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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 191 - Nr. 200 (25. August - 4. September)
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Lerautwortlicher Nedalteur:







Beſtellungen

au den „Pfälzer Boten“ für den Monat


Anftalten, bei unſeren Traͤgerinnen, ſowie in anſerer
Expedition Geidelberg, Zuingerſiraße 7 entgegen-
genommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.“

8



Geſinnungsgenoſſen!
Vaͤhler zur II. badiſchen Kammer !

Die bevorſtehenden Landtagswahlen nehmen
de lebhafteſte Iniereſſe eines jeden bad. Staatsbür-
983 in Anſpruch.

Zu jeder Zeit waren ſie wichtig, der beſonderen
Heitverhältniffe wegen aber ſind fie gerade jebt bedeu-
Ungsvoͤller al3 je. Das Uebergewicht des National-
Überalismus hat das Staals- und Volksleben Badens
tief geſchädigt. Das iſt von Jahr zu Jahr mehr die

eberzeugung weiter Volkskreiſe geworden, wie es ſich
Namentlich bei den letzten Reichstagswahlen gezeigt
at Taͤuſende von Männern haben im Laufe der
dehre diejer Neberzeugung folgend die nat-lib. Fahne
Lerlaſſen. Viele don ihnen haben eingeſehen, daß
de echte Liebe zur Freiheit nirgends wahrer gefunden,
Aſtiger bethätigt und unterftüßt wird, als in den

eihen des Centrums.

Wenn der Nationalliberalismus gleichwohl nicht
naͤchtlos am Boden liegt, ſo hat es nur darin ſeinen

rund, daß er von den Machtmitteln des Staates
gehalten wild. Um ſich möglichſt lange halten zu
unen, hat er durch ein ungerechtes Wahlſyſtem und
Ine künſtliche Wahlkreis-Eintheilung den freien Aus-
vu des Volkswillens unmöglich zu machen geſucht.

ir werden uns nicht zufrieden geben, bis dieſez
Vahlfyfleni mit der Wahlkreis⸗Eintheilung gefallen iſt.


heute, wie zu jeder Zeit, unſere Parole.

Direkie Wahl auch in der Gemeinde! Auch
da8 neue Wahljyftem fur die Gemeinde iſt ein be-
AHagenswerther Rückjhritt. _

Frei und ungehemmt ſoll die wirkliche Stimmung,
der wahre Wille des Volkes zum Ausdruck kommen,
wo imnier das Volk mitzuſprechen hat!

Wir wollen eine ſtarke Regierung, die allen Par-

Das Geheinrrriß der Cxeolirt.

12) Von Bernhard Derosne. Nachdruck verb.)
Cutoriſirte freie Ueberſetzung von Philipp Freidanto
Entſchuldiaen Sie, Herr Roaan, wenn ich Sie bitte,
finen Augenblic hier zu verweilen, Ich möchte mit Zhnen
Gern über eine Heine Geſchäfts⸗Anaclegenbeit Rüciprache
Nehmen,“ fügte die Dame Ddiplomatijh hinzu. „AWelch’
lültige Mutter !“ lächelte ihr Sohn, indem er fih anz dem
alon entfernte. Der-Mond erſchten an dem walkenloſen
immel und unzählige Sterne alitzerten am tiefblauen
irmamente. Der Bark von Maphwood mit ſeinen alten
errlihen Bäumen, ſeinen Lichtungen, umgeben von aus-
Sedehnten Wiejenflächen, erichien jo {chön, daß man den
ülten Landjig mit Kecht als ein Heim der Feen bezeichnen
Tonnte, hilipp Sutherland war jeinem Vetter inzZ Freie
Sefolgt und auz innerm Antriebe iextten die beiden jungen
‚eute ihre Schritte der bekannten Texxaſſe zu, AWuf das
eijerne Gelände derfelben geitüßt erblidten ſie alsbald Eve-
Ane und Auguita. Das unendlihe Meer breitete i vor
Ünen auz wie ein Riejenjpiegel. Der Mond {piegelte ſich

eere wieder wie ein breiter, langer ſilbernex Strich. ir
xelchem ſich zahlloje Boote mitihren ausgebreiteten weißen
egeln jchaufelten. Von Weitem hörte man fröhlichen Ge-
Ang, begleitet von dem einfürmigen Gebrauſe der Wellen,
eine Harmonie von ebenſo melanchöliſchen wie ſüßen Klängen.

