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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 161 - Nr. 170 (19. Juli - 30. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#0673

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guliut Jeder in beidelberg.










Beſtelluugen
ichen Boftanftalten, bei unſeren Trugerinnen, ſowie in

entgegengenommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.“





FL, Sire Fdeen der modernen beiftahnten.
Dieſe treten beſonders in dem Wahne hervor,
dirft Bismarck jei „der“ Begründer- des dehtſcheu
eiches, Gewiſſe Marotten üben öfters auf ſchwache
Atiren eine Reproducität aus, welche durch die
Exrſchendt Gedankeuloſigleit, durch die Macht der
Cquemlichleit : lieber Schlagwerte zu wiederholen
d durch fremde Köpfe zu denken, ſehr geſteigert
verden kann
Der Standpunkt, den Fürſt Bigmarck gegenüber
der Reichsidee und dem deutſchen Kaiſerthum noch
IM deutſch⸗franzöſiſchen Kriege angenommen, iſt durch

Vebuches genügend klargeleg um ein für alemal
ie fire Sdee: al3 ſei Bismarck, der“ Begründer des
deutiches Reiches, ad absurdum zu führen. Aber
en wir uns, wenn hier auch nur ganz flüchtig,
16 unerläßlich geweſenen Vorbedingungen zur Ent-
ftehung des Reiches an. Die Gejchichte des Jahres

66 wuͤrde von Bismarck alles eher als im Sinne
esſelben unternommen. Nicht die Schöpfung des
deutfchen Kaijerthums, ſondern die Verftärkung
und Vergroͤßérung Preußens bildet das Agens
Jener Bolitik. Der Kampf wurde von Klein-
deutfchland gegen Großdeutjchland unternommen, und
Nichts lag ihm in Bezug auf Herrn v. Bismarck fer-
Ner, als die Gründung des deutſchen Reichs. Was
em Leiter der damaligen preuß. Politik weſentlich
alf aber noͤch lange nicht genügend betont wurde,
mar die große geiftige Axbeit des „Latio-
Nal-Vereins“, der ſo recht der geiſtige Pflüger,




hne die Herren v. Bennigſen, Miquel, Stauffenberg,
Barth, Bölf, Marquardien, Meg urd die ührigen
loryphäen des National-Vereines beſonders in Baden,

Zelehrt uns Zebiehrt.
Erzählung von Gutmuth vom Walde.
(Nachdruck verboten)

Beim Herumſchleydern auf dem Markte im Laufe des
Nadhmittags nahete jich Heinrich einer Wirthazbude, in wel-
er es jehr laut herging. Dort jaBen viele Burſchen zu-
Jammen, unter ihnen auch der Joje Stollen. Die meijten
Ddiejer Burichen irugen die Ländlich bäuerlihe Zracht, doch
einer derfelben nicht, und dieſer gerade fiel Heinrich am



TeinesAusjehenz undBenehmens, E3 war ein Hochgewachfener,
Dagerer Menjch mit einem Volbarte,s welcher inZ dunkel-
Toth {hielte; feine Augen, tiefgran, waren unftät und falidh,
Jein Gejicht abgelebt, die {pike Kaſe vom Lalter der Zrun-
enheit gerüthet. Un einigen der mageren Finger trug er
Wwerthloje Ringe und über der etwas modern zugeltubten
Delte baumelte eine {chillernde, werthlofe Kette mit allerlei
Ugaben. Diefer Menich war ein Schuſter ſeines Zeichens
AuS Schauberg, welcher viel hHerum- und heruntergekommen
War; welcher, ftatt wie andere Leute ſeines Gewerbes,
flel%la zu arbeiten, gern den Großen ſpielte und ſich den
Bauern gegenüber auf jeine „Bildung“ etwas zu Gute that.
Augenblit, als Heinrich ſich der Bude näherte,

ürren Armen in der Luft heruͤm, und aus ſeinen Katzen-
augen ſchoͤffen Giftſtrahlen heraus, indem er den Soſe
Stolien andlicte.

