Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 271 - Nr. 280 (27. November - 8. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 2 ——

— —

/









}
7
F

Mudmahneg der ogı und Feiertage
na ßbellages, Prets vierteljaͤhrlich
%. Beflanffelag. Beſtellungen
z bar Wybebiiign Zwurgerſtraße 7,



San tagtre
1a98 zl Unı

6 120 ehre Trag

$ bew Mofianfalien u








* 43 4 4
füt Ktkgtlt




Kuzeige-Hiatt ür die Amtobezirke Heidelberg.
Kabenbstg, MWeinheinr, Shwebingen, Bbiliapsburg,
Aiesiod, Bruchfal, Yretten, Nedargemünd, MosSbadh,
Wberbach, Buchen Walldürn, T.Biſchofah. Werkheimt ꝛe.















ür anemureiicher Kedalteur:
niing Kecker in Hetdelberg.





Seitelberg, Dienltag, den 1. Dezember 1001.

20. Sabre.

Brng, Berlag ı. Cypebition von Gebr, Huber
iu Heibelberg, Zwingerſtraßze 7.







OLLRe90006008006950
Beſtellungen

M ben „Bfälzer Boten“ für den Monat
Dezember werden noch fortiwährend bei jämmtlichen

s'B"ftcmftcdteu, bei unſeren Trägerinnen, ſowie in anſerer
—— Heidelberg, Zwinger ſtraße 7 entgegen-

Verlag des „Pfälzer Bote.“

— — —
*Zullhne der Lethtechen.

Angeſichts der grauenhaften Verbrechen, deren
Schauplag in der leßten Zeit die Reichshaupiftadi
War, gewinnt die amtliche Kriminalitatijtik ein erhöhtes
s‘mtetefie. Schon die betreffenden Ziffern aus dem
ahre 1889 wieſen eine bedeutende Zunahme der
Krorechen gegen das Vorjahr auf. Nunmehr liegt
M Dder September-Nummer. der Monatshefte zuͤr
Statiftit des Deutjhen Reihes cuch eine im katjer-
Üßhen ftatiftijhen Amt zujammengeftellte vorläufige
kittheilung der kriminalſtatiftiſchen Zahlen vor, welche
Egerichtliche Thätigkeit im Jahre 1890 aufweiſen.
Das fich hier ergebende Bild ijt noch unerfreulicher,
Wie das vom Voͤrjahre. Dabei iſt zu beachten, daß
Mr ſolche Verurtheilte berückſichtigt wurden, welche
derbrechen oder Vergehen gegen Reichsgeſetze
Verübht haben, es ſcheiden alle Uebertretungen, alle
ergehen gegen Landesgeſetze aus. Es verbleiht
Iolein Rern, welcher nur die wichtigſten und für
die Moral erheblichſten Verletzungen der Strafgeſetze
Unfaßt. Und wie geftaltet ſich hier die Sachlage ?
° find im Jahre 1890 wegen der bezeichneten De-
Ülte 381,441 Berfonen verurtheilt worden, was gegen




03 ſehr ungünſtige Jahr 1889 ein Mehr von !
9* Verurtheilten oder von 3,2 pCt. ausmacht.

Eurtheilten um mehr als 10 Prozent geftiegen,
Mährend die allgemeine Volkszahl nur um 55 Pro-
dent geſtiegen ijt. Die Delikte gegen Staat, öffentliche
Adnung und Religion haben mit 63,744 Verurtheilten
ich gegen das Jahr 1889 nur um 1,5 pCt. vermehrt,
9egen das Jahr 1885 iſt aber eine Steigerung um
18 pCt. bemerkbar. Die Verbrechen und Vergehen
Gegen die Perſon, alſo hauptſächlich die auf Roheit,





Und find gegen 1889 um mehr als 6 pCt., gegen

gegen das Vermögen (168,112) haben ſich gegen
1890 um 1,5 pEt, gegen 1885 um faſt 7 pECt. ver-
mehrt; bei diefen letzteren Strafthaten hatte ſich 1885
bis 1888 eine erfreuliche Abnahme bemerkbar gemacht.
Im Jahre 1888 ſtand die Zahl der dieſerhalb Ver-
urtheilten mit 152,652 um mehr als 10 pCt. niedriger
als die jetzt für 1890 ermittelte Ziffer. Nur zwei
Jahre, die allerdings wirthſchaftlich keine günſtigen
Ergebniſſe brachten, haben genügt, um die durch
längere Zeit fortſchreitende Beſſerung der Kriminalität
bei den Eigenthumsdelikten nicht nur zum Stillſtande
zu bringen, ſondern in eine erhebliche Verſchlimmerung
zu verwandeln.

