer
Jammer, zu ſehen, wie das Blatt rathlos hin und
her taſtete, um einen Halt zu finden Eriſpi wurde
nicht ganz fallen gelaſſen und doch war auch noch
keine Sicherheit vorhanden, wer der neue Herrſcher
auf der Conſulta ſein werde. Nunmehr iſt dieſe
Frage entſchieden und ohne ſich zu compromittiren,
kann es in die Gefolgſchaft Rudini's eintreten.

Die vorgeſchlagenen Erſparniſſe von 11 Millionen
am Heexesbudget werden, obſchon Heer und Preſſe

ſich mit großer Majorität dagegen erklärt haben,
wohl von dem neuen Kriegsminiſter übernömmen
werden. Ihre Bewilligung von Seiten des Parla-

keineswegs als ſicher zu betrachten.




































































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Sadenburg, Weinheinr, Schwebingen, Philippsburo,
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Eberbach, Buchen/ Walldurn T.-Bifhofsh. Wertheim 3,

A dun







Druck/ Berlag u. Expedition von Gebr. Huber
in Heidelberg, Zwingerſtraße ?.



Zieht man das Fazit aus allen zuſammentreffen-
den Umſtänden, ſo muß die Lage des neuen Minit-
ſteriums als eine durchaus nicht leichte bezeichuet
werden. Die Lebensdauer der Verwaltuͤng wird all-
gemein als eine kurze angeſehen und auf Monte-
citoxio wird ſchon die Fragẽ erörtert, ob wohl Eriſpi
wieder an die Gewalt fomme, wenn Rudini fallen
wird. Man könnte ſich jedoch bei dem fizilianifchen
Marcheſe mit der eiſernen Hand einigermaßen‘ ver-
rechnen, wenn man glaubt, daß er keinem Anſturm
aushalten könnte. Daͤß die piemonteſiſchen Abgeord-
neten unzufrieden ſind, weil aus den Ihrigen nicht
die entſprechende Anzahl von Miniftern gewählt
worden iſt, hat vorläufig mangels weiterer Beweiſe
keine beſgudere Wichtißkeit. Die kat holiſche
Preſſe. Italiens fteht den ganzen Vorgängen
ſehr ruhig gegenüber, weil ſie mit Recht hervorhebt,
daß eineeigentliche Wendung zun Befferen
doch nicht zuſerwarten fei.



Deutſches Reich.

— +> Berlin, 12 Febr. Das Centrum beſchloß
in ſeiner geſtrigen Fraktionsſitzung über das Arbeiter-
ſchutzgeſetz die Wiederherſtellung des 5 105a und b
über die Sonntagstuhe in der Faſſung des alten

SGejeges. — In der Medeziniſchen Geſellſchaft ſprach
Virchow geſtern wieder gegen da Kochſche
Heilmittel. Selbſt die Auffaſſung Kochs, das

tuberkuleſe Gewebe werde getödtet, fei unhalt-
bar. Alle Vorgänge, welche ſonſt in den tuberkutz
loſen Geweben voͤrgehen, werden nicht geändert,
ſondern nur beſchleunigt Kochs Mittel hewirke auf
neuen Stellen tuberkuloſes Gewebe, jene werden durch
Blutandrang weich, ſo daß die Gewebe ungetödtet
ahfallen und neue Zerſtörungen anrichten, welche ver-
ſtärkt werden durch die Moͤbiliſirung der Tuberkeln.

— Fürrſt Bis marck wird in derfelben Nordd.
Allg. Ztg.“, welche er benützt hat, um auf alle Welt
loszuprügeln, jetzt ſelbſt abgefertigt. Seine Leibblätter
„Hamb. Nachr.“ und „Muͤnchuer Allg. 3tg.“ hatten
bei Beſprechung der jüngſten Kolonialdebaͤlte behaup-
tet, daß ſeit dem Ritcktritt des Fürſten Bismarck eine
weſentliche Veränderung in dem Vexhältniß von
Teutſchland und Rußländ eingetreten ſei; letzteres
Blatt hatte noch bemerkt, hoffentlich wuͤrden wir „all-
mälig jene eigentliche Baſis unſerer Bolitik wieder-
gewinnen, welche in einem freundſchaftlichen und
freundnachbarlichen Einvernehmen mit Oeſterreich-
Ungarn und Rußland beſteht“ Darauf antwortet die








— 1 4Y — er aus ehrlich ritter-


weſen ſeiner Kampfaengſſen gefangen genommen und er-
härmlich umgebracht Alſo hat dieſer edle Herx um der


ſein theures Lehen als Märthrer im Ungarnlande {felig


Diener und Knecht unter großer Wehklag vieler Füriten
und Herren nach Schwaben in das Gotteshaus Reichenau
verbringen, wo er in dem Chor des Miünfters, auf der
rechten Seiten neben dem Frongltar beſtaltet und begraben
liegt. Dies geſchah als man zählte von Chrijti unjeres
Herrn Geburt 793 Jahr ar dem andern Tag Septembris.