„Der Joſe wird's bfeiben laſſen. jage ich mit der Lina
tanzen zu wolen,“ gellte er mit jeiner Freijdhenden Stimme.
das Maäbdel i{t für keinen Bayuer, ſondern für einen ge-
Btlbete_n Sejhäftzmann.” }

Ein lautes Gelächter folgte als Antwort dieſer Prahl-
frei, ein Zeichen, wie wenig Achtung er mit jeiner „Bil-
dung“ unter feinen Zechgenofjen bejaß. AlZ daz Lachen

linzelnd ein ſchalthafler Buriche :
‚„Ei, Herberger, jage doch lieber ftatt „Gejhäftsmann“
gleiQ „Fabrikant“. Denn unjertwegen darfit Du Dich ja








aleich {Öfankweg Schuh- und Stiefelfabrifant nennen.“




für Stadt

— -

Heſſen, Württemberg, Schleswig Holſtein ꝛc. haͤtte Hr.
v. Bismarck ſich niemals auf die „nationale“ Stimm-
ung in Deutſchland berufen und noch weniger mit
ihr rechnen können, hätte er niemals die Indemnität
gefunden, die anzurufen er ſeinem König und Herrn
ſo dringend empfahl. Ohne die Vorarbeit des Na-
tional⸗Vereines wäre die Gründung des Zollparla-
mentes auch ungleich ſchwieriger geworden. Erſt der
National⸗Verein verſchaffte dem preußiſchen Premier
die Gelegenheit, unter günſtigen Vorbedingungen aus
Werk zu gehen.

Was dann die Verſetzung der Gedanken in That-
ſachen betrifft, ſo war auch hier Herr v. Bismarck
keineswegs /der⸗ Begründer, ſondern gehörte zu, den
Begründern.“ Ohne den König, deſſen Verdienſte
auf das minimalſte Maß herabzuͤdrücken immer noch
eursfähig zu ſein ſcheint, und ohne das mächtige In-
ſtrument der ultima ratio der Diplomatie, d. i. ohne
die Armee, könnte von der Gründung des Fürſten
Bismarck“ überhaupt nicht geſprochen werden.

Es iſt alſo ein durchaus unwahres, anmaßliches
Unterfangen, immer und immer wieder Bismarck als
„den“ Begründer hinzuſtellen. Die Beharrlichkeit
dieſer Anmaßung wird aber erklaͤrt, wenn wir nach
ihrer Quelle forſchen. Dieſe iſt durch ihr Geräuſch
äußerſt leicht zu finden; ihm folgend, gelangen wir
in den Sachſenwald. Aus ihm gehen die meiſten der
neuen unwahren Geſchichtsmythen, die Ueberhebungen,
Anmaßungen und Einmiſchungen hervor, deren Col-
lectivbegriff die „Bismarckiſchẽ Fronde! iſt. So leſen
wir denn auch wieder in den Bismarckiſchen Hamb.
Nachr.“ Nr. 164, Morgenausgabe: „Auch der, Hamb.
Cort.“ hält ſich für verpflichtet, dem Begründer
des deutſchen Reiches gute Lehren über auZwärtige
Politik zu ertheilen.“ Dem führenden Bismarckiſchen
Blatte ſchreiben natürlich alle die anderen Blätter u.
Blättchen der Vismarckiſchen Fronde nach. Wir haben
an der Blamage dieſer Preffe ſelbſtverſtändlich kein
Intereſſe und laſſen ſie ihre EClowus-Sprünge zur
allgemeinen Erheiterung ruhig executiren, ſo lange
nicht der geſchichtlichen Wahrheit hierdurch zu nahe
getreten wird. Fort und fort behauptete Lügen laſſen
zuletzt bei dem großen Publikum immer etwas hängen
und geben Veranlaſſung zu Mythenbildungen auf
die es offenbar die „Gelehrten“ der bekannten, Schön-
hauſer⸗Stiftung“ gewaltig abgeſehen haben. Iſt doch
dieſe aus dem Reſte der Bismarcksſpende mit
1,500,000 M. dotirte Stiftung nur zur Verherrlich-
ung der fürſtlichen Familie von Bismarck gegründet
worden. Gieich als ſie im Frühjahre 1885 bekannt
noch Wueres Gelachte erfcholl darob an der
Tafelrunde. Wüthend ſchlug jetzt der Gebildete auf den
Tiſch. daß die Gläſer klirrten und manche umſtürzten, und
er ſchrie: Meint Ihr, ich ſoll mich von Euch verſpotten
laffen? Mir viel zu dumm. Aber was ich geſagt habe,
bleibt gefagt“ — Sprach's, und ſchritt ſtolz von dannen,
wie ein ſpaͤnniſcher Edeimann
Fa „Wbio Herberger!” tönte es höhnend aus mehreren
Kehlen ihm nach; doch er wandte ſich nicht