Das Erſchreckendſte und Betrübendſte aber iſt die
fühlbare Zunahme der Verbrechen und Vergehen gegen
die Sittlichkeit. Hier haben namentlich die
ſchwerſten Fälle, welche in SS 176—178 des Straf-
geſetzbuches vorgeſehen ſind, die hohe Zahl 3254 für
das Jahr 1890 ergeben, während die Zahl der Ver-
urtheilten im Jahre 1889 um 2,6 pCt., im Jahre
1885 gar um 14 pCt. geringer war. Hier zeigt ſich
am klarſten die enorme Steigerung der widerwärtigſten,
abſcheulichſten Leidenſchaften. Auͤch einzelne Vergehen
gegen die Sittlichkeit Aergerniß erregende Handlungen,
Verbreitung unzüchtiger Schriften) haben gegen das
Jahr 1889 erheblich — um mehr als 10 pCt. —
zugenommen, dagegen von beſonderem Intereſſe iſt
die Zahl der wegen Kuppelei Verurtheilten verhaͤltniß-
mäßig gering. Es ſind hier 1783 Verurtheilungen
erfolgt, was allerdings gegen 1885 eine Steigerung
von 12 pEt. ausmacht. Das in Folge des bekannten
Kaiſererlaſſes zu erwartende ſtrengere Vorgehen gegen
dieſes Verbrechen wird vorausſichtlich die Zahl in
dieſem Jahre bedeutend ſteigern. Sehr bedeutend iſt.
endlich das ſtetige Wachſen der Zahl ingendlicher
Verbrecher. Nicht weniger als 40,905 Perſonen im


Verurtheilung gekommen; es ſtellt dies gegen 1889
eine Vermehrung um 10 pEt. dar. Im Vergleiche
zu 1885 iſt die Zahl der verurtheilten Jugendlichen
um mehr als 30 pEt. geftiegen. Während früher
das Zahlenverhältniß der Jugendlichen zu der Ge-
ſammtheit aller Verurtheilten etwa 9 pCt. betrug,
; Daß mehr
als 23 pEt. der abſcheulichſten Verbrechen gegen die
Sittlichkeit von unreifen Burſchen begangen werden,
iſt das Allerbetrübendſte! Auch an den einfachen
Verbrechen ſind die Jugendlichen mit mehr als 23 pCt,
betheiligt, zu den wegen ſchweren Diebſtahls Verur-
theilten ſtellen ſie das erſtaunliche Kontingent von 36





Peozent Von den wegen Vergehens in Bezug auf
die Religion Verurtheilten befanden ſich 12 p@t. im
jugendlichen Alter.

Das iſt wahrlich ein Bild, welches zu denken gibt,
namentlich auch denen, welche nicht müde werden, die
fortſchreitende „Bildung“ als einziges und letztes
Mittel gegen Unmoralität und Verbrechen auzupreiſen.
Hier ſehen wir die Früchte dieſer Bildung ohne Re-
ligion, welche ſich freilich in Wirklichkeit als eine Ver-
bildung darſtellt.