Große Befigungen hinterlieh Gerold dieſem Gottes-
hauſe durch Vexmächtniß. Zwei Söhne Berchtold und Ge-
rold, erſterer Herzog von Schwaben,. betrauerten ihren
braven Bater, Berchtold, der dem SGotteshaus Reichenau
aleichfals viel Gutes that, indem er feinen Stammfiß, den
Buſſen, nebſt vielen Fiecken und Dörfern dem Klofter
ſcbenkte, liegt daſelbſt bei jeinem Bater in der St. Cra-
ſinuskapelle begraben. Der zweite Sohn Gerold erhielt
von ſeinem VBater, unabhängig von Berchtold,.die ange-


und hier auf dem Schiniberg ließ er ein fiaͤrkes Schloß


geroldgeck benamjet hai. Der junge Gerold vermählte fich


kommenſchaft verzweigte ſich weit umher. Ein Sohn 30g
in DaSs Walgow und ließ daſelbſt ein Schloß bauen! zwei
Meilen von Bregenz, ein auderer gründete jenfeit3Z des
Rheines, bei Zabern einen Sig, Geroldsed im Waichgin.
Wie durch Tapferkeit im Kampfe für Kaifer und Reich, {o
zeichneten ſich die Grafen von Geroͤldeeck auch durch from-
men Sinn aus, Es ſtiftete nämlih in Gemeinjchaft mit
dem Grafen Ruotmann von Haujach und Adelbert von
Hollern ein Graf Alwid IL von Sulz Laut Urkunde vom -
16. Janırar 1095 das Kloſter Alpirsbach, deffen Bau im
Jahr 1099 vollendet worden. Diejer @raf Geroldsed Liegt
dort im Kreuzgang begraben, wie auch feine Gemahlin

‚Adelheid. Eine weitere Linie von Geroldseck machte ſich
und nennt ſich Herrihaft Schwanow.-Sie führt heute no

das Hohengeroldsediche Wappen nur mit dem —
daß anſtatt des Pfauenhuſches -oder des Adlerflügels ein
Schwanenhals auf der Krone des Helm3 ruht. Die Herr-
ſchaft Schwanow hatte viel Ungemach mit den Neichsitädten,
weldie vor nicht Ianger Zeit das Schloß (türmten. und
aänzlich zerſtörten, auch ſich dem Stammfiß Hohengerolds-
e& näherten und viel Schaden anrichteten, wie un8 allen
noch — Gedaͤchtniſſe ſein dürfte Ein ſchreckliches
Jahe 1233 war es wohl eineS der blukiaften Gedenkblätter
in ber Chronika von Geroidsed. Wild braufjeten Hie
Wogen von Bern, Quzern, Baͤfel und Freiburg im Jecht-


Burg, der Adlerflügel wedelte den Stäbtern aber gewalti
in b?gé (Sjefi}c;i;t.t | 2
ange Zeit waltete das aufſteigende Glück au Hohen-
geroldsed. Land und Leute nahmen zu und * 4
MKeifigerunit führte eS in Rampf und Streit, aber wie der
Welt Lauf ijt, geduldete ſich das BZeitliche nicht für Beſtan
Ddigkeit, ſondern das Glück wendet ſich zuweilen vom gera-
den Wege auf Schleichwege, an des Ölüde3 Stelle alzdanı
Ungemach‘ und Wiberwärtigfkeiten treten,
Mit viel Opfern und Mühen an Gut und Leben hat
erold „und Achtung ſich ehrlich in
den Beitenläufen erhHalten, Hocdherhaben ſchauen wir heule
auf das edie, hochberziae Gejchlecht; Gerechtigfeit und Milde
waltet in der egierung unjeres an Ehren reichen Herrn
%Bq};fber und ſeiner treuen und tugendreichen Gemahlin
Heilika.
An Ende des Vortraas anaekommen, bitte ich um
gnabm@e ?gltxrftbeiiung‘ und gchliä%e mit den Worten :
‚„®elobt fet der Herr, der Megierer aller Negen!
Ewigkeit zu CESmigkeit !“ ° A
„Amen, Umen !” fielen alle Anweſenden feierlich ein.
Erichöpft von der Sprechung ließ ſich der Brobit in feinen
Stuhl zurücfallen, die dicken Schweißtropfen abwiſchend,
die wie ein Perlenkranz feine Stirne umſäumten,

Fortſetzung folat.)





































 
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