Darin hatte der Schuſter nun recht, daß die Lina für
keinen Bauern ſei. Aber ſie paͤßte auch für ſonſt Nieman-
den; denn fie war ein jchnippiſches hochmüthiges Mädchen
aus dex nahen Stadt, kannte nur Putz und Vergnügen eb-
ſchon ſie arın war, und hatte nichts gelernt, als in einer
Stadtiwirthſchaft die „Kelnerin“ zu {pielen, Seit einiger
84 * ſie bei armen Verwandten in Schauberg auf

eſuch.

Es war traurig aenug und kein günſtiges Zeichen für
Verſtand und Charakter, daß Joſe Stolle diejer Stadt-
mamſell den Hof machte und ſeit einiger Zeit nachlief trotz
des Spottes vieler ſeiner Kameraden und trotz der Ermah-
nungen ſeiner Eltern und aller Wohlgeßnnten

„Alfd Zoſe nun weißt Du es und haſt Dich vor dem
Herrn Fabrikanten zu hHüten”, meinte der Schalk von eben
und ftachelte damit leichtſinniger Weiſe, wie leider ſo oft
die jungen Leute untereinander thun, die wilde Leidenſchaft.
Heinrich hätte dem Zoſe gern ein ernſtes Wort geſagt, kam
aͤber nicht dazu. —

Die Sonne begann ſchon im Weſten hinter die lanage-
ſtreckten Gebiraskämme hinabzuſteigen. Die flammende
Zulihitze war gewichen, aber ſtaͤtt ihrer herrſchte jetzt eine
faſt erdrückende Schwüle, bei welcher ſich kaum ein Luft-
hauch reate.

Es wird ein Gewitter heute Abend werden! fagte
Heinrich zu Bernhard Klinger, einem guten Bekannten,
den er zufällig traf. „Die drückende Schwüle kündet es an,
und im Weſten drüben ſtehen auch ſo einige Wolkenſpitzen,
welche mir ſchlecht gefallen.“

Heinrich,“ gab der

Du könnteſt wohl Recht haben,
Angeredete zurück. „Es wäre dann aber auch an der Zeit









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— 2 Nedatgertänd, ——
— — —





— — — 4—
— ⏑ 7:



wurde, war die ganze unabhäugige Preſſe darüber
einig, daß es ſich bei ihr nur um eine Glorifikation
des Herrn Reichskanzlers handle. Angehende Ge-
lehrte erhalten nach dem freien Beſtimmungsrecht des
jeweiligen Chefs der Familie Stipendien. Welchen
Vortheil die Wi ſſenſchaften bisher davon gehabt
haben, können wir am beſten aus den Leiftungen er-
ſehen, welche die /Bismarcks⸗Jünger aufzuͤweiſen
haben Was beſonders ſeit der Entlaſſung des Herrn
Fürſten v. Bismarck zu ſeiner Verherrüchung und im
Dienſte ſeiner Fronde geſchrieben wurde gehört, wie
von allen Seiten anerkannt iſt, dem denkbar niedrig-
ſten Genre an; es ſind waͤhrhafte Debauchen auf
geſchichtlichen und politiſchen Gebieten. Theils ganz
Infaͤhige, theils gefährlich überſpannte oder lächerliche
Perſönlichkeiten treten als Verherrlicher des Herrn
Herzogs von Lauenburg auf und laſſen die Berech-
„daß kein
auſtaͤndiger Menſch für ihn ſchreibe? außer allem
Zweifel. Die Verrücktheiten, die ſich z. B. ein
Tyros III.“ und das nicht minder bekannte Clowus-
blatt, die „Dresd. Nachrichten?, geſtatten zu dürfen
glauben, wirken nur noch auf die Lachmuskeln und
gehören in das Bereich der „Luſtigen Kalender“. oder
jener bekannten „Eiſenbahn-⸗Lektüre Dort mögen
alle jene bekannten Bismarckiſchen, Geſchichtsforſcher“
auch ihre Legenden über „den“ Begründer des deut-
ſchen Reiches zum Beſten geben. Wir werden ſie
aber fort und fort im Intereſſe der geſchichtlichen
Wahrheit zurückweiſen, wenn ſie an anderen Orten
eingeſchmuggelt werden ſollen.

ziiur Thünnel und der Il. Yod.