die Yicde Baprivis,
deren Hauptinhalt wir in der letzten Nummer unſeres
Blattes bereits wieder gegeben haben, beſagt: „Ich
muß zunächſt von meiner Perſon ſprechen. Der Ara
tikel eines conſervativen Blattes (Deutſch. Wochenbl.)
bezeichnet mich als amtsmüde. Es iſt dies nicht der
er ſt e Verſuch dieſer Art. Geiterkeit) Der betr Schrift-
ſteller hat die Gefälligkeit mir zu ſagen: „ich würde
ein anderes Amt in der Armee übernehmen können.“
Er ſcheint zu glauben, daß die Armee eine Verſorg-
ungsanſtalt für amtsmüde Beamte und daß die mili-
täriſchen Kommandoſtellen ſo etwa Schlafſtellen
für amtsmüde Miniſter ſeien. Ich ſpüre nicht.
das Leiſeſte von Amtsmüdigkeit. Geifall
Links und beim Centrum) Wir haben in dieſem
Sommer viele ernfte Arbeit bewältigen müſſen, um
die Handelsverträge zu vollenden; wir haben
mit großen Schwierigkeiten nach innen und nach außen
zu kaͤmpfen gehabt. Ich hoffe aber in der zweiten
Dezember⸗Woche in der Lage zu ſein, die Haͤndels-
verträge dem Reichstag vorlegen zu können Ich habe
ſelten in meinem Leben ſchaffender Freude ſo nahe
geſtanden wie jetzt und ſo ſelten daran gedacht
aus dem Amtzu gehen, als gerade in dieſer
Zeit. Ich ſtehe hier auf Weiſung meines allergnä-
digſten Herrn und werde ſtehen bleiben ſo lange es
Sr. Majeſtät gefallen wird. — So lange der Peſſi-
mismus bei den Philoſophen bleibt iſt er nicht
ſchlimm, ſchlimm aber iſt es, wenn er Handel
und Wandel ergreift, denn wenn dabei Nichts
herauskommt — wozu ſich dann noch quälen?
— In der auswärtigen Politik iſt Wahrheit und
Offenheit das beſte Mittel. Die Newa⸗Reiſe des
Kaiſers führte einen freundſchaftlichen Verkehr der
beiden verwandten Monarchen herbei. Politiſch war
nichts zu beſprechen. Von dem Kronſtadter Beſuch
der Franzoſen hat die Preſſe zu viel Aufhebens ge-
macht. An dem Verhältniß Rußlands zum Dreibund
haben die Ereigniſſe von Kronſtadt Nichts geändert.





55 um faſt 16 pCt. geſtiegen. Die Verbrechen

— —

Y Criminal-Novelle von Carl Ed. Klopfer.
—— verbeugte ſich tief und drückte gerührt einen

— noch lange in jeiner Rechten feſthielt, und

c iOm — gewiß auch nur aus Berftreuung unbedenklich
Aberlafjen blieben. Srit alg {ih ihre Blide begegneten,




nrückziehen


Ihnen einen Theil Ihrer Arbeit abnehmen. Hier
— ja doch nur mübig!”
i Er lächelte und trat dicht an ſie heran, als habe er
wein wichtiges Geheimniß mitzutheilen.
„Glauben Sie wirklich daß ich in Ihrer Geſellſchaft
9 Meißig arbeiten Könnte ?”
„Warum nicht ?“ *
iBei, weil ih mx dann bvielleicht gar viel — 3zu
— Erholuͤn gspauſen gönnen würde — Fräulein
8—
Sie lachte ſo ſilberhell und laut auf, als habe er etwas
Ngemein KomijcheS gefagt. }
tan - Dann hat Bapa wohl Recht, wenn er behauptet, IM
quae nicht in’s Geichäft und — in die Schreibitube! Ioh
Mlaube auch jelbit, ‚ich würde Sie auf , die Dauer. mit
Geſchwätz beläjtigen. — Nein, nein, keine Compli-
I‚eme‚" wehrte ſie ab, idh mag keine galanten Flosteln
Siden ! S3 ijt ja auch niht Ihre Aufgabe, einem Mädchen
’Ömeicheleien zu fagen, das fich al privilegirte Muifi-
‘%m‘ßerm einem Mann der Arbeit, wie Ihnen gegenüber
4 befhämt fühlt. Wirklich, ich bewundere Sie in Ihrem
* und wünfche von ganzem Herzen, mein Papa möge
ſe fo helohnen, wie Sle es verbienen.“
in Wie ich es verdienen möchte!“ fante er leife, mit
zitternden Seufzer Aber — ein ſolcher Lohn wird
u DOhL nie zu Zheil werden. Ein armer Teufel wie ich
d Höchftenz mit Geld belohnt —. aber nicht.. . .“
in Sie jah ihn ernit an Sein ganzes Herz ipiegelte ſich
feinem Auge; das irübte auch ihren Blic mit einem








hafter Schüchternheit nicht geſtehen konnte,

des reichen Sendler's und er deſſen Commis.