* Eveline empfing die beiden Vettern mit einem ſüßen
Vächeln. Bum eriten Male befand ſich Arthur bei dem
Jüngen Maͤdchen allein, ohne daß die Axausaugen ihres

Voßvater3 auf ihnen hafteten ; aber in dem Augenblicke,
Al3 er überlegte, welchen Bortheil er aus dieſer Lade ziehen
ollte, jah er Denjelben, wie er auf die Terrafjfe zujteuerte.

rthur fragte jich, mie Herr Rogan der diplamatiſchen Ver-
vidung Jeiner Mutter fo ſchigu aus dem Wege gegangen
Tein fonnte oder ob er jih einfach aus dem Speijejaal da-
bon gejchlihen Habe. „Die Luft iit ſehr bewegt, Eveline,“
Mmahnte ihr Großbvater, indem er die Hand feiner Enkelin
in jemen Arm legte; „e3 iit deshalb ſehr unkkug von Dir,
um dieje Zeit im Freien zu verweilen, Fräuſeiy Augulta,“
Mate er bei, „geftatten Sie mir, Ihnen den Rath zu geben,






— —










— —

teien gleich frei und unabhängig, und darum auch
gleich gerecht gegenüberſteht.

Wie die Regierung nicht die Geſchäfte einer Par-
tei beſorgen darf, ſo dürfen auch die Machtmittel des
Staates nicht in den Dienſt einer Partei geſtellt
werden.

Darum: Weg mit dem beſtehenden Unweſen
der Amtsverkündiger! Weg mit der Beeinfluſ-
ſung der Wahlen durch Beamte!

Wer dem zuſtimmt, der kann unmöglich für die
nationalliberale Partei und deren Candidaten ſtimmen.
Wer ein geſundes und freies politiſches Leben im
Staate Baden will, der muß mit aller Energie dieſe
Partei bekämpfen.

Wir wollen geſunde, klare und friedliche Ver-
hältniſſe zwiſchen Staat und Kirche. Beide ſind
aufeinander angewieſen, beide dazu berufen, die Wohl-
fahrt des Volkes zu fördern in gemeinſamer und ein-
trächtiger Arbeit.

Es iſt nicht wahr, daß wir eine Herrſchaft der
Kirche über den Staat anſtreben. Eine ſolche Herr-
ſchaft iſt auch nicht Sache der Kirche und wird von
ihr nicht erſtrebt. Sie hat ohnehin zu viel Arbeit
und Sorge mit ihren eigenen Angelegenheiten, als daß
ſie auch noch die Sorge und Verantwortung für Ge-
ſchäfte des Staates übernehmen wollte.

Wir beauſpruchen für die Kirche nur jene Frei-
heit der Bewegung, welche ihrem eigenen Be-
rufe uud deni Geiſte und Wortlaut unſerer
Staatsverfaſſung entſpricht.

Weder der Staat, noch eine Confeſſion, noch eine
Partei, noch endlich ein einzelner Staatsbürger hat
von ſolcher Freiheit der Kirche irgend einen Eingriff
in die eigenen Rechte zu fürchten.

Wenii wir alſo Freiheit für die Orden, insbeſon-
dere für ihre Miſſionsthätigkeit verlangen, ſo kann
kein gerecht denkender Mann entgegen ſein, wenn er
auch perſönlich deren Freund nicht iſt und für ſich
ſelbſt davon nichts wiſſen will.

Frei und ungehindert ſoll die Kirche auf
allen Gebiten des öſſentlichen Lebens jene Wirk-
ſamkeit entfalten können die ihrer göttlichen
Sendung entſpricht. Staat und Volk können
dabei nur gewinnen.

Mehr als je machen die zerſtörenden Kräfte im
Leben des Staates und Volkes ſich breit Es wäre
unverantwortlich und könnte nur verhängnißvoll werden,
wenn nicht endlich auch die aufbauenden Kräfte un-
gehemmt und frei zur vollen Wirkſamkeit kommen
dürften. Falſche und verkehrte Freiheit iſt ausgiebig