Wir haben ſchon viel Schlechtes von den Jeſuiten
gehört und geleſen, aber Eines hat man ſonderbarer
Weiſe noch immer überſehen: ſie ſind Schuld daran,
daß Deutſchand um eine große Merkwürdigkeit ärmer
geworden iſt. Ehedem war der Blocksberg nächtlicher-
weiſe ſehr belebt und zwar von einer ſehr hohen Geſell-
ſchaft; nämlich die Hexen und Zauberer fuhren dahin
auf den Beſen und Böcken und tummelten ſich dort
in der „zauberiſcheſten Weiſeü, bis der böſe Jeſuit
Friedrich von Spee dem Glauben an ſie und damit
ihren Feſten auf dem Blocksberg ein Ende machte.
Jetzt haben wir jenen großen Geiſtertummelplatz nicht
mehr, ſondern nur noch ein kleines „Thümmelplätz-
chen?, wo man die Bocks-Sprünge eines rabiaten
Geiſtes beobachten kann. Dies iſt Remſcheid. Wie
wir darauf zu ſprechen kommen? Nun, nothgedrun-





die Heimreiſe anzutreten Bis über die Schwitzmühle hin-
aus haben wir ja denſelben Weg, und falls es ein Gewitter

* * es in der Hohlſchlucht nicht eben tröſtlich und be-
agli 7

Ich hin dabei, Bernhard“, ſprach Heinrich. „Offen
geſtanden habe ichs fdhon längit fatt in dieſem Gewühle ;
doch, ich meinte, es ſolle mir gelingen, Stollens Zoſe mit
nach Hauſe zu bringen. Ich finde ihn aber nicht.”

Bernhard zucktẽ bedenklich mit den Schultern. Den
wirſt Du wohl nicht mithekemmen entgegnete er Ich jah
ihn vor einer balben Stunde mit der einfältigen Stadt-
mamſell, welche ſich hier bei Hafermichels aufhält, zum
Brünen Baum hinziehen Dort geht’3 luſtig hHer, und
Joſe ſchien ſchon ſeinen halben Stiefel weg zu haben.“

Heinrichs Blut gerieth in heftige Aufwallung, als er
dieß vernahm. „Diejer elende nichtsnutzige Iunge“, rief
er aus. Er hat es doch ſeinem Vater gelobt, dieje Mam-
ſell nicht mehr arzuſehen und heute Abend bei Zeiten zu
Hauſe zu jein. Aber ich habe es ſchon längſt gefagt, daß
Soſe keine Gottesfurcht hat und ein Heuchſer iit.”
„Da kann heute noch was Schönes Herausfommen,“
brummte er ſodann für ſich, indem er des . „gebildeten“
Schuſters ſich erinnerte. „Ihue mir den Gefallen, Bern»
Hard, und laß uns doch einmal nach dem pflichtvergeſſenen
Burſchen umjehen.“

Die beiden Mägner ſchritten dem Dorfe zu, wohin ſich
allgemach der Marktlärm verlegt hatte; denn an vier ver-
ſchiedenen Stellen ſpielte e& zum Tanzen auf Am Grü-
nen Baum! machten die Männer Half und beriethen was
zu thun ſei. Es widerſtrebte ihnen ja doch eigentlich, in
den lauten Wirrwarr des Tanzbodens hineinzutreten. Doch,
ſie erkannten, daß es nöthig jet, wenn ſie Iofe finden woll-
fen, und ſie oingen in das Gezelte. Eine faſt ſiedend heiße
Luft drang aus dem Zelte den Eintretenden entgegen, er-
44 das Gedraͤnge von Menſchen, welchẽ ſich dort

efanden.

Gortſetzung folgt.)


 
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