Sind Sie {o — anfprudhsvoll, Herr Hügel?“

Er lächelte trüh und zuckte die Achjeln.
vielleicht eine herbe Mahnung aus ihren Worten heraus-
zuhören.

Ja, anſpruchevoll wohl nach jeder Seite, denn ich
wünſche aleich nichts wenieer — als das höchſte Slüch
Iſt freilich nicht zu wundern, wenn ich da meine Hoff-
nungen ſcheitern fehen muß. Ich wunders mich nur, daß
mich das traurige Bewußztfein, nie mein Ziel erreichen zu
zu fönnen, noch nicht flügeNlahm hzemacht hat.“

Gehen Sie, dieſe Muthloſiakeit yaßt nicht in Ihıen
Charakter ! fagte fie, beinabe unwillig und fchüttelte die
blonden Loden. „Ih alaubte, Sie wären ſich der Kraft
bewußt, ſich ein ſchönes Etück erringen zu fönnen. Wenn
Sie verzweifeln, dann ſehe ich nicht ein, wozu Sie noch
immer — einen 10 !fühnen Flug unternehmen. Das wäre
eine moxaliſche Schwäche, die ich Ihnen niemals zugetraut
Häite. Ich dachte Sie mir als einen feſten Charafkter,
einen flar denkenden Geiſt, der nur zwei Wege kennt:
Ich kann und will — oder: Ich kann nicht, und dann
heraus aus der falſchen Bahn, auf der ich nur zu ſtraucheln
Ausſicht habe!“

Er ſah fie mit großen Augen an bewundernd und —
etwas erſtaunt, denn er konute den Sinn der Worte nicht
recht beareifen.

Oder ſind. Sie ſich, vielleicht ſelbi nicht ganz MNar
darüber, was Sie eioentlich wünſchen, Herr Hügel?” ſaate
fie dann mit leichter Ironie. *

Oh das fteht wie eine unauslöſchliche Inſchrift in
meinem ganzen Lebenstatechismus eingegraben, nur fönnte
ich über die Mittel im Zweifel ſein, die ich anzuwenden





hätte, um — mein Ziel zu erreichen,

„Si! Laſſen Sie doch hören, lachte fie, „was Sie
ſich da zum Exempel ſchon ausgedacht hHaben!” -

Nun — i möchte reich ſein. reich, ſehr reid — dann
wäre ich vielleicht ſchon um ein beträchtliches Stück auf
meiner Bahn vorgerückt.“

Sie ſchob die Yugenbrauen zuſammen und betrachtete
ihn forſchend die Armelvor der Bruſt verſchränkt! dann

Schau, ſchau! Das iſt wieder ein Zug, der ein bischen
von dem erwähnten Charaetergemälde abweicht. das ich
mir von Ihnen gemacht habe Aber — Sie wünſchen wohi


und bochhalten, mit Glücksgütern geſeanet zu ſein. Doch
brauchten Sie dazu juft ſo viel davon ?”

Ich würde allenfallz mit mir handeln laſſen, lachte
er, “aber ich wollte wenigſtens nur viel haben, um mich
jelbititändig machen zu können, vielleicht um einige Speku-
lafionen einleiten zu können, deren Gelingen es mir er-
44 4

Sie ſchütteltẽ wieder den Kopf.

„Fräulein Marie,“ fuhr er nach einer Pauſe fort-
während welcher er ſich zu einem kühnen Entſchluß aufge-
rafft hHatte. Fräulein Marie — Sie verſtehen mich wohl,
ich weiß es waxum alſo wogen wir uns nicht mit et-
was mehr Offenbeit ausſprechen? Ich fühle des unab-
weizbare Bedürfniß, einige Klarheit in meine Situation
zu bringen.”

‚, Sein leidenſchaftlicher Tan erſchreckte ſie, ſie wich
einige Schritte zurüd, was ihn vihtzlich abbrechen ließ.
Fin Zug von Traurigfeit vrägte ſich in ſeinem offenen
Geſichte aus Er fuhr ſich mit einem ſchmerzlichen Seufzer
durch das dichte Ddunkelbraune Haar und ließ das Kinn
8* Bruſt herabſinken. Marie beobachtete ihn auf-
merkſam.

Fortſetzung folgt.)


 
Annotationen