nach dem Salon zurückzukehren?“ Sr entfernte ſich mit
ſeiner Enkelin, aber Niemand folate ihnen. Niemand wun-
derte ſich auch über dieſe unangenehmen Manieren des alten
Herrn. „Daz iſt ein alter, ungeſchulter Bär,“ laate Au-
Aufta; „auf dieſe Weiſe tyranniſirt er ſeine Enkelin immer.
Ein Türke könnte e& nicht ſchlimmer macdhen. Millionen-
mal habe ich e& Evelinnen ſchon gefagt, daß ich eine ſolche
Behandlung nimmermehr ertragen wuͤrde; aber ſie beſitzt
eben gar feine Energie. Ich würde mich gegen einen jol-
Hen Despotismu3 ganz entſchieden auflehnen !” Eyeline er
hHob ihre Nugen und bemerkie in den Zügen ihres Groß
nateää ſo diel Kummer und Unruhe, daß ſie tief erſchüttert.
wurde.

„Was haſt Du, Großvater, weshalb biſt Du ſo un-
ruhig ? Iſt etwas Unangenehmes vorgekommen? frug zärt-
lich das junge Mädchen. „Nein, liebes Kind,” ertutiederte
der Greis mit einem ſchweren Seufzer; „e3 il nichts Neues
vorgekommen, und doch wixd mich der Kummer biS zum
Srabe hegleiten. O, mein Kind, wie wünſchte ich daß wir




vater !“ rief Eveline erſchreckt und befümmert. Nach einem
furzen Augenblig ziemlicher Unterbrechung fügte er bei:
„Bilt Du des AufenthHalts hHier nicht miüde, SEvyeline?
Würdeſt Du nicht gern mit mir nach Haufe zurücktehren?
— „NadH Haufe! O nein, Großvater. Es gefällt mir ſebr
gut und wir find ja erſt vierzehn Tage hier! AWasS würde
Fran Sutherland ſagen? — „Weßhalb machſt Du Dir
daruber Sorgen ? Leben wir nichf glücklich zujammen ?“
erwiderte ihr Großvater. „Kehren wir daher nach Eden
Lawn zurück und leben wir da ſo,ruhig zujammen, wie
wir dies gethan haben, ehe ich Dich ins Kloſter brahte.
Was gehen üns die Leute in Maphwood an.” — „Thue,
wie es Dir gefällt, Großpapa!“

Während Eveline dieſe Worte flüſtexte, og ein Schatten
über ihr Antlig, und es verdüfterte ſich jo, daß ſich das
Herz ihres GroßvaterS erweichte. „Du willit aljo nicht gern
abreijen, mein Siebling?“ — „Cheurer Großpapa, ich gehe
mit Dir, wenn Du e& wünfcheft; aber es ift doch ſe ſchon
hier.“ Die Geſichtszuͤge des Greiſes nahmen einen noch
fieferen Wusdruc von Ünruhe an, wie vorher, und er ſchien








Anuzeige-Blatt für die Amisbejitie Heidalberg;,

Kabenburg, — — Bbi ;
— — — — ——

— — ——⏑ —
Drud, Berlag u. ition von Gebr. Huber
— g 6, Sadre.

in Heidelberg, Zwingerſtraße 7.
gewährt worden Ihre ſchlimmen und gefährlichen
Früchte geben Aufſchluß über ihren Werth und haben
den Glauͤben an ihre Berechtigung tief erſchüttert.

Wir wären nicht ſo ſchlimm daran, wenn wenig-
ſtens auch die wohlberechtigte Freiheit der Religion
und Kirche zur vollen Geltung hätte kommen können.

Dieſe wohlberechtigte Freiheit ſoll die Kirche
namentlich auf dem Gebiete des Schulweſens
erhalten

Es iſt nicht wahr, daß der Einfluß der Kirche
auf die Schule der letzteren gefährlich iſt. Wenn wir
in denjenigen Grenzen ſie verlangen, welche Wortlaut
und Geiſt der Verfaſſung geſetzt haben, ſo erſtreben
wir wahrlich nichts, was nicht der Schule ſelbſt förder-
lich wäre und darum jedem Freunde der Schule er-
wünſcht ſein ſollte.

Ja, frei ſoll die Kirche ihre Wirkſamkeit entfalten
können. Staatsgeſetze und Polizei ſollen die Kirche
nicht hemmen, wie ſie auch Niemanden zwingen, ſich
unter den Einfluß der Kirche zu begeben Geſetz und
Polizei führen der Kirche die Gläubigen nicht zu, ſie
ſollen der Kirche auch nicht den Weg verlegen.

Wer mit obigen Grundſätzen Linverſtanden iſt,
darf für den Nationalliberalismus und ſeine Candi-
daten nicht ſtimmen, ſondern muß mit aller Energie
den Einfluß dieſer Partei bekämpfen.

Der Antheil des Volkes an der Verwaltung
im Staat und in der Gemeinde ſoll endlich zur
vollen Wahrheit werden.

Wie für die Geſetzgebung, ſo ſollen auch für die
Staatsverwaltung die wirklichen Bedürfniſſe des Volkes
maßgebend ſein. Was Neues geſchaffen wird, ſoll
nicht unvermittelt den beſtehenden Verhältniſſen auf-
genöthigt werden, ſondern aus ihnen herauswachſen
und den thatſächlich vorhandenen und vom Volke em-
pfundenen Bedürfuiſſen entgegenkommen. Wer dem
zuſtimmt, riuß ſchon darum Stellung gegen den Na-
tionalliberalismus nehmen, weil letzterer zum Schaden
des Volkes ſo ſchwer gegen dieſen Grundſatz ge-
fehlt hat.

Eben darum waren und ſind wir gegen das neue
Gemeindegeſetz.

Die gerechte Vertheilung der öffentlichen
Laſten läßt ſehr viel zu wünſchen übrig Klein-
gewerbe und Landwirthſchaft leiden am meiſten dar-
uͤnter. Darum werden wir den Intereſſen derſelben
auch beſondere Aufmerkſamkeit ſchenken.

Zur bisherigen ſchweren Belaſtung der Landwirthe
iſt in jüngſter Zeit das Branntweinſteuergeſetz gekom-
men, das auch nach Einführung der kleinen Aender-


















ſchwer zu athmen Eveline umfaßte mit ihren beiden kleinen
Händchen den Arm ihres Groͤßpaters und jagte, ihre
Hwarzen gluͤhenden Augen zu ihm erhebend: „O. lieber
®roßvater, was haſt Du denn elaentlich für Sorgen ? Vas
ijt denn die Urfache Deines entſetzlichen Kummers, welcher
Dir Dein ganzes Leben verbittert ? Wann wirſt Du end-
lich aufhören, mich als ein Kind zu bebandeln wann wirſt
Du mir alles ſagen? Ich weiß wohl, daß Du mich nur
für ein einfältige® kleines Mädchen Haltjt ?* fuhr Eveline
nach einer kleinen Baufe fort, indem ſie trotlos nieder-
jchaute; „aber in der That bin ich kein ſo kleines Kind
mehr, Groͤßpater. Du Kannit mir Alles ſaaen und du wirſt
Dich vielleicht erleichtert fühlen, wenn Du mir das Geheim-


rief der Greis „AUn dem Tage, an welchem ich Dir alles
fagen werde, wird mein Serz brehen! O, theures Kind,
mein Liebling! Gott weiß, wie jehr ich Dich liebe, und dach
richtete ich während Deines unſchuldigen Lebens täglich
diejelbe Bitte zum Schopfer und der heiligen Jungfrau,
Dich durch einen frühzeitigen Tod zu ſich zurück zu rufen.“

Etveline rang die Hände in ſtummem Schreden, und
ihre große Augen ſtarrten in die Weite als ſie dieſe chueck
lichen und traͤurigen Worte ihres Großvaters vernahm.
Als ich Dich nach dem gloſter Saers coeur hrachte,“ fuhr
der Greis fort, geſchah dies weniger in der Ahſicht Deine
Erziehung zu vervollftändigen als in der Hoffnung, dab
Du den Schleier nehmen werdeſt. Viele iunge Märchen,
welche eben ſo ſchön und eben ſo reich waren wie Du,
haben ja ſchoͤn hHäufig auf Alles Verzicht geleiftet, was
Ihnen die Welt an Glüd und Freude zu verſorechen ſchien.
um Bräute Chrifti zu werden; ich hHoffte Du würdeſt das-
jelbe thun, damit du dem ſchrecklichen Schieffal, welchez auf
Dir laſtet/ entrünneſt. Du würdeſt dann in Sicherheit ge-
weſen jein, da man eine Nonne ihrem Kloſter niemals zu
entreißen pflegt.” — „Sine Nonne ihrem Klojter entreißen ?
O, Großpapa, was willſt Du damit ſagen?“ ſchluchzte Eveline

Fortſetzung folgt.)


